Marien-Hospital-Geschäftsführer Schultz„Wir machen Mechernichern keine Konkurrenz“

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Das Marien-Hospital plant weitere Investitionen. Unter anderem soll der Operationstrakt erweitert werden.

Das Marien-Hospital plant weitere Investitionen. Unter anderem soll der Operationstrakt erweitert werden.

Euskirchen – Seit fünf Monaten ist Andreas Schultz Chef der Stiftung Marien-Hospital. Was er antraf, was er vorhat und wie er mögliche Konflikte mit den Medizinern austragen will – darüber berichtet er im Interview.

Herr Schultz, wie fällt Ihr erstes Fazit nach fünf Monaten aus?

Ich habe eine fähige und motivierte Mannschaft übernommen. Das sind echte Fachleute in den unterschiedlichen Berufsgruppen, die mit dem Herzen dabei sind.

Gab es Überraschungen?

Ja, und zwar sehr positive. Ich habe mich natürlich im Vorfeld mit dem Haus und den Einrichtungen der Stiftung beschäftigt. Da, wo ich gewesen bin, musste ich ja nicht weg. Der Wechsel nach Euskirchen war keine Hauruck-Entscheidung. Mein Vorgänger, Johannes Dörr, hat mir auf kollegiale, fast freundschaftliche Art eine Stiftung übergeben, die gut aufgestellt ist. Auch die Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Direktor des Marien-Hospitals, Professor Dr. Heinz Michael Loick, hat sich in kurzer Zeit sehr gut eingespielt. Das gilt auch für die anderen Chefärzte und Leitungspersonen in der Stiftung.

Welche Atmosphäre spüren Sie im Haus?

Davon bin ich sehr angetan. Das katholische Leitbild steht nicht nur drauf, man spürt es auch. Nächstenliebe ist hier nicht nur ein Aufkleber, sie steckt auch drin.

Dennoch sind Sie der Mann der Zahlen, der die Wirtschaftlichkeit des Hauses im Auge halten muss. Birgt das nicht auch Konfliktpotenzial?

Ja, da gibt es in der Tat unterschiedliche Rollen. Die politischen Rahmenbedingungen sind nicht einfach, was Leistungsvergütungen oder Investitionen angeht. Wir müssen mit unserem Tagesgeschäft auch Investitionen finanzieren. Darum ist es gut, wenn man viel miteinander spricht. Ich bin keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Das hat den Vorteil, dass sich gar nicht erst viel Konfliktpotenzial aufstaut. Ich bin ein Freund davon, es anzusprechen, wenn irgendwo der Schuh drückt – offenes Visier also. Nur so kann man die Mitarbeiter auch mitnehmen und die Fachleute an Bord halten.

Ihr Vorgänger hat vor gut einem Jahr einen Investitionsstau bei den Krankenhäusern im Kreis in Höhe von sieben Millionen Euro benannt. Wie kommt man damit klar?

Da müssen Sie wirtschaftlich arbeiten. Wir haben zum Glück keine Aktionäre, die Geld abschöpfen wollen und Renditen einfordern. Aber wir brauchen Finanzmittel, um der Bevölkerung eine Versorgung auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik anbieten zu können.

Könnte sich vorstellen, wie sein Vorgänger 35 Jahre lang im Amt zu bleiben: Der 36-jährige Andreas Schultz fühlt sich nach eigenem Bekunden in Euskirchen wohl.

Könnte sich vorstellen, wie sein Vorgänger 35 Jahre lang im Amt zu bleiben: Der 36-jährige Andreas Schultz fühlt sich nach eigenem Bekunden in Euskirchen wohl.

Sind Sie froh, dass Sie keinem privaten, auf Gewinnmaximierung orientierten Investor dienen müssen, sondern einer Stiftung, deren vorrangiges Ziel es ist, den Menschen in der Region zu helfen?

Ich bin sogar stolz darauf, für einen solches Geschäftsmodell arbeiten zu können, wo das, was übrig bleibt, wieder dem Betrieb zugute kommt. Das heißt natürlich nicht, dass wir sinnlos Geld ausgeben.

Jedes dritte Krankenhaus schreibt Rote Zahlen.

Ich habe ein solides Krankenhaus und eine solide Stiftung übernommen, die gut gearbeitet hat und weiterhin gut arbeitet. Ich werde alles dafür tun, dass dies in der Zukunft auch so bleibt.

Sind alle Säulen der Stiftung gesund oder sind Quersubventionen nötig?

Es gibt in der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen keine wirtschaftlichen Katastrophen. Aber zum Beispiel ein Hospiz kann nicht kostendeckend arbeiten. Alles in allem habe ich hier jedoch keinen betriebswirtschaftlichen Notfall übernommen.

Deutet die Idee eines therapeutischen Zentrums bei Breitenbenden mit 20 Plätzen auf einen Expansionskurs hin?

Natürlich müssen wir unser Behandlungsspektrum und die Möglichkeiten der Versorgung von Patientinnen und Patienten dem Bedarf anpassen. Ein großes Standbein ist bei uns die Psychiatrie. Da haben wir eine große Kompetenz. Das Thema Tagesklinik in Mechernich ist eines, bei dem wir uns am Bedarf orientieren, was auch Expansion bedeutet.

Chef und Stiftung

Seit dem 1. Oktober 2017 ist Andreas Schultz Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital. Zuvor hat der 36-Jährige bei der AMEOS-Gruppe als Krankenhausdirektor gearbeitet. Dort war er für die Standorte in Haldensleben und Halberstadt zuständig.

