Wolfratshauser Kreisklinik schreibt 950 000 Euro hinters Minus
Der Geschäftsführer der Wolfratshauser Klinik hat dem Kreistag Bericht erstattet und spricht von „enormem wirtschaftlichem Druck“. Auch die Geburtshilfe spielt dabei eine Rolle.
Wolfratshausen – Zu verstehen, wie ein Klinikbetrieb im heutigen Gesundheitswesen funktioniert, ist fast unmöglich. Da geht es um Dinge wie das Krankenhausstrukturgesetz oder auch den Fixkostendegressionsabschlag. Auf einen einfachen Nenner gebracht, kann man es aber folgendermaßen zusammenfassen: Der ökonomische Druck auf die Kliniken steigt, der Konkurrenzkampf wird härter. Wer sich keine Alleinstellungsmerkmale erarbeitet, geht unter. Von einem „enormen wirtschaftlichen Druck“, sprach daher auch Hubertus Hollmann, Geschäftsführer der Wolfratshauser Kreisklinik, in der jüngsten Kreistagssitzung.
Einige Investitionen zahlen sich erst in den nächsten Jahren aus
„Kosten senken, Erlöse steigern“, das ist Gebot der Stunde, das aber zunehmend „zu einer unlösbaren Aufgabe“ wird. Das gilt vor allem im Speckgürtel rund um München, da hier der Konkurrenzdruck besonders hoch ist. „50 Prozent der bayerischen Kliniken schreiben ein Defizit“, sagte Hollmann. Die Kreisklinik gehört heuer auch dazu. Gut 950 000 Euro steht hinter dem Minus. Die Gründe sind vielfältig: Einige Investitionen, beispielsweise in die Akutgeriatrie, werden sich erst im kommenden Jahr auszahlen. Das Personal dafür musste allerdings schon heuer eingestellt werden. „Hier sind wir in Vorleistung gegangen“, so Hollmann.
Dass nach der Schließung der Tölzer Geburtshilfe viele Frauen ihre Babys in Wolfratshausen zur Welt bringen, sorgt ebenfalls für höhere Kosten. In der Belegabteilung habe man im Moment „stabile Verhältnisse“, betonte Hollmann. Acht Hebammen sind dort im Einsatz. Seit der Tölzer Gynäkologe Dr. Stephan Krone zum Team gestoßen ist, kann man auf drei Belegärzte zurückgreifen. „Mittlerweile haben wir über 50 Geburten pro Monat.“ Das sei eine „Riesenherausforderung für die ganze Mannschaft“. Dass sie diese meistert, dafür dankte Hollmann ganz besonders. Derzeit laufen die Verhandlungen mit der Kreisklinik Starnberg auf eine Kooperation in Sachen Geburtshilfe (wir berichteten). Kommt diese zustande, würde Starnberg künftig eine Hauptabteilung am Standort Wolfratshausen betreiben.
Personalabbau keine Lösung
Um Kosten zu senken, setzen viele auf Personalabbau. Aber man könne die Arbeit ja nicht jedes Jahr auf noch weniger Schultern verteilen, frei nach dem Motto: „Wer lacht, hat noch Reserven“, sagte Hollmann. Mitarbeiter seien „das höchste Gut“. Wolle man Projekte voranbringen, „brauchen wir motivierte Mitarbeiter“. 20 neue Stellen wurden im Lauf des Jahres geschaffen. 256 Vollzeitstellen gibt es damit an der Klinik. Problem hier: der Fachkräftemangel. Auch den ausufernden Dokumentationszwang beklagte Hollmann: „Ärzte verbringen damit mittlerweile die Hälfte ihrer Arbeitszeit.“
Da man bei den Einsparmöglichkeiten „an Grenzen stößt“, so Hollmann, bleibt nur der Weg, die Erlöse zu steigern, um das Defizit in Grenzen zu halten. Aber auch das ist nicht so einfach: Denn für jede Klinik gibt es genau festgelegte Gesamtfallzahlen. Eine Überschreitung ist nicht gewollt. Die Krankenkassen wollen so eine permanente Steigerung der teuren, stationären Behandlung verhindern. Einfach gesagt: Es soll für Krankenhäuser nicht auch noch lukrativ sein, aus jedem Schnupfenleidenden einen stationären Patienten zu machen, nur um eine weitere Fallpauschale zu bekommen. Deshalb gibt es für jeden Fall jenseits der festgelegten Grenze weniger Geld – nämlich „65 statt 100 Prozent“, sagte Hollmann. Das ist übrigens der eingangs erwähnte Fixkostendegressionsabschlag.
Im vergangenen Jahr sah es für die Kreisklinik besser aus. 2016 war das Jahresergebnis mit 56 000 Euro positiv – nach drei defizitären Jahren. „Da haben verschiedene unserer Projekte Früchte getragen“, sagte Hollmann. Eine ähnliche Entwicklung erhofft sich der Kreis vermutlich auch wieder für 2018.