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Hamburg Mehrere Säuglinge betroffen

Bakterienbefall beschäftigt Altonaer Kinderkrankenhaus

Das Kinderkrankenhaus im Hamburger Stadtteil Altona hat mit dem Klebsiella-Keim zu kämpfen. Woher die Bakterien bei derzeit 14 Säuglingen kommen, steht noch nicht fest. Eltern kritisieren das Vorgehen der Klinik.

Es ist eine Nachricht, die man als Elternteil eines Neugeborenen nicht bekommen möchte: Das eigene Kind ist als Frühchen nicht nur auf medizinische Hilfe im Krankenhaus angewiesen, sondern es sind Bakterien bei ihm festgestellt worden, die eigentlich nicht da sein sollten. Genau dieser Fall beschäftigt derzeit das Altonaer Kinderkrankenhaus.

Bei derzeit 14 Säuglingen, acht davon auf der Intensivstation und sechs im Überwachungsbereich, dem sogenannten Intermediate-Care-Bereich, sei eine Besiedlung mit Bakterien der Gattung Klebsiella festgestellt worden, sagt Professor Ralf Stücker, Ärztlicher Direktor des Altonaer Kinderkrankenhauses. „Diese Bakterien haben wir erstmals Mitte September bei Screening-Untersuchungen entdeckt. Intensivstationen untersuchen normalerweise nur auf multiresistente Keime, wir jedoch auch auf andere. Dabei haben wir die Klebsiellen gefunden.“

Das, was Mediziner wie Patienten seit einigen Jahren gleichermaßen beunruhigt, sind multiresistente Erreger, die nicht oder nur sehr schwierig mit den gängigen Antibiotika zu behandeln sind. MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und ESBL (Beta-Lactamase produzierende Enterobakterien) sind etwa solche Keime. Wie auch andere Erreger, etwa die derzeit verstärkt in Hamburg auftretenden Rotaviren, sind sie meldepflichtig.

Neugeborene kommen bakterienneutral zur Welt

Bei den in der Kinderklinik entdeckten Bakterien handelt es sich jedoch um harmlose Darmkeime, betont Stücker: „Für die damit besiedelten Säuglinge besteht keine Gesundheitsgefahr, sie haben keine Infektion.“ Dennoch versuche man derzeit mit Hochdruck herauszufinden, woher die Bakterien kommen – und die Quelle zu eliminieren. „Auch wenn die Keime harmlos sind“, so Stücker, „gehören sie nicht zur Erstausstattung der Neugeborenen.“ Diese kämen bakterienneutral zur Welt, eine Besiedlung liefe nach und nach über die Familie ab.

91.000 Menschen sterben jährlich an einem Krankenhauskeim

Eigentlich wollen Menschen im Krankenhaus gesund werden. Doch viele fangen sich dort einen weiteren Infekt ein. Europaweit stecken sich 2,6 Millionen Patienten pro Jahr mit einem Krankenhauskeim an.

Quelle: Die Welt

Eltern von Frühchen im Altonaer Kinderkrankenhaus hatten im „Hamburger Abendblatt“ ihr Unverständnis darüber geäußert, dass Säuglinge, bei denen die Bakterien gefunden worden seien, mit „Unbefallenen“ in einem Raum versorgt würden. Darauf angesprochen, sagte Professor Stücker gegenüber der WELT: „Es ist ein hygienischer Unsinn, ein besiedeltes Kind aus dem Zimmer zu nehmen“, zumal es in einem Inkubator gelegen habe. „Wir betreiben eine Barrierepflege wie sonst nur bei Infektionen: Die Betten müssen mindestens zwei Meter auseinanderstehen, die Schutzkleidung des medizinischen Personals wird nach der Behandlung eines befallenen Kindes gewechselt.“

Fälle von Frühgeborenen, die sich mit Keimen infizieren, seien nicht ungewöhnlich auf der Neonatologie, sagt auch Kirsten Bollongino. Weltweit komme es immer wieder zu Übertragungen bei Neugeborenen, sagt die Koordinatorin des Hamburger Netzwerkes Multiresistente Erreger (MRE): „Besonders Risikogebärende, also Mütter von Frühchen, sind häufiger mit Keimen besiedelt.“ Deshalb sei es inzwischen üblich, dass auch diese Mütter nach der Geburt auf Keime untersucht und Neugeborene anschließend durchgängig kontrolliert werden. Um die Mutter-Kind-Bindung bei einem positiven Befund trotzdem nicht zu gefährden, sollte der Kontakt so hergestellt werden, dass das Risiko einer Übertragung minimiert wird, so Bollongino.

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Besonders die Handhygiene spielt dabei eine Rolle. Weil nicht nur multiresistente, sondern auch andere Keime zum Beispiel in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen immer häufiger auftreten, haben sich Programme zur Handhygiene etabliert. Dies geht auch auf die Empfehlung des MRE-Netzwerks zurück, in dem sich viele Akteure des Gesundheitswesens 2011 zusammengeschlossen haben.

Vorerst hat sich das Altonaer Kinderkrankenhaus dazu entschlossen, außer den Eltern keine anderen Besucher mehr zu den Säuglingen zu lassen, um so mögliche Übertragungswege weiter einzugrenzen. Einige der besiedelten Säuglinge seien mittlerweile nach Hause entlassen worden. Alle nicht besiedelten, noch im Krankenhaus befindlichen kleinen Patienten werden vorsichtshalber zweimal wöchentlich auf Bakterien untersucht.

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