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Brandenburg an der Havel

Erdrutsch-Sieg für die Rebellen im Klinikum

Bei der Betriebsratswahl im Klinikum Brandenburg wird die Verdi-Liste gestärkt.

Bei der Betriebsratswahl im Klinikum Brandenburg wird die Verdi-Liste gestärkt.

Brandenburg/H. Einen erdrutschartigen Sieg haben die Offene Verdi-Liste und die ihr nahe stehende Mitarbeiterliste mit Biss – „Die Apfelliste“ in dieser Woche bei der Betriebsratswahl im Klinikum Brandenburg/Havel erzielt.

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Beide zusammen haben nun 13 der 15 Sitze im Betriebsrat. Die Wähler stärken damit diejenigen, die in vergangenen Jahren in oft harter Konfrontation mit der Geschäftsleitung stand.

„Wir sind überwältigt über das tolle Ergebnis, welches auch Ausdruck für unsere geleistete Arbeit in der Vergangenheit ist“, schreiben der langjährige Betriebsratsvorsitzende Renato Steinbrink und sein Vertreter Andreas Kutsche, die die offene Verdi-Liste anführen.

Grund ihrer Freude ist das Wahlergebnis. Die offene Verdi-Liste hat ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2014 um fast 10 Prozent auf etwa 47 Prozent gesteigert.

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Gewerkschafter haben jetzt drei Sitze mehr

In der nun 15- statt wie bisher 13-köpfigen Arbeitnehmervertretung haben die Gewerkschafter acht Sitze und damit drei mehr als bisher. Die „Apfelliste“ um Oliver Kuhlmey steigert sich von vier auf fünf Sitze. Die von Angestellten geprägte Liste „Pro aktiv“ erhält ebenso wie die Ärzteliste nur einen Sitz.

664 der mehr als 1000 Klinikum-Beschäftigten haben ihre Stimme abgegeben. Somit liegt die Wahlbeteiligung bei etwa 62 Prozent.

Das Ergebnis ist bemerkenswert, weil der Betriebsrat und besonders deren freigestellte Mitglieder über Jahre hinweg in einer Art Dauerkonflikt mit der Geschäftsführung gestanden haben.

Andreas Kutsche erwähnt die „Turbulenzen in den vergangenen Jahren“. Nun hätten die beiden betroffenen Listen (Verdi und Biss) einen Vertrauensbeweis durch ihre Wählerschaft erfahren.

Turbulente Zeiten

Tatsächlich ist es zeitweise turbulent zugegangen, etwa als die Arbeitgeberin die Wahl des Betriebsrates im März 2014 vor dem Arbeitsgericht Brandenburg angefochten hat mit der Begründung, dass grob gegen die Wahlordnung verstoßen worden sei. Die Arbeitsgerichtskammer bewertet die Wahl gleichwohl als rechtswirksam.

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In den Jahren 2016 und 2017 spitzt sich der Streit zu, er Konzentriert sich auf den Betriebsratsvorsitzenden Renato Steinbrink (54), der nach dem Willen der Geschäftsleitung aus dem Gremium ausgeschlossen werden soll. Tatsächlich setzt ihn das Arbeitsgericht Brandenburg ab.

Doch in der folgenden Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg obsiegt Steinbrink. Er bleibt daher in Amt und Würden. Trotzdem bewegen sich beide Seiten oft auf vermintem Gelände, bekämpfen einander sogar mit Strafanzeigen. Die Verfahren werden allesamt eingestellt.

Konflikt mit grotesken Zügen

Zeitweise wird der Konflikt grotesk. „Jetzt wird’s schmutzig im städtischen Klinikum Brandenburg“, schreibt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Juni 2015. In dem Streit geht es um die mutmaßliche Ankündigung der Klinikleitung, dass die Betriebsratsbüros nicht mehr gereinigt werden sollen.

Wenig erheitert sind die Gewerkschafter auch darüber, dass die Klinikleitung im Tarifstreit vor einem Jahr eine Streikbrecherquote auslobt und die damalige Oberbürgermeisterin Tiemann an einem Streiktag im August 2015 anrückt, um im OP-Trakt auszuhelfen.

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Betriebsrat bemüht Anwälte

Die Klinikleitung kritisiert im August 2015 in einem Brief an die Stadtverordneten, dass der Betriebsrat Konflikte zumeist nicht intern löse, sondern kostenträchtig Anwälte bemühe. „Seit 2011 wurden demnach rund 1,12 Millionen Euro für Einigungsstellenverfahren und rechtliche Auseinandersetzungen ausgegeben“, heißt es.

In jüngster Zeit scheinen sich die Wogen etwas geglättet zu haben. Kutsche bestätigt das, er sieht Anzeichen für ein Umdenken im Haus.

Beide Seiten – Geschäftsleitung und Betriebsrat eine das Ziel, qualifizierte Fachkräfte für das Klinikum zu gewinnen und die hohe Arbeitsbelastung zu reduzieren. Die Dienstplankontrolle stehe aber weiterhin im Vordergrund der Arbeit des Betriebsrates.

Von Jürgen Lauterbach

MAZ

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