«Weibliche Fachkräfte werden rausgeekelt»

Aktualisiert

Berner Inselspital«Weibliche Fachkräfte werden rausgeekelt»

Natalie Urwyler wurde 2014 vom Inselspital widerrechtlich entlassen. Die Narkoseärztin prangert Missstände an und will zurück an ihren Arbeitsplatz.

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2014 wurde sie entlassen, am Donnerstag gab die Narkoseärztin eine Pressekonferenz. (20 min / nla)

Seit Jahren liegen sich Oberärztin Natalie Urwyler und die Geschäftsleitung des Inselspitals in den Haaren. Grund: Nachdem Urwyler mehrere Jahrein der Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie (KAS) gearbeitet hatte, wurde sie 2014 vom Arbeitgeber freigestellt. Das Verhältnis zwischen dem Inselspital und der Medizinerin sei aufgrund zahlreicher Vorfälle belastet und das Vertrauen dadurch nachhaltig gestört worden, begründete das Inselspital diesen Schritt damals.

Diskriminierung von Frauen in Führungsposition?

Doch die Narkoseärztin war stets der Überzeugung, eine faire Begründung für den Entscheid gebe es nicht. Viel eher handle es sich hierbei um Diskriminierung von weiblichen Führungskräften.

Am Mittwoch hat das Hickhack nun ein erstes Ende genommen: Das Regionalgericht Bern-Mittelland gab der entlassenen Klägerin in einem Teilurteil Recht. Die Kündigung der Ärztin sei widerrechtlich, das Spital müsse Urwyler wieder einstellen. Zudem habe das Spital der Frau eine Parteientschädigung von über 110'000 Franken zu zahlen.

Medienaufsehen genutzt

Einen Tag nach der Urteilsveröffentlichung hat Natalie Urwyler nun in Bern zur Pressekonferenz geladen. Vor versammelten Medien prangerte sie am Donnerstag die Diskriminierung von Frauen in Führungspositionen am Berner Inselspital an.

Dabei nannte sie mehrere Mängel: Der Mutterschutz werde in der Berner Klinik systematisch missachtet. Schwangere Ärztinnen hätten zudem nicht mit der im Arbeitsgesetz vorgeschriebenen Ruhezeit rechnen können. «Ich war verpflichtet, ein Arbeitspensum von hundert Prozent anzutreten, als mein Kind erst 16 Wochen alt war», so die Ärztin.

Für viele Frauen seien solche Bedingungen unmöglich, sodass sie nur noch die Wahl hätten, zu kündigen. «Auf diese Weise werden weibliche Fachkräfte nach und nach rausgeekelt oder dann eben gemobbt, bis sie von alleine gehen», sagt Urwyler. Als diplomierte Ärztin habe sie sich stets für die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz eingesetzt, «doch viele meiner Anliegen wurden nicht ernst genommen.»

Inselspital wartet auf Urteilsbegründung

Zu den Vorwürfen will sich das Berner Inselspital vorerst nicht äussern: «Der uns vorliegende Teilentscheid des Regionalgerichts Bern-Mittelland macht keine Angaben darüber, weshalb die Kündigung von der Einzelrichterin rückgängig gemacht wurde», heisst es dort auf Anfrage. Man wolle erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Erst wenn diese vorliegt, will das angeprangerte Unternehmen das weitere Vorgehen festgelegen.

Für Oberärztin Urwyler ist aber jetzt schon klar: Trotz Meinungsverschiedenheiten mit dem ehemaligen Arbeitgeber will sie an ihren ehemaligen Arbeitsplatz im KAS zurückkehren: «Mit dem Fussvolk hatte ich ja keine Probleme, lediglich mit der Geschäftsleitung stand ich im Konflikt.»

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