Landkreis Rotenburg. Spätestens seit der Kreistagssitzung am Mittwoch ist klar: Das Zevener Martin-Luther-Krankenhaus ist nicht mehr länger nur ein schwer kranker Patient, sondern liegt schon in den letzten Zügen. Landrat Hermann Luttmann berichtete von einem Gespräch mit dem zuständigen Staatssekretär in Hannover, der ihm unmissverständlich klar gemacht habe: Das Land werde bei den jetzigen Strukturen keinerlei Investitionsmittel für die Ostemed-Kliniken zur Verfügung stellen. „Und zwar weder für die Zevener Klinik noch für die Bremervörder.“
Bei seinem Termin in Hannover hat Luttmann auch erfahren, dass die bereits 2015 zugesagten Zuschüsse vom Bund von rund 19 Millionen Euro inzwischen „anderweitig vergeben“ worden seien. „Vermutlich hätten die Krankenkassen ohnehin auch dagegen geklagt“, so Luttmann. Die Kassen gehen auch juristisch gegen den vom Land zugesagten Sicherstellungszuschlag in Millionenhöhe für die beiden Kliniken vor. Ohne die Millionen vom Land könne nicht in die Umstrukturierung investiert werden.
Er sehe die Zukunft des Zevener Krankenhauses mit großer Sorge, sagte Luttmann. Die wirtschaftliche Situation habe sich deutlich verschärft. Hausärzte überwiesen ihre Patienten nicht mehr so zahlreich ans Zevener Krankenhaus wie früher, Herzinfarkte beispielsweise würden dort seit Jahren nicht mehr behandelt. Zudem sei es schwierig, für das kleine Krankenhaus Ärzte zu finden, gleichzeitig stiegen die Qualitätsanforderungen stetig.
Wenn es nach den Krankenkassen gehe, sei das Martin-Luther-Krankenhaus „im Gesundheitssystem nicht mehr vorgesehen“, sagte Marco Mohrmann, der für die CDU auch im Landtag sitzt. „Die Kassen halten kleine Häuser wie das MLK schlicht für überflüssig.“ Die Bürger erwarteten zurecht eine angemessene medizinische Versorgung, gute Erreichbarkeit, Qualität und Information. Letztere sei „gefühlt sehr knapp gewesen“, erinnerte er an die unvermittelte Schließung der Notaufnahme. „Das Vertrauen der Menschen in das Martin-Luther-Krankenhaus ist weitgehend dahin“, stellte er fest.
Konzept angemahnt
Mohrmann: „Die Krankenkassen finanzieren den laufenden Betrieb, während das Land für die Investitionen zuständig ist.“ Der Landkreis habe nicht die Mittel, um die Kliniken zukunftsfähig zu machen. „Das einzig Positive an der Sache ist, dass wir nun wissen, woran wir sind.“ Für Januar kündigte Mohrmann Gespräche an. “Wir brauchen ein Konzept, das den Menschen im Großraum Zeven die bestmögliche medizinische Versorgung gewährleistet.“ Die Zeit dränge. Hans-Joachim Jaap (CDU) machte auf die Folgen aufmerksam, sollte das MLK geschlossen werden: „30500 Einwohner werden dann mindestens 30 Minuten brauchen, um die nächste Klinik zu erreichen, viele sogar länger als 40 Minuten.“ Der Niedergang des Krankenhauses habe mit der Schließung der Geburtshilfe eingesetzt. Beschleunigt worden sei er durch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), das das Rotenburger Krankenhaus im Einzugsbereich der Zevener Klinik eröffnet habe. Mittlerweile sei das MLK zum „ungeliebten Kind geworden, das niemand mehr haben“ wolle. Dem Haus hafte ein negatives Image an, es werde von den Menschen nicht mehr angenommen. Er halte das MLK dennoch für erhaltenswert: „Eine Schließung wäre umumkehrbar.“ Ein Krankenhaus zähle aber zu den „harten Standortfaktoren“.
Die Zukunft der beiden kommunalen Krankenhäuser stand eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung der Weihnachtssitzung des Kreistags. Tatsächlich wird sie wohl erst 2018 thematisiert. Die Abgeordneten hatten allerdings über lebenserhaltende Maßnahmen zu beschließen. Was sie auch taten: Der Landkreis verpflichtet sich demnach, die Verluste der Klinik Bremervörde bis zu einem Höchstbetrag von sieben Millionen Euro zu übernehmen. Dies gilt ab dem Tag, an dem das längst beschlossene Strukturkonzept umgesetzt wird, also mit der Schließung der stationären Chirurgie am MLK Zeven. Die seit der Übernahme der Anteile durch die Elbe-Kliniken aufgelaufenen Verluste werden bis zum Umsetzungstermin vollständig vom Kreis Rotenburg übernommen.