Kölner KlinikverbundÜbernahme-Angebot liegt im OB-Büro

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Die Uniklinik soll nach Willen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit den Städtischen Kliniken kooperieren.

Die Uniklinik soll nach Willen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit den Städtischen Kliniken kooperieren.

Köln – Der Brief mit dem Angebot der Uniklinik zur Übernahme der defizitären Städtischen Kliniken im Rahmen einer Mehrheitsbeteiligung ist am Mittwoch bei Oberbürgermeisterin Henriette Reker eintroffen. Das bestätigte deren Sprecher Alexander Vogel.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Uniklinik hat ein indikatives Angebot abgegeben. So wird ein unverbindliches erstes Angebot bezeichnet, das jetzt von der Stadtkämmerin geprüft werden muss. Sie ist für die städtischen Beteiligungsgesellschaften verantwortlich, zu denen auch die Städtischen Kliniken zählen.

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Wie lange wird diese Prüfung in Anspruch nehmen?

Sie soll schnell abgeschlossen sein. Danach müssen sich die politischen Gremien, also der Finanzausschuss und der Stadtrat, auf Basis einer Verwaltungsvorlage mit dem Thema befassen. Dazu sind aber solide Daten erforderlich. Die Stadt muss die Wirtschaftsdaten der Uniklinik kennen. Umgekehrt will die Uniklinik sehr genau wissen, wie es tatsächlich um die Städtischen Kliniken bestellt ist, welcher Investitions- und Sanierungsbedarf in den kommenden Jahren besteht.

Was ist mit dem Vergaberecht?

Auch das muss geklärt werden. Müssen auch andere Anbieter eine Chance bekommen, sich um die Übernahme einer Mehrheit an den Städtischen Kliniken bewerben zu können.

Was bedeutet das für die Städtischen Kliniken?

Deren Geschäftsführung arbeitet seit einem Jahr im Auftrag des Aufsichtsrats an einer wirtschaftlichen Restrukturierung, die das kommunale Unternehmen auf gesunde Füße stellen soll. Seit 2012 machen die Städtischen Kliniken Verluste, im vergangenen Jahr 6,5 Millionen Euro. Das Minus wird auch 2017 zwischen sechs und sieben Millionen Euro liegen. Ein Sanierungsplan sieht erst für 2021 eine schwarze Null vor. Das ist nötig, weil spätestens dann das Eigenkapital aufgebraucht ist. Es wird zum Jahresende nur noch 6,8 Millionen Euro betragen. 2010 waren es noch 64,8 Millionen. Um die Liquidität sicherzustellen, hat die Stadt Köln eine Bürgschaft von 50 Millionen Euro hinterlegt.

Wie belastbar sind die Sanierungspläne?

Das lässt sich konkret noch nicht sagen. Ob die Sanierung aus eigener Kraft gelingen kann, ist durchaus umstritten. Durch das Übernahme-Angebot der Uniklinik gerät die Geschäftsführung der Städtischen Klinken allerdings unter Zeitdruck. Die Politik erwartet, dass spätestens im Februar belastbare Planungen vorliegen, damit sich der Aufsichtsrat und der Finanzausschuss des Stadtrats damit befassen können.

Was spricht gegen eine Mehrheitsbeteiligung der Uniklinik?

Die Interessen von Uniklinik und Städtischen Kliniken sind völlig unterschiedlich. Die Stadt Köln hat den Auftrag, im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge eine bestmögliche Gesundheitsversorgung für alle Bevölkerungsschichten zu gewährleisten, also auch für Menschen ohne Krankenversicherung.

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Die Uniklinik will durch die Übernahme erreichen, bei Spitzenmedizin und Wissenschaft unter die ersten drei Topstandorte in Deutschland zu kommen. Für den Wirtschaftsstandort Köln wäre das sicher ein Vorteil. Wie sich das mit einer Breitenversorgung in einer Millionenstadt vereinbaren lässt, die sozial immer weiter auseinanderdriftet, ist völlig unklar.

Wie viel sind die Städtischen Klinken wert?

Der Wert wird derzeit grob auf 200 Millionen Euro geschätzt. Deshalb müsste das Land mindestens 100 Millionen Euro für den Kauf einer Mehrheitsbeteiligung aufbringen.

Welche anderen Möglichkeiten gibt es, die Städtischen Kliniken zu sanieren?

Möglich wäre auch ein Verbund mit Krankenhäusern anderer Kommunen. Das ist bisher allerdings nicht versucht worden. Ob die Sanierung ohne Partner gelingt, ist äußerst zweifelhaft.

Würde sich die Uniklinik  mit einer Minderheitsbeteiligung zufrieden geben?

Das ist ausgeschlossen. Die Beteiligungsquote muss aus ihrer Sicht mindestens bei 51 Prozent liegen, um den Unternehmenskurs allein bestimmen zu können. Sie kann sich durchaus eine deutlich höhere Beteiligungsquote vorstellen. Die Stadt Köln wäre herausgedrängt, hätte nur noch eine Finanzbeteiligung ohne jeden Einfluss.

Könnte ein Klinkverbund das Aus für einzelne Standorte bedeuten?

Auszuschließen ist das nicht. Natürlich hat die Uniklinik das Bestreben, Doppelstrukturen möglichst schnell abzuschaffen.

Warum sind die defizitären Städtischen Kliniken für die Uniklinik so attraktiv?

Weil sie allein durch die Größe und die Zahl der Mitarbeiter in einer völlig neuen Liga mitspielen und an Forschungsvorhaben mitwirken könnte, die sonst nicht zu finanzieren wären. Außerdem sind die Immobilien der Städtischen Kliniken sehr wertvoll und attraktiv. „Unter Immobilien-Gesichtspunkten ist das eine hübsche Braut“, sagt ein Mitglied des

StadtratsWas sagen die Fraktionen im Stadtrat?

Die SPD warnt vor einer Übernahme. „Wir befürchten, dass die Qualität der medizinischen Versorgung und die Arbeitsbedingungen unter einem unsinnigen Wettbewerb um die größte Klinik leiden“, sagt ihr gesundheitspolitischer Sprecher und Aufsichtsratschef der Städtischen Kliniken, Michael Paetzold. Die Grünen sehen eine Mehrheitsbeteiligung der Uniklinik ebenfalls eher kritisch, sind aber offen für die Diskussion. Die Linke lehnt sie ab. „Wir sind nicht gegen die Kooperation der Krankenhäuser, aber gegen eine Fusion. Der Stadtrat muss den Zugriff auf die Städtischen Kliniken behalten, um die Gesundheitsversorgung in einer Großstadt steuern zu können“, sagt Fraktionsvorsitzender Jörg Detjen. CDU und FDP unterstützen den Kurs der Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

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