Zivilprozess vor dem Oberlandesgericht Ex-Chef der Chirurgie verklagt Homburger Universitätsklinik

Saarbrücken/Homburg · Wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung wurde ein Medizin-Professor zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Das wurde für ihn richtig teuer. Für den Schaden macht er nun die Uniklinik verantwortlich. Die soll ihm mindestens 300.000 Euro zahlen.

 Viel Bargeld in einem Briefumschlag. Symbolfoto.

Viel Bargeld in einem Briefumschlag. Symbolfoto.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der frühere Direktor der Klinik für Allgemeine Chirurgie in Homburg will in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht erreichen, dass ihm sein Ex-Arbeitgeber mindestens 300.000 Euro Schadensersatz zahlen muss. Er wirft dem Universitätsklinikum die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte, Mobbing und Verletzung der Fürsorgepflicht vor.

In erster Instanz hat das Landgericht die entsprechende Klage des Mediziners, der 2014 wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung verurteilt worden ist, bereits abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht signalisierten die Richter nun, dass auch sie keine große Aussicht auf Erfolg der Klage des Arztes sehen.

Bargeld für Operationen im Briefumschlag

Der Kläger lebt mittlerweile in der Schweiz. Laut Feststellung des Gerichts war er im Jahr 2012 freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden. Bis dahin habe er als Klinikdirektor Patienten wahlärztliche Leistungen anbieten, diese erbringen und über ein besonderes Honorar entsprechend abrechnen dürfen. Dabei sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Nach seinen eigenen Angaben habe der Mediziner ab 2004 gesetzlich versicherte Patienten ohne entsprechende Wahlleistungsvereinbarung operiert oder bevorzugt behandelt. Dafür habe er sich von den Patienten extra bezahlen lassen – in der Regel mit Bargeld in einem Briefumschlag, der im Sekretariat abgegeben wurde.

Klinik informiert Ministerium – Das erstattet Strafanzeige

Nachdem der Vorstand der Uniklinik das zuständige Ministerium über entsprechende Hinweise informiert hatte, erstattete das Wissenschaftsministerium Anzeige. Im Zuge der Ermittlungen legte der Mediziner ein Geständnis ab. Das Landgericht hat ihn daraufhin wegen Bestechlichkeit in 21 Fällen sowie Steuerhinterziehung zu einer Strafe von einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Im Zuge des Strafverfahrens sollen dem Mediziner Kosten in Höhe von bis zu 1,7 Millionen Euro durch Anwaltskosten, Steuernachzahlungen, Verlust von Pensionsbezügen, Umzugskosten, Kosten für den Kauf einer neuen Praxis und Strafzahlungen entstanden sein.

Ex-Chefarzt macht Klinik für alles verantwortlich

Für diesen Schaden macht der Ex-Chefarzt das Uniklinikum verantwortlich. Er fordert Schadensersatz mit Blick auf alle Kosten, die ihm dadurch entstanden sind und noch entstehen, dass er auf Drängen des Klinikvorstandes aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei, seine berufliche Existenz in Homburg beendet habe und sich eine neue Existenz im Ausland habe aufbauen müssen. Zur Begründung verweist er darauf, dass er das von ihm praktizierte Abrechnungssystem so ähnlich vorgefunden und nur weiter praktiziert habe. Niemand habe ihm davon abgeraten, dies zu tun. Auch andere Chefärzte würden so oder in ähnlicher Form abrechnen. Dies werde nicht beanstandet. Nur bei ihm habe man die Vorwürfe genutzt, um sich eines unbequemen Chefarztes zu entledigen. Die Uniklinik weist all dies zurück.

Richter sehen keine Basis für Anspruch auf Schadensersatz

Das Landgericht Saarbrücken hat die entsprechende Klage im November 2016 abgewiesen. Der Mediziner legte gegen das Urteil Berufung ein. Darüber wurde jetzt vor dem Oberlandesgericht mündlich verhandelt. Dabei meldete die Vorsitzende des 5. Zivilsenats erhebliche Zweifel daran an, dass im vorliegenden Fall konkrete und beweisbare Tatsachen vorliegen, die einen Anspruch des Klägers begründen könnten.

Wenn beispielsweise das Ministerium nach dem Hinweis der Klinik eine Strafanzeige erstattet habe, dann sei dies kein Mobbing sondern der ordnungsgemäße Gang der Rechtspflege. Daran sei nichts auszusetzen. Ähnlich sei es voraussichtlich auch mit Blick auf die anderen Vorwürfe. Der Kläger habe nach seiner fundierten Ausbildung und Vorbereitung auf seine Position keine Einweisung durch die Uniklinik benötigt. Er habe auch so gewusst, dass die spezielle Art der Abrechnung fehlerhaft gewesen ist. Trotzdem habe er es gemacht. Auch der Einwand, dass andere es auch tun oder getan haben, könne ihm grundsätzlich nicht weiterhelfen. Wenn das stimmen würde – was bestritten wird – dann wäre auch das Unrecht. Und es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.

Wenn der Zivilsenat bei dieser Linie bleibt – und danach sieht es nach der Verhandlung aus – dann dürfte der Ex-Klinikdirektor den Zivilprozess auch in der zweiten Instanz verlieren. Das Oberlandesgericht will sein Urteil Anfang April verkünden.

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