GESUNDHEIT: Liste mit ambulanten Operationen: Kantone raufen sich zusammen

Die Kantone verständigen sich darauf, welche Operationen ambulant erfolgen müssen. Die Verlagerung soll Millionen-Einsparungen ermöglichen. Doch vorerst dürften die Prämien steigen.

Tobias Gafafer
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Das Luzerner Kantonsspital entlässt Patienten nach gewissen Eingriffen früher. (Bild: Corinne Glanzmann)

Das Luzerner Kantonsspital entlässt Patienten nach gewissen Eingriffen früher. (Bild: Corinne Glanzmann)

Tobias Gafafer

Im Vergleich zum Ausland führen Spitäler in der Schweiz Operationen überdurchschnittlich häufig stationär durch. Sie behalten die Patienten also mindestens eine Nacht lang. Der Trend geht auch hierzulande in eine andere Richtung: Routinemässige Eingriffe, etwa an Krampfadern, Hämorrhoiden oder Knieathroskopien, werden vermehrt ambulant ausgeführt. Dies soll zu tieferen Kosten führen – und das Risiko von Spitalinfektionen senken. Vorreiter ist der Kanton Luzern, der im Juli eine Liste mit 13 Eingriffen, die ambulant durchgeführt werden müssen, in Kraft setzte. Mangels einer nationalen Lösung drohte ein kantonaler Flickenteppich. Doch nun wollen die Kantone Gegensteuer geben.

Den Anfang machten Luzern und Zürich, die sich jüngst auf eine abgestimmte Liste mit 16 Kategorien einigten, die ab Anfang 2018 gelten soll. Auch Zug und das Wallis wollen sich mit Luzern und Zürich absprechen, während in den beiden Basel, dem Aargau, Bern, der Waadt und anderswo Vorarbeiten laufen. «Wir wünschen uns nicht 26 verschiedene Lösungen», sagt Michael Jordi, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK). «Die Kantone werden mehr oder weniger die gleiche Liste machen», bestätigt Peter Indra, Leiter der Gesundheitsversorgung von Basel-Stadt. Diese müsse nicht neu erfunden werden.

Spitäler warnen vor Mehrbelastung

Die Absprache betrifft die Art der Eingriffe und nicht die Verfahren. Luzern setzt auf vorgängige Kostengutsprachen, falls eine der fraglichen Operationen doch stationär erfolgt. Zürich verzichtet darauf. Die Spitäler müssen Ausnahmen dokumentieren. Zudem sieht der Kanton bei Auffälligkeiten nachträgliche Kontrollen vor. Mittelfristig rechnet die GDK zwar auch in diesem Bereich mit einer Lösung; dies brauche aber noch Zeit. Die unterschiedlichen Regeln stossen auf Kritik. «Für die Spitäler wird es mühsam, wenn jeder Kanton anders vorgeht», sagt Bernhard Wegmüller, Direktor des Spitalverbandes H+. Diese Bürokratie führe zu Mehrkosten und bringe den Patienten nichts. Die Spitäler bevorzugen das Zürcher Modell. Das System der vorgängigen Kostengutsprache sei administrativ schwerfällig und könne zu absurden Situationen führen, sagt Wegmüller.

Luzern weist die Kritik zurück. «Es ist für uns und die Klinik mühsam, im Nachhinein zu streiten», sagt David Dürr, Dienststellenleiter Gesundheit. Die Kostengutsprachen seien ein schweizweit eingespielter Prozess für Behandlungen in ausserkantonalen Spitälern, die nicht auf der kantonalen Liste seien. Mit dem Luzerner Kantonsspital etwa sei das Verfahren automatisiert – und der Aufwand gering.

Parallel zu den Kantonen arbeitet der Bund an einer Liste mit Eingriffen, die ambulant durchgeführt werden müssen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat diese Ende September in Konsultation gegeben. Das Dokument, über das auch SRF berichtet hat, ist mit sechs Kategorien deutlich schlanker als die Zürcher und die Luzerner Liste. Und umfasst unter anderem Mandeloperationen. Für das Verfahren strebt der Bund ebenfalls eine Einheitslösung an. Die BAG-Liste soll Anfang 2019 in Kraft treten und ersetzt jene der Kantone nicht. «Die Bundeslösung umfasst einen Grundstock an Leistungen und soll nicht verhindern, dass gewisse Kantone weitergehen», sagt Michael Jordi von der GDK. Manche hätten in einigen Bereichen im Vergleich zu anderen überdurchschnittlich viele stationäre Behandlungen.

Eine Studie der Beratungsfirma PWC kam 2016 zum Schluss, dass sich durch die Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich pro Jahr bis zu eine Milliarde Franken einsparen lässt. Vorerst aber rechnet der Krankenkassen-Verband Curafutura mit steigenden Prämien, weil sich die Kantone nur an stationären, nicht aber an ambulanten Behandlungen beteiligen. Direktor Pius Zängerle fordert denn auch, dass die Kantone eine einheitliche Finanzierung unterstützen. Das Parlament arbeitet zurzeit an einer Vorlage. Jüngst signalisierten die Kantone erstmals ihre Bereitschaft, sich auch an ambulanten Behandlungen zu beteiligen.