S 13 KR 344/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 344/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 223/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 12.512,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2016 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird auf 12.562,75 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung wegen erbrachter Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 12.512,75 EUR.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort behandelten ihre Ärzte stationär vom 18.01. bis 22.01.2016 den am 24.02.1947 geborenen, bei der Beklagten versicherten I. S. (im Folgenden: Versicherter); dieser litt an einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) im Stadium IV mit Lungenemphysem. Dem Versicherten wurden zwecks endobronchialer Lungenvolumenreduktion fünf Ventile implantiert. Für die Krankenhausbehandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 27.01.2016 auf der Grundlage der Fallpauschale (DRG) E02C (Andere OR-Prozeduren an den Atmungsorganen ohne aufwändigen Eingriff, ohne schwerste CC, Alter &61502; 9 Jahre, mehr als ein Belegungstag) sowie unter Kodierung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 5-339.54 sowie des Zusatzentgelts (ZE) 100.05 (Andere Operationen an Lunge und Bronchien: Implantation oder Wechsel eines endobronchialen Klappensystems, endoskopisch: 5 oder mehr Ventile) 12.512,75 EUR in Rechnung.

Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst. Sodann beauftragte sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Abrechnung des Behandlungsfalles. Dieser kam in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 20.04.2016 zu folgender Beurteilung: "Nach einem Review des Ludwig Boltzmann Instituts (3. Update 2014) zur Ventilimplantation bei Lungenemphysem deutet die vorhandene Evidenz daraufhin, dass die untersuchte Intervention "endobronchiale Ventilimplantation bei Patientinnen mit Lungenemphysem" gleich wirksam, aber weniger sicher ist als die medikamentöse Therapie. Das Verfahren der LVR bedarf sowohl im Hinblick auf die die Patientenselektion als auch das technische Vorgehen noch einer weiteren Evaluierung und Standardisierung. Die Aufnahme erfolgte elektiv zur Implantation von Ventilen zur Lungenvolumen- Reduktionstherapie. Das Verfahren einer Ventilimplantation befindet sich noch im Stadium der klinischen Evaluierung. Eine Anwendung im Rahmen der Routineversorgung außerhalb geeigneter Studien kommt weiterhin wegen des erheblichen Schadenpotentials nicht in Betracht. Da die Aufnahme elektiv zur Durchführung der Lungenvolumenreduktion erfolgte, wird zusammenfassend empfohlen, eine primäre Fehlbelegung geltend zu machen."

Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 22.04.2016 mit, bei der Behandlung des Versicherten handele es sich um eine primäre Fehlbelegung; die Behandlung sei nicht ausreichend evaluiert; es ergebe sich ein überzahlter Betrag. Da die Klägerin keine entsprechende Gutschrift erteilte, rechnete die Beklagte ihre (vermeintliche) Forderung von 12.512,75 EUR mit Forderungen der Klägerin aus unstreitigen Behandlungsfällen auf; mit Schreiben vom 23.06.2016 teilte sie der Klägerin die Aufrechnung unter Angabe ihrer (vermeintlichen) Forderung aus dem Behandlungsfall des Versicherten mit der Forderung aus fünf unstreitigen Fällen, die sie mit Rechnungs- und Fallnummer bezeichnete, mit.

