HalleDramatischer Ärztemangel

Herbert Gontek

Hausärzte werden Mangelware: Wie Uwe Borchers vom Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL im Kreis-Gesundheitsausschuss erklärte, werde sich die hausärztliche Versorgung in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern. - © Monique Wüstenhagen/dpa
Hausärzte werden Mangelware: Wie Uwe Borchers vom Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL im Kreis-Gesundheitsausschuss erklärte, werde sich die hausärztliche Versorgung in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern. © Monique Wüstenhagen/dpa

Halle/Kreis Gütersloh. „Die Hausarztversorgung in der Fläche und die Pflege nach bisheriger Art wird sich auf Dauer nicht in der bekannten Form fortsetzen lassen." Das erklärte gestern Uwe Borchers vom Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL (ZIG) im Gesundheitsausschuss des Kreises Gütersloh.

Borchers und seine Kollegen sowie ein knapp zehnköpfiges Team der Kreisverwaltung Gütersloh arbeiten seit mehreren Monaten an einem Konzept zur Verbesserung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung im Kreis. Denn schon heute steht fest: Im gesamten Kreis, aber vor allem in den Städten Gütersloh, Borgholzhausen, Halle, Rheda-Wiedenbrück und Verl wird sich die hausärztliche Versorgung in den kommenden fünf Jahren dramatisch verschlechtern, ja, fast zusammenbrechen, weil dort mehr als Zweidrittel der heute noch praktizierenden Hausärzte über 60 Jahre alt sind. Ärztlicher Nachwuchs ist aber nicht in Sicht. Schon heute liegt in den genannten Kommunen der Versorgungsgrad bei nur 80 Prozent.

Seit Anfang dieses Jahres macht die ZIG zusammen mit den Experten der Kreisverwaltung eine Bestandsaufnahme, führt Gespräche mit den Bürgermeistern der Kreisgemeinden, analysiert Probleme und bemüht sich darum, Ärzte und Pflegepersonal anzuwerben. Bisher ohne großen Erfolg.

„Wir müssen eine Imagekampagne starten"

„Ich glaube, wir müssen eine Imagekampagne starten", sagte Dr. Heinz-Josef Sökeland (CDU), selbst Hausarzt und Kämpfer für den medizinischen Nachwuchs. Sökeland: „Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum schöne und attraktive Städte wie Rheda-Wiedenbrück oder Gütersloh keinen jungen Kollegen anziehen. Da müssen wir die Werbetrommel mehr rühren." Obwohl die Ausstattung der Städte und Gemeinden mit Ärzten Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ist, wollen nicht alle, aber viele Gemeinden ihren Beitrag zur langfristigen Verbesserung der ärztlichen Versorgung leisten, so Borchers. Das sei das Ergebnis der Bürgermeister-Gespräche.

Dazu müsse man wissen, so der Vortragende, dass nicht alle Mediziner selbstständig arbeiteten, sondern auch angestellt werden möchten. Man müsse verschiedene Modelle im Auge behalten, zum Beispiel Gesundheitszentren, in denen neben Medizinern, Physiotherapeuten, Pflegedienste und eine Apotheke untergebracht seien. Auch ein gemeinschaftliches Management sei denkbar. Allerdings könne wegen rechtlicher Probleme im Bereich der Produkthaftung eine Kommune schlecht Gesellschafter in einer solchen Einrichtung sein.

Bei den Ärzten komme hinzu, dass immer mehr Frauen Medizin studierten, die aber wegen ihrer eigenen Lebensplanung (Kinder) nach dem Studium zunächst nicht voll arbeiteten. So schrumpfe die Zahl der Aktiven schon bei Berufsbeginn, erklärte Borchers.

„Personalknappheit herrscht auch in der Pflege und hier werden wir das Problem nur mit einem völlig neuen Modell lösen können", ist sich der Referent sicher. Ehrenamtliche, Nachbarschaftshilfen und Angehörige müssten da mithelfen – obendrein brauche es dazu neue Wohnideen. Hier haben die Kommunen die Möglichkeit, durch eine vernünftige Bauleitplanung aktive Hilfe zu leisten", sagte der Experte.

„Auch wenn es zusammen mit der Uni Bielefeld oder einer anderen Einrichtung künftig in OWL eine medizinische Fakultät geben wird: Die Früchte dieser Arbeit lassen sich erst in zehn Jahren ernten, so lange dauert nämlich die ärztliche Ausbildung", erinnerte Heinz-Josef Sökeland erneut.

Das Werben um Ärzte für den schönsten Kreis wird fortgesetzt. Die Mitglieder des Kreis-Gesundheitsausschusses möchten dabei künftig engmaschiger über die Arbeit und Ergebnisse der Beteiligten informiert werden.