Wilhelmshaven/Oldenburg - Was geschah im Einzelnen bei der finanziellen Abwicklung der Übernahme des katholischen St.-Willehad-Hospitals Wilhelmshaven durch das städtische Reinhard-Nieter-Krankenhaus? Seit genau zwei Jahren ermitteln Spezialisten der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Oldenburg und des Zentralen Kriminalinspektion der Polizei gegen den Wilhelmshavener Oberbürgermeister Andreas Wagner (CDU) sowie mehrere Ratsmitglieder und Verantwortliche der Sparkasse Wilhelmshaven. Im Raum steht der Verdacht der schweren Untreue mit einer vermuteten Schadenshöhe im zweistelligen Millionenbereich.

In diesen Tagen geht das umfangreiche Verfahren in eine neue Phase. Nachdem riesige Datenmengen von den Ermittlern ausgewertet wurden, soll nun mit den notwendigen Zeugenvernehmungen begonnen werden, um den komplizierten Sachverhalt zu erhellen. Insgesamt stehen etwa zehn Beteiligte auf der Liste der Staatsanwaltschaft, die nun von den Kriminalbeamten der Polizei vernommen werden sollen.

Die Basis für diese Gespräche bilden Unterlagen, die im Mai vergangenen Jahres bei einer umfangreichen Durchsuchungsaktion von den Ermittlern beschlagnahmt worden waren. Damals waren an neun verschiedenen Stellen in Wilhelmshaven, Hannover und München Hausdurchsuchungen vorgenommen worden, bei denen große Mengen an Akten und elektronischen Datenträger sichergestellt wurden. Unter anderem durchsuchten die Beamten das Büro des Oberbürgermeisters, Sparkassenbüros sowie Privatwohnungen von Vorstandsmitgliedern eines Vereins, der an den Geschäften um die Krankenhausübernahme beteiligt war.

Das beschlagnahmte Material ist nach Auskunft der Staatsanwaltschaft so umfangreich, dass auch nach fast eineinhalb Jahren noch nicht gesagt werden kann, wann die Auswertung der Unterlagen beendet sein wird. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Staatsanwaltschaft von einem unmittelbaren Vermögensschaden von knapp zehn Millionen Euro gesprochen – außerdem seien in der Zukunft weitere Schäden „im unteren zweistelligen Millionenbereich“ zu erwarten.

Bei den Summen geht es laut Staatsanwaltschaft unter anderem um einen Vertrag, in dem „das Geldinstitut auf etwa 6,25 Millionen Euro sowie auf einen Teil einer Bürgschaft verzichtet“ habe. Begünstigt ist ein mit St. Willehad verbundener Verein, dem mehrere prominente Wilhelmshavener Bürger angehören. Der Stadt ist nach Ansicht der Ermittler ein unmittelbarer Schaden von drei Millionen Euro entstanden, hinzu kommen mögliche Folgeschäden.

Ein weiterer Verdacht beschäftigt sich mit dem Verkauf der Betriebsimmobilie des St.-Willehad-Hospitals. Sie sei mit 200 000 Euro deutlich unter dem tatsächlichen Verkehrswert an einen Investor veräußert worden. Auch dies könne den Tatbestand der Untreue erfüllen, meinen die Ermittler.


Sowohl Oberbürgermeister Wagner als auch andere Beteiligte des Mammutverfahrens hatten in der Vergangenheit mehrfach betont, dass alle Vorgänge bei der Krankenhausübernahme korrekt vollzogen worden seien. Deshalb sähen sie dem Ausgang der Ermittlungen mit großer Gelassenheit entgegen.

Jürgen Westerhoff