Politkrimi um MDK

Minister für Soziales. In Rheinland-Pfalz ist das Amt ein Karriere-Sprungbrett für SPD-Politiker. Die jetzige Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte es inne, ebenso der...

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ALZEY. Minister für Soziales. In Rheinland-Pfalz ist das Amt ein Karriere-Sprungbrett für SPD-Politiker. Die jetzige Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte es inne, ebenso der jetzige Fraktionsvorsitzende im Landtag, Alexander Schweitzer. Für die amtierende Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler könnte aber genau diese Konstellation zum Problem werden.

Die vielen Konflikte, die den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in die Schlagzeilen gebracht haben, lassen sich alle auf ein Ereignis zurückführen: die Entlassung von Geschäftsführer Gundo Zieres. Als umstritten galt dieser seit 2011, da war Dreyer noch die zuständige Ministerin. Entlassen wurde Zieres 2013, da war Schweitzer im Amt.

Nun hat das Ministerium keinen direkten Einfluss auf die Besetzung des Geschäftsführers. Das macht der Verwaltungsrat des MDK. Doch der Einfluss auf die Ratsmitglieder ist groß – beziehungsweise der Einfluss kann groß sein. Als der MDK und Zieres vor einem Kompromiss standen, hat Schweitzer als Minister interveniert. Er legt Wert auf die Darstellung, dass er nur über die allgemeine rechtliche Lage informiert habe.

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Bätzing-Lichtenthäler hat ganz offensichtlich keinen Einfluss auf den Verwaltungsrat. So hat dieser an der SPD-Ministerin vorbei Dirk Metz als PR-Berater engagiert – einen ausgewiesenen CDU-Mann, einst Regierungssprecher in Hessen unter Roland Koch.

Vergangene Woche hat der MDK nun seinen stellvertretenden Geschäftsführer Wolfram Rohleder entlassen. Faktisch mit sofortiger Wirkung – entgegen der öffentlichen Darstellung. Zur Entlassung erklärte Bätzing-Lichtenthäler dieser Zeitung: „Es stellen sich nun einige Fragen. Insbesondere, wie der Verwaltungsrat des MDK denkt, dass es weitergeht. Mir persönlich fällt es immer schwerer, die Entscheidungen des Verwaltungsrates nachzuvollziehen.“

Bätzing-Lichtenthäler hat kaum Waffen in der Hand: Vor Wochen noch drohte sie vergebens dem MDK, die Selbstverwaltung einschränken zu wollen. Was sie jetzt ankündigt, ist meilenweit harmloser: „Ich habe meine Fachabteilung gebeten, die Verwaltungsratsvorsitzenden zu einem Gespräch einzuladen, um diese Fragen zu erörtern.“ Rechtlich gesehen ist Zieres seiner Position nicht enthoben. Daher dürfen seine Nachfolger auch nicht den Titel „Geschäftsführer“ tragen. Am 25. Oktober geht der Arbeitsprozess weiter. Dieser kann sich aber noch über Instanzen und Jahre hinziehen. Eine Einigung zwischen MDK und Zieres ist derzeit aussichtslos.

Ministerin muss Rücksicht auf Malu Dreyer nehmen

Will Bätzing-Lichtenthäler die Querelen lösen, muss sie die Causa Zieres medial aufarbeiten. Doch das kann sie nicht. Denn das würde die fEntscheidungen der Jahre 2011 bis 2013 zum Thema machen und ihre Vorgänger in den Mittelpunkt rücken. Und dass Dreyer mit dem Thema MDK verknüpft werden könnte, will die Landesregierung unter allen Umständen verhindern. Bätzing-Lichtenthäler würde vom Regen in die Traufe laufen.

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Die zweite „stellvertetende Geschäftsführerin“ des MDK, Ursula Weibler-Villalobos, hat beruflich nach Zieres nun auch Rohleder überlebt. Ursprünglich war ihre Funktion, den fachlichen Part des MDK zu leiten – also die Prüfgutachten. Doch da werden nun auch Baustellen bekannt.

Der Berufsverband der Psychoanalytiker hat dem MDK in einem Briefwechsel vorgeworfen, der Dienst würde grundsätzlich Anträge auf analytische Psychotherapien ablehnen, wenn der Arzt kein niedergelassener Kassenarzt ist. Das liege auch daran, dass im MDK nur Prüfer arbeiteten, die in der Verhaltenstherapie fachkundig seien.

In einer Antwort an diese Zeitung weicht der MDK der Frage nach analytischer und Verhaltenstherapie aus. Allgemein sei die Beschwerdequote niedrig. Im Briefwechsel mit dem Berufsverband indes räumt der MDK ein, dass es pauschale Gutachten gab, die „zu kritisieren“ waren.

Und auch im Bereich Pflegebegutachtung droht Ärger. Die CDU bezweifelt schon lange, dass der MDK ausreichend Prüfer für Pflegegutachten bereitstellt. Nach Aussagen der Ministerin im Gesundheitsausschuss sehen sich die Christdemokraten bestätigt. Sie haben das Gesprächsprotokoll angefordert, um ihren Vorwurf beweisen zu können. Noch steht dieses aus.

Von Mario Thurnes