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Neue NotfallversorgungNicht alle Kliniken in Oberberg werden überleben

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Krankenhäuser, die aus der Notfallversorgung fliegen, dürften nicht mal mehr einen Beinbruch behandeln, sondern müssten den Patienten an ein Haus mit zugelassener Notfallaufnahme verweisen.

Krankenhäuser, die aus der Notfallversorgung fliegen, dürften nicht mal mehr einen Beinbruch behandeln, sondern müssten den Patienten an ein Haus mit zugelassener Notfallaufnahme verweisen.

Oberberg – Der medizinischen Notfallversorgung drohen auch in Oberberg erneut massive Einschnitte. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GbA) – ein Gremium aus Kassenärztlichen Vereinigungen, Deutscher Krankenhaus-Gesellschaft und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen – ist dabei, eine Vorgabe des Bundesgesundheitsministeriums umzusetzen und die Notfallversorgung an Krankenhäusern neu zu regeln. In einem Vier-Stufen-System werden den Kliniken Standards für die stationäre Notfallversorgung vorgegeben, um gegen die „überbordende stationäre Strukturlandschaft“ (GbA-Vorsitzender Prof. Josef Hecken) vorzugehen. Nach mehreren Vertagungen soll der Plan im April verabschiedet werden.

Je nach Zahl der Ärzte und Fachabteilungen und technischen Voraussetzungen bekommen die Kliniken danach die Freigabe entweder für die Basis-, die erweitere oder die umfassende Notfallversorgung. In der untersten Stufe 1 sind die Krankenhäuser, die gar keine Notfallversorgung mehr durchführen dürfen.

Die wirtschaftliche Grundlage entzogen

Das könnten deutschlandweit bis zu 675 sein – ein Drittelder knapp 2000 Kliniken. Kritiker fürchten, dass sie in der Folge rasch vom Markt verschwinden. Denn im Schnitt 50 Prozent aller stationären Patienten in einem Krankenhaus kommen über die Notfallversorgung auf die Stationen. Ohne Notfallversorgung würde gerade finanziell ohnehin schwachen Häusern die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

Marktbereinigung – das sei das wahre Ziel hinter dem Vier-Stufen-Plan, ist Sascha Klein, Geschäftsführer des Klinikums Oberberg sicher und fürchtet: „ Wenn ein Drittel aller Krankenhäuser aufgeben muss, kann ich mir nicht denken, dass in Oberberg nichts passiert.“

Das Krankenhaus Gummersbach sieht Klein gut genug für die umfassende Notfallversorgung (Stufe 4) aufgestellt – so gut wie dann nur noch 78 andere Häuser in Deutschland. Notfalls müsse man noch in Umbauten investieren, um neben den vorhandenen medizinischen Kapazitäten auch die strukturellen Vorgaben zu erfüllen wie Größe des Schockraums, Intensivstation oder sogar separate Außentüren für kontaminierte Patienten. Wer sich weigere, fliege ebenfalls aus der Notfallversorgung.

Waldbröl würde die Basisversorgung (Stufe 2/774 Krankenhäuser) sicher schaffen, wegen seiner Kardiologie vielleicht auch die bessere Stufe drei (219 Kliniken), schätzt der Klinikmanager.

Bringt der Rettungsdienst die Patienten, wird schon während der Anfahrt anhand einer ersten Beurteilung festgelegt, welche Klinik die geeignete ist. Künftig wird noch die dafür zugelassene Klinik angefahren.

Für die Notfallpatienten, die direkt bei ihnen vorsprechen, müssen die Krankenhäuser Konzepte erarbeiten, wie sie diese Kranken in andere Häuser bringen. Behandeln sie sie trotzdem selbst, bekommen sie das nicht vergütet: „Das ist den Kassen natürlich am liebsten“, ätzt Klein.

Umsetzbar in Ballungsräumen, nicht in Oberberg

Geschäftsführer Dr. Guido Lerzynski sieht das KKO-Krankenhaus in Engelskirchen „zwischen Stufe zwei und drei“. Dessen ungeachtet hält er die GbA-Pläne für vielleicht noch umsetzbar in Ballungsräumen, aber nicht in einem Landkreis wie Oberberg.

„Wir können noch nicht sagen, welche Auswirkungen die Pläne auf unsere Notfall-Ambulanz haben“, sagt Daniela Levy, Geschäftsführerin der Helios-Klinik Wipperfürth. Auf jeden Fall wolle man an einer eigenen Notfallversorgung festhalten. Einen Teil der Bedingungen erfülle Wipperfürth bereits, etwa den gerade modernisierten Hubschrauber-Landeplatz. Und man sei als Traumazentrum zertifiziert.

Sollte eine der kleinen oberbergischen Kliniken die neue Notfallversorgung nicht überstehen, wären die Folgen für die verbleibenden Häuser gravierend. Was an Behandlungskapazität wegfalle, könnten die verbleibenden Häuser nicht stemmen, sagt Klein: „Wir sind schon jetzt immer gut ausgelastet.“ Die Versorgung eines anderen Hauses noch übernehmen zu müssen – die Folgen für die Patienten und sein Krankenhaus, „die mag man sich gar nicht vorstellen“.

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