Am 25.10.2016 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 12.562,75 EUR erhoben. Sie hält ihren Vergütungsanspruch aus der Behandlung des Versicherten gemäß Rechnung vom 27.01.2016 in vollem Umfang für begründet und die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung des gezahlten Betrages mit unstreitigen Forderungen der Klägerin für unrechtmäßig. Zur Begründung führt sie aus: "Das Lungenemphysem ist eine Erkrankung, die mit der chronischen (verengenden) Bronchitis zur COPD (chronic obstructive pulmonary disease = chronische verengende Lungenerkrankung) gehört. Beim Lungenemphysem, welches in den meisten Fällen durch das Rauchen bedingt ist, kommt es zu Entzündungsvorgängen im Lungengewebe mit einer Zerstörung der Lungenbläschen (Alveolen). Im Laufe der Zeit vergrößern sich die Lungenbläschen, sodass viele "Löcher" in der Lunge entstehen. Das hat einerseits eine Verschlechterung der Sauerstoffaufnahme zur Folge, andererseits kommt es zu einer Lungenüberblähung mit zunehmender Einschränkung der Zwerchfellbeweglichkeit. Die Zwerchfelle sind die wichtigsten Atemmuskeln, sodass eine verringerte Beweglichkeit, hervorgerufen durch die Lungenüberblähung, die Luftnot deutlich verstärkt. Neben den bekannten medikamentösen Therapiemöglichkeiten (Inhalationen, Sprays, Pulver) kommt bei Fortschreiten der Erkrankung auch eine Sauerstofflangzeittherapie zur Verbesserung der Symptome sowie der Belastbarkeit in Betracht. Neuerdings gibt es für bestimmte Patienten ein Verfahren, bei dem mittels sog. Bronchusventile eine Verringerung der Lungenüberblähung erreicht werden kann. Bei dieser sog. endoskopischen Lungenvolumenreduktion kommt es durch die eingesetzten Ventile zu einer Entlüftung und Schrumpfung des am meisten betroffenen Lungenlappens. Dieses führt dazu, dass das Zwerchfell wieder besser beweglich wird. Im Idealfall bekommt der Patient dann wieder besser Luft und die Belastbarkeit nimmt zu. Für das Verfahren der Lungenvolumenreduktion kommen nur bestimmte Patienten infrage, und zwar diejenigen, die ein sog. heterogenes, also ein ungleichmäßig verteiltes Emphysem haben. Außerdem müssen bereits deutliche Lungenfunktionseinschränkungen bestehen. Grundlegende Voraussetzung ist eine strikte Nikotinabstinenz (mindestens 4 Monate vor dem geplanten Eingriff). Schwerwiegende Begleiterkrankungen (Herz, Niere, Leber) bzw. Krebserkrankungen müssen vorher ausgeschlossen sein. Zur Planung und Beurteilung, ob ein Patient für dieses Verfahren infrage kommt, sind deshalb Voruntersuchungen notwendig, u. a. ein aktuelles Thorax-CT, Lungenfunktion, Herzuntersuchungen, Belastungstests und eine Durchblutungsmessung der Lunge (Perfusionsszintigrafie). Sind die Bedingungen für die Ventilimplantation erfüllt, erfolgt die stationäre Aufnahme. Hier finden zunächst erneut Voruntersuchungen statt, es wird ausführlich über das Verfahren aufgeklärt und insbesondere mögliche Nebenwirkungen bzw. Komplikationen besprochen. Das Einsetzen der Ventile wird im Rahmen einer Bronchoskopie durchgeführt, bei der mit einem speziellen Katheter die Ventile in den Bronchien platziert werden. Der Eingriff findet in Vollnarkose statt und es wird unmittelbar vor dem möglichen Einsetzen der Ventile eine Messung durchgeführt, mit der festgestellt werden kann, ob das Verfahren auch tatsächlich sinnvoll ist. Nach erfolgreichem Einsetzen der Ventile (je nach Anzahl der zu blockierenden Bronchien werden 2-4 (5) Ventile implantiert) ist eine stationäre Beobachtung für ca. 4-5 Tage unabdingbar. Hier finden dann Röntgen-Aufnahmen, Lungenfunktionen und Belastungstests statt. Kontrollen werden in zunächst 2 und 4 wöchentlichem Abstand durchgeführt. Die Ventile können auf unbestimmte Zeit in den Bronchien verbleiben. Sollten allerdings Komplikationen auftreten (z.B. wiederkehrende Infekte, Blutungen), können sie im Rahmen einer Operation wieder entfernt werden. Die bronchoskopische Lungenvolumenreduktion mittels Ventile ist eine zulässige Behandlungsmethode, die nach bisher vorliegenden Studien eine medizinisch anerkannte Methode ist. Gem. § 137c SGB V obliegt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach § 91 SGB V. Ergibt dessen Prüfung, dass eine Methode nicht den erforderlichen Kriterien entspricht, erlässt er eine entsprechende Richtlinie mit der Folge, dass diese Leistung von der stationären Erbringung zu Lasten der GKV künftig ausgeschlossen wird (§ 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V). Anders als im vertragsärztlichen Bereich, in dem gem. § 135 SGB V der Erlaubnisvorbehalt gilt, sind im stationären Bereich Leistungen nur auf ausdrückliche Entscheidung des G-BA hin ausgeschlossen. In Zweifelsfragen