In der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen sind derzeit rund 800 Mitarbeiter beschäftigt. Zur Stiftung gehören das Krankenhaus Marien-Hospital (431 Betten), die Altenpflegeeinrichtungen Theodor-Rövenich-Haus und das Resi-Stemmler-Haus, das Hospiz (zehn Plätze) in der Kernstadt (Alte Malzfabrik), die Kindertagesstätte am Krankenhaus, die Klinik für Psychosoziale Behandlung und Rehabilitation St. Martin in Stotzheim und die Seniorenwohnungen in der Gottfried-Disse-Straße sowie die Servicedienste wie Essen auf Rädern. (sch)

Es wäre aber die erste Einheit der Stiftung außerhalb des Stadtgebiets Euskirchen.

Das ist völlig richtig. Wir würden aber unseren Partnern und Freunden in Mechernich (das Kreiskrankenhaus, d.Red) keine Konkurrenz machen, das ergänzt sich ja gut. Als Gesundheitsversorger muss man sich dem Bedarf anpassen.

Gab es denn Überlegungen, die Einrichtung im Stadtgebiet Euskirchen zu errichten?

Wir haben ja schon eine Tagesklinik hier am Marien-Hospital. Der Versorgungsauftrag bezieht sich ja auch auf die Fläche. Auch die Menschen außerhalb Euskirchens brauchen eine Anlaufstelle, die wir ihnen in der Zukunft gerne bieten wollen.

Welche Pläne haben Sie für das Krankenhaus? Es wird ja reichlich gebaut.

Die Modernisierung und der Neubau des Operationstraktes stehen an. Der Hubschrauberlandeplatz wird zurzeit überarbeitet, um den modernen Anforderungen gerecht zu werden. Wir investieren fortwährend in Technik, Medizintechnik und Bau – und natürlich in Know-how, also in Köpfe.

Wie ist das Verhältnis zum Kreiskrankenhaus Mechernich?

Es gibt natürlich Bereiche, die jedes Krankenhaus einer bestimmten Versorgungsart und Größe vorhält. Hier gibt es auch mit dem Kreiskrankenhaus Mechernich Überschneidungen. Allerdings gibt es für beide Häuser genug Arbeit und genug Patienten, die versorgt werden wollen. Jeder hat seine Stärken. Zwischen den Medizinern beider Häuser gibt es eine gute Zusammenarbeit zum Wohle der Patienten. Darum übernehmen wir Patienten aus Mechernich – und umgekehrt.

Also gibt es keinen Konkurrenzkampf?

Natürlich muss jeder schauen, wo er bleibt. Wenn man sich aber mal eines der beiden Krankenhäuser wegdenken würde, wäre das für beide schlecht. Ich bin mir sicher, dass am Ende beide Versorger das selbe Ziel haben, nämlich der Bevölkerung Zugang zu einer optimalen medizinischen Versorgung zu bieten.

Stichwort Pflegenotstand: Wie ist die Stiftung Marien-Hospital denn in diesem Bereich aufgestellt?

Wenn man jetzt sagen würde, dass Fachkräftemangel bei uns kein Thema ist, wäre das falsch. Der wichtigste Bereich, in dem wir tätig sind, ist natürlich die Ausbildung. Seit 1. März ist unsere Krankenpflegeschule um einen Kurs erweitert, sodass wir 20 zusätzliche Pflegehelfer ausbilden.

Muss man den Pflegeberuf attraktiver machen – und wenn ja, wie?

Zur Steigerung der Attraktivität gehört, dass die Kollegen das machen, was sie mal gelernt haben, nämlich pflegen. Und dass sie nicht mit Aufgaben behelligt werden, die nichts mit dem Pflegeberuf zu tun haben: etwa Betten durch die Gegend schieben oder Wäsche sortieren.

Oder das leidige Formulare ausfüllen...

..na ja, ich kann verstehen, dass die Dokumentationspflicht zu Unmut führt. Auf der anderen Seite: Wenn man gute Leistung bringt, will man diese auch rechtssicher haben. Es gibt schicksalhafte Verläufe, in denen die Mitarbeiter dann auch nachweisen wollen, dass sie alles richtig gemacht haben. Auch für die Abrechnung wird man die Dokumentation sicherlich nicht wegdenken können. Dass das als leidig empfunden wird ist, kann ich aber verstehen.

Welchen Wunsch hätten Sie an die Gesundheitspolitiker in Bund und Land?

Dass Krankenhäuser ausreichend Mittel für notwendige Investitionen erhielten, um zumindest den Standard halten zu können, sowie bei der Vergütung der Patientenbehandlung eine adäquate Abbildung der Personalkosten.

Ihr Vorgänger war 35 Jahre im Amt. Könnten Sie sich auch eine so lange Zeit als Geschäftsführer der Stiftung vorstellen?

Ich gehe jetzt privat einen großen Schritt. Im Sommer wird meine Familie – das sind meine Frau, die drei Kinder und der Hund – aus der Gegend von Hamburg hierherziehen. Wir werden uns also verpflanzen. Das zeigt, dass es für mich hier keine kurzfristige Episode werden soll. In 35 Jahren bin ich 71 Jahre alt. Sofern der liebe Gott das möchte und ich gesund bleibe, wäre das auf jeden Fall ein denkbares Szenario.

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