Die Abrechnung von Komplexpauschalen – Welche Daten sind erforderlich?

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Krankenhäusern sehen sich verstärkt Einwänden der Krankenkassen ausgesetzt, dass die Abrechnung von Komplexpauschalen nach dem OPS-Katalog nicht fällig wäre, weil es an der Übermittlung der nach § 301 SGB V notwendigen Daten fehle.

Diese Strategie der Krankenkassen geht auf die fragwürdige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Übermittlung der Daten über die Rehabilitationsbehandlungen im Rahmen der geriatrischen Komplexbehandlung nach § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 26/13 R –) zurück.

Das Bundessozialgericht vertrat in dem zitierten Urteil die Auffassung, dass wenn sich auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der Krankenkasse die Obliegenheit trifft, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Solange die Daten nicht vorlägen, trete auch die Fälligkeit der Rechnung nicht ein. Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen, wenn die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder der Kodierpraxis widerspricht und wenn die erforderlichen Angaben unvollständig sind.

Die verfehlte Ansicht des Bundessozialgerichts Inhalte der Abrechnungsprüfung nach § 275 SGB V  so weit vorzuverlagern, dass schon die Fälligkeit der Rechnung nicht eintritt und damit die unbedingte Zahlungsfrist der Krankenkassen entsprechend der landesvertraglichen Regelungen entfällt, ist aber eng auszulegen, wie auch aktuelle Entscheidungen des Sozialgerichts München zur neurologischen Komplexbehandlung bei einem akuten Schlaganfall nach dem OPS-Code 8-981.1 zeigen (vgl. SG München, Urteil vom 22.03.2017 – S 39 KR 1139/16 –).

Das Gericht weist zutreffend daraufhin, dass die Anforderungen an die Kodierung der beiden OPS-Codes sich nach dem Wortlaut grundlegend unterscheiden. Nach Auffassung des Gerichts ist die zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Kodierung der OPS-Code 8-981.1 nicht übertragbar, weil die Entscheidung nach ihrem Leitsatz sich auf die frührehabilitative Komplexbehandlung beschränkt. Ferner sind in den Fällen des OPS-Codes 8-981.1 Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation im Sinn des § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V nicht zwingend erforderlich durchzuführen.

Entscheidend war für das Gericht daneben auch, dass die beklagte Krankenkasse die Rechnung zunächst vorbehaltslos beglichen hatte und den Rechnungsbetrag erst später mit einer unbestrittenen Forderung des Krankenhauses aufrechnete.

Wenn die Krankenlasse aber von einer unvollständigen Datenübermittlung ausgeht, wäre die Rechnung nicht fällig geworden, so dass die Krankenkasse dann auf eine nicht fällige Rechnung geleistet hätte. Das Sozialgericht München weist in konsequenter Anwendung der Grundsätze des Bereicherungsrechts gem. §§ 812 ff. BGB darauf hin, dass der vorgenommenen Aufrechnung der Einwand des § 814 BGB entgegensteht.

Gemäß § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Auch das Bundessozialgericht hat angenommen, dass wenn eine Krankenkasse vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung bezahlt, sie deshalb mit der Rückforderung und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht ganz ausgeschlossen sein kann, wenn sie gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R –). Wenn eine Krankenkasse aber davon ausgeht, dass ohne Daten nach § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V der OPS-Code 8-981.1 nicht abrechenbar ist, kann sie keine Zahlung ohne Vorbehalt leisten. Tut sie es dennoch, ist die Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Anwendung des § 814 BGB ist nach dem Sozialgericht München gerade vor dem Hintergrund der für die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse eine Vertrauensbasis unerlässlich ist und eine flächendeckende Beanstandung von Rechnungen ohne Anhaltspunkt rechtsmissbräuchlich ist. Eine Krankenkasse entzieht der erforderlichen Vertrauensbasis den Boden, wenn sie eine Rechnung zunächst vorbehaltlos bezahlt, obwohl sie nach ihrer Auffassung bereits auf Grund fehlender Daten weiß, dass ein OPS nicht hat kodiert werden dürfen.

Auch dieser Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen, auch wenn es vorzugswürdig erscheint, die Prüfung und Aufrechnung bereits im Ansatz als rechtsmissbräuchlich und damit rechtswidrig zu beurteilen. Denn auch in Fällen der vorliegenden Art geht es den Krankenkassen nicht um die Abrechnungsprüfung der betroffenen Fälle, sondern um die flächendenkende Beanstandung von Rechnungen zur Realisierung von Einsparpotentialen, die mit der konkreten Leistungserbringung für den Patienten nichts zu tun haben.

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