bleibt es dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen unbenommen, einen Antrag auf Überprüfung der Untersuchungs- und Behandlungsmethode beim G-BA zu stellen (§ 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V). In einem weiteren Beschluss vom 18.12.2014 hat der G-BA beschlossen, das IQWiG zu beauftragen, eine Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes der Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem durchzuführen. Der Auftrag an das IQWiG wurde vom G-BA konkretisiert. Abgabetermin des IQWiG ist für das dritte Quartal 2016 vorgesehen. Der Antrag des GKV-Spitzenverbandes auf Bewertung der Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem wurde noch nicht vom G-BA entschieden. Der G-BA wartet zunächst das Ergebnis des Auftrages an das IQWiG ab. Somit liegt eine Bewertung bzw. Entscheidung (Richtlinie) des GBA im Jahr 2014 nicht vor. Es liegen daher für die endoskopische Lungenvolumenreduktion mittels Ventile keine einschränkenden Vorgaben vor. Im vorliegenden Fall ist die Lungenvolumenreduktion mittels Ventile eine medizinisch¬-wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht" (siehe BSG, Urteil vom 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R). Mit der endoskopischen Lungenvolumenreduktion mittels Implantation von endobronchialen Ventilen besteht seit 10 Jahren Erfahrung. Nach ersten Pilotuntersuchungen wurde die Sicherheit und Effektivität einer unilateralen endobronchialen Ventilimplantation mittels Zephyr™-Ventilen multizentrisch kontrolliert und randomisiert im Vergleich zu einer konservativen Standardtherapie in der zu dieser Thematik bisher größten publizierten sog. Vent-Studie verglichen. Hierzu führen Schäfer/Tasci "Endoskopische Lungenvolumenreduktion beim Emphysem" in: Pneumologie 2014; 68; 97-99 Folgendes aus: "Wenngleich in der primären Endpunktanalyse eine statistisch signifikante Verbesserung von FEV und 6-Minuten-Gehstrekce in der Therapiegruppe zu verzeichnen war, so sind diese mit 5,8 % bzw. 6,8 % gegenüber der Kontrollgruppe klinisch eher nicht relevant. Allerdings ergab eine Subgruppenanalyse, dass die Patienten mit computertomografisch weitgehend intakten interlobären Fissuren als Hinweis auf eine fehlende Kollateralventilation zwischen dem behandelten Lungenlappen und dem benachbarten Lappen eine deutlich größere und klinisch relevante Zunahme mit 17,1 % FEV Verbesserung nach 12 Monaten hatten als Patienten ohne intakte Fissuren. Diese Beobachtung konnte auch in der europäischen Kohorte, der Euro-VENT-Studie, bestätigt werden. Wiederum in einer Post-hoc-Analyse zeigte sich, dass bei denjenigen Patienten mit CT-morphologisch intakten Fissuren und lobärer Okklusion durch die Ventile eine größere Volumenreduktion im Ziellappen zu erreichen war und nach zwölf Monaten eine anhaltend deutliche Verbesserung von FEV mit Zunahme im Mittel um 28 % gegenüber denjenigen Patienten ohne diese Kriterien." Zwischenzeitlich sind weitere randomisiert kontrollierte Studien in hochrangigen Journalen publiziert worden, die bei den nach o. a. Kriterien entsprechend ausgewählten Patienten nach Ventilimplantation eine statistisch signifikante und klinisch relevante Verbesserung der Lungenfunktion und des patientenrelevanten outcome-Parameters der körperlichen Belastungsfähigkeit gegenüber einer Kontrollgruppe zeigten, die keine Ventiltherapie erhielten. (Klooster et al, "Endobronchial Valves for Emphysema without Interlobar Collateral Ventilation", The New England Journal of Medicine 2015; 373: 2325; Davey et al: "Bronchoscopic lung volume reduction with endobronchial valves for patients with heterogeneous emphysema and intact interlobar fissures (the BeLieVeR-HIFi study): a randomised controlled trial", Lancet 2015; 386: 1066) Hinzu kommt, dass der offizielle Zusatzentgeltkatalog in Deutschland (Anlage 2/5 zur FPV 2016) ein bepreistes Zusatzentgelt in Höhe von 8.315,55 EUR für die Implantation eines endobronchialen Klappensystems, endoskopisch: 5 oder mehr Ventile, ausdrücklich vorsieht. Dieser Zusatzentgeltkatalog fand somit auch die Zustimmung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Eine Auflistung und preisrechtliche Vorgabe wäre nicht erfolgt, wenn es sich nicht um eine medizinisch anerkannte Methode handelt. Dürfte die endoskopische Lungenvolumenreduktion mittels Ventile generell nicht durchgeführt werden, wäre eine Ausweisung in einem bundeseinheitlich anzuwendenden Katalog obsolet. Daraus lässt sich unschwer der Schluss ziehen, dass die von der Klägerin gewählte Behandlungsmethode (Endoskopische Lungenvolumenreduktion mittels Ventile) medizinisch anerkannt ist und dem Qualitätsgebot entspricht."

