Klinik erneut Thema im Kreistag: "Wir sind zum Erfolg verdammt"

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Im Groß-Gerauer Kreistag sind am Montag - wie erwartet - wieder die gegensätzlichen Positionen der Fraktionen zur Kreisklinik deutlich geworden.

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KREIS GROSS-GERAU. Im Kreistag sind am Montag - wie erwartet - wieder die gegensätzlichen Positionen der Fraktionen zur Kreisklinik deutlich geworden. Zwar wurde der Wirtschaftsplan für 2018, der mit einem Defizit von knapp 3,5 Millionen Euro abschließt, mehrheitlich genehmigt, doch äußerten CDU und FDP die Befürchtung, dass letztendlich dieses Defizit angesichts der Entwicklung in den Vorjahren weitaus höher ausfallen könnte.

Die Schärfe, die noch die Diskussionsbeiträge im Mai des vergangenen Jahres, als es um den Erhalt der Klinik ging, bestimmt hatte, fehlte diesmal jedoch weitgehend. Nachdem sich der Kreistag für den Fortbestand des Krankenhauses ausgesprochen hatte, war allen Abgeordneten klar, dass es nur noch einen Weg geben kann: Das Haus in eine Zukunft zu führen, die auch finanziell zum Erfolg führt. Peter Engemann (FDP) drückte es so aus: "Wir sind zum Erfolg verdammt." Und ein kleiner Teil davon wird bereits sichtbar: Es geht spürbar aufwärts, was Patientenzahlen und medizinischen Aufwand betrifft. Direktor Reinhold Linn "brauche die Patienten jetzt nicht mehr zu suchen, sondern jetzt fehlen freie Betten", wie Helmut Kinkel (Freie Wähler) es ausdrückte.

Jan Deboy hatte zuvor für die SPD-Fraktion ein klares Bekenntnis abgelegt: "Für uns ist die Kreisklinik unverzichtbar."

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Gleichwohl forderte Deboy dazu auf, den eingeschlagenen Weg nun entschlossen fortzusetzen. "Wir dürfen uns auf den ersten kleinen Erfolgen nicht ausruhen." Veränderungen seien immer schwierig, aber nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit möglich. "Geben wir dem Personal, den Ärzten, der Klinikleitung diese Chance", sagte der SPD-Sprecher. Die Bevölkerung habe es offensichtlich bereits getan.

Sabine Bächle-Scholz (CDU) blickte auf zurückliegende Jahre, vor allem 2016, als das Defizit sechs Millionen Euro betrug. Die Ansätze im Wirtschaftsplan 2018 bezeichnete sie als "sehr optimistisch", weil sie von 15 Prozent Einnahmesteigerungen ausgehen. "Wer garantiert uns, dass es 2018 nicht wiederum sechs Millionen Euro werden?" fragte sie. Und: "Der Landrat hat hier unser Vertrauen verspielt - wir können es ihm deshalb nicht wieder geben."

Helmut Kinkel (Freie Wähler - Bürgerliste) war dagegen bereit, Vertrauen in die Vorstellungen zu geben, die die Krankenhausleitung im Wirtschaftsplan 2018 niedergeschrieben hat. Eine Klinik sei kein reiner Wirtschaftsbetrieb, sondern eine Aufgabe, der man sich mit Hingabe widmen müsse. Die Entwicklung der vergangenen Wochen habe gezeigt, dass die Rüsselsheimer Klinik niemals in der Lage sei, einen Wegfall der Kreisklinik zu ersetzen, sagte Marcel Baymus (Die Linke). Er forderte, die Gesundheitsversorgung zu einer staatlichen Aufgabe zu erheben, da sie einen der wichtigsten Bereiche des menschlichen Lebens betreffe.

Der Wirtschaftsplan passierte schließlich den Kreistag mit den Stimmen der Koalition aus SPD, Grünen, Linke/Offene Liste sowie von Helmut Kinkel. CDU, FDP/FW und AfD votierten dagegen. Zudem gab es je eine Enthaltung aus CDU, Bürgerliste und des Einzelabgeordneten Rüdiger Kürsten. Die Gründung der "MVZ Kreis Groß-Gerau GmbH" fand dagegen breite Zustimmung. Lediglich die AfD lehnte sie ab.

Worum geht es: Mit der MVZ soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Vor allem ist daran gedacht, die ärztliche Versorgung zu verbessern, indem die Klinik Hausarztpraxen, die nicht mehr besetzt werden können, übernimmt und mit Krankenhausärzten betreibt. Dieses Problem kann vor allem im südlichen Kreisgebiet gravierend werden, weil viele Hausärzte in Rente gehen und Nachfolger nur schwer zu finden sind. Durch einen Gesellschaftervertrag soll die MVZ am Krankenhaus angegliedert werden. Gestern wurde dazu ein bedeutender Schritt gemacht.