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Der Rückhalt in der Bevölkerung ist geschwunden

Dem Spital Affoltern drohte schon einmal ein Abbau. Doch die Ämtler Bevölkerung kämpfte erfolgreich dagegen. Das ist heute anders.

Philippe Luchsinger führt seit vielen Jahren eine Allgemeinpraxis in Affoltern am Albis und engagiert sich für die Sache der Hausärzte. Er arbeitet eng mit dem Spital zusammen, in dem er einen Teil seiner Weiterbildung gemacht hat. Dasselbe gelte für viele seiner Kolleginnen und Kollegen im Knonauer Amt, sagt Luchsinger. «Die medizinische und pflegerische Leistung ist nach wie vor hoch, besonders die Palliativstation und die Akutgeriatrie arbeiten hervorragend, und die Pflege ist sehr persönlich.» Das Spital Affoltern biete auf kleinem Raum eine interdisziplinäre Medizin. Der Weggang des Ehepaares Hess, welches das «Modell Affoltern» bekannt gemacht hat, habe daran nichts geändert. Dass das Spital heute auf der Kippe steht, hat laut Luchsinger einen anderen Grund: «Der Niedergang ist ein politisches Problem. Immer mehr Gemeinden scheuen die finanzielle Verantwortung.»

Toni Bortoluzzi, Alt-Nationalrat und Gemeindepräsident von Affoltern, beurteilt die Situation gleich: «Ein ansehnlicher Teil in den Exekutiven ist der Meinung, man brauche das Spital nicht mehr.» Seit 2012 sei der Rückhalt in der Bevölkerung geschwunden. Politische Querelen und der «gehässige Abstimmungskampf» um die Spital-AG hätten zu Verunsicherung geführt. 2013 lehnte das Volk die neue Rechtsform einer Aktiengesellschaft ab. Bortoluzzi zweifelt, ob es im nun geplanten neuen Anlauf anders herauskommt. Der SVP-Politiker, der viele Jahre lang die Gesundheitspolitik seiner Partei geprägt hat, sieht durchaus eine Existenzberechtigung für ein Kleinspital wie Affoltern. «Man könnte auf die Geriatrie fokussieren.» Ältere Menschen im Säuliamt hätten eine emotionale Beziehung zum Spital, die meisten seien dort geboren. Bei den Zuzügern sei das aber nicht mehr der Fall. Bortoluzzi würde eine Schliessung sehr bedauern. «Es wäre ein Versagen der Behörden. Sie haben es verpasst, das Spital rasch auf eine neue Basis zu stellen.»

Die Frauen wehrten sich

Vor zwanzig Jahren drohte schon einmal ein empfindlicher Abbau. Die damalige Gesundheitsdirektorin Verena Diener (GLP) verordnete dem Zürcher Spitalwesen eine Schlankheitskur. Sechs kleine Landspitäler mussten schliessen, weitere Spitäler mussten fusionieren. Zwei kleine kamen mit Glück davon: Richterswil, das zum Paracelsus-Spital wurde, und Affoltern. Das Spital Affoltern sollte allerdings seine Geburtenabteilung schliessen, so sah es Diener im Entwurf zur Spitalliste 1998 vor. Doch die Ämtler konnten das abwenden. Irene Enderli, damals SVP-Kantonsrätin und Gemeindepräsidentin von Affoltern, erinnert sich: «Es ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung, und alle Frauen standen zusammen.» Verena Diener verzichtete schliesslich auf den Leistungsentzug in Affoltern – ansonsten zog sie ihre Pläne trotz riesigem Widerstand durch. «Sie hatte gewisse Sympathien für das ‹Modell Affoltern›», sagt Enderli. Zudem lag das Knonauer Amt damals noch abgeschieden hinter dem Uetliberg. Heute sei die Ämtler Bevölkerung nicht mehr geschlossen, stellt Enderli bedauernd fest. «Der Egoismus hat zugenommen.»

Susanne Anderegg