Die Klägerin meint, der Versicherte sei austherapiert gewesen. Bei seiner erstmaligen Vorstellung im Krankenhaus im November 2015 sei er in einem desolaten Zustand und nicht rehabilitationsfähig gewesen. Schon damals habe ein fortgeschrittenes Lungenemphysem mit pulmonaler Kachexie vorgelegen; es seien eine medikamentöse Adjustierung und eine Vordiagnostik für eine endoskopische Lungenvolumenreduktion durchgeführt worden. Diese sei medizinische indiziert gewesen. Das Krankheitsbild sei mit der Hauptdiagnose J44.80 korrekt erfasst worden. Die Klägerin verweist hierzu auf den Inhalt der Patientenakte und konkret zum Vorliegen eines Lungenemphysems auf eine ärztliche Stellungnahme des Internisten und Pneumologen Wilsmann vom 13.02.2018. Dieser hat darin auch erläutert, welche Strukturvoraussetzungen im Krankenhaus der Klägerin gewährleisten, eine Therapie wie der bei dem Versicherten durchführen zu können.

Die Klägerin hat Rechnungen bezüglich der fünf Behandlungsfälle vorgelegt, aus denen sich die unstreitigen Forderungen der Klägerin ergeben, mit denen die Beklagte ihren (vermeintlichen) Erstattungsanspruch aufgerechnet hat. Am 15.02.2018 hat sie die Klage in Höhe von 50,00 EUR zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 12.512,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie geht auf die grundsätzlichen Einwände ihres MDK nicht ein. Sie behauptet, ein Emphysem habe beim Versicherten nicht vorgelegen; es sei auch nicht als Diagnose diagnostiziert worden. Eine vor der Implantation durchzuführende Diagnostik sei nach den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar. Sie meint, die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft, die Implantation der endobronchialen Klappen (noch) nicht medizinisch notwendig gewesen. Die Beklagte bezweifelt sogar, ob die Klägerin die Indikation überhaupt habe beurteilen können; ihre Klinik verfüge über keine pulmologische Fachabteilung, sondern beschäftige lediglich Ärzte mit dem Schwerpunkt Pulmologie; es fehle damit an der gesamten Infrastruktur einer Lungenfachklinik.

Das Gericht hat zur Klärung der Notwendigkeit der Ventilimplantation und der vorstationären Behandlungen Auskünfte von den Ärzten eingeholt, die den Versicherten vor dem streitgegenständlichen Krankenhausaufenthalt behandelt haben; auf deren Auskünfte vom 09.03.2017 und 21.03.2017 sowie die beigefügten Unterlagen wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der den Versicherten betreffenden Patientenakte der Klägerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Vergütung wegen der Behandlung eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klage ist auch begründet.

Gegenstand der Klageforderung ist nicht der Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung des Versicherten. Denn dieser ist durch die Zahlung der Beklagten in vollem Umfang erfüllt. Gegenstand der Klageforderung ist vielmehr der Rest-Anspruch auf Vergütung aufgrund der stationären Behandlungen der fünf anderen bei der Beklagten versicherten Patienten, aus denen die Klägerin – dies ist unstreitig – zunächst Anspruch auf die in zwei Rechnungen vom 10.06.2016 (über 2.745,20 EUR und 3.326,48 EUR) sowie je einer Rechnung vom 09.06.2016 (über 2.755,20 EUR), vom 13.06.2016 (über 2.989,28 EUR) und vom 15.06.2016 (über 3.026,13 EUR) geforderten Vergütungen in voller Höhe (von 14.842,29 EUR) hatte. Die Rest-Forderung der Klägerin aus diesen Behandlungen ist nicht in Höhe der Klageforderung unbegründet, da die Beklagte dagegen mit ihrer vermeintlichen Rückforderung aus dem Behandlungsfall des Versicherten nicht mit Erfolg aufrechnen konnte.

Die Aufrechnung ist zwar nach den vom Bundessozialgerichtes (BSG) vor Inkrafttreten der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) aufgestellten Maßstäben (vgl. (BSG, Urteile vom 25.10.2016 – B 1 KR 7/16 R – und B 1 KR 9/16 R) als auch nach den strengeren Vorgaben der (im vorliegenden Fall anzuwendenden) PrüfvV 2015 formal ordnungsgemäß erklärt. Die maßgebliche Erklärung der Beklagten vom 23.06.2016 lässt den Aufrechnungswillen deutlich erkennen; sie ist auch hinreichend bestimmt, da sie sowohl die Forderung der Beklagten als auch die Forderungen der Klägerin aus den fünf (unstreitigen) Behandlungsfällen, gegen die aufgerechnet wurde, genau bezeichnet.

Die Rückforderung der Beklagten aus dem Behandlungsfall des Versicherten, die sie gegen die Forderungen der Klägerin aus den fünf Behandlungsfällen in Höhe von 12.512,75 aufrechnen wollte, bestand jedoch nicht. Die Klägerin hatte Anspruch auf Vergütung der stationären Behandlung des Versicherten in Höhe dieses mit Rechnung vom 27.01.2016 geltend gemachten Betrages.

Rechtsgrundlage des geltenden gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Kläge-rin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zah-lungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leis¬tung durch die Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kosten-übernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesver-bänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehand¬lung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenh¬ausbehandlung (KÜV). Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse und damit korrespondierend ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses war gegeben, weil die Krankenhausbehandlung des Versicherten so, wie sie die Klägerin in der Zeit vom 18.01 bis 22.01.2016 durchgeführt hat, erforderlich war (§ 12 Abs. 1 SGB V; § 3 Satz 1 KBV). Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass es sich bei der durchgeführten endoskopischen Lungenvolumenreduktion mittels Implantation von (fünf) Ventilen um eine neue Behandlungsmethode handelt, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) noch keine Empfehlung abgegeben hat.

Nach § 137c Abs. 1 SGB V überprüft der G-BA nach § 91 SGB V auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, darauf hin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den o.a. Kriterien entspricht, erlässt der G-BA eine entsprechende Richtlinie (Satz 2). Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 S. 2 SGB V). Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der G-BA bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist (§ 137c Abs. 3, angefügt durch Art. 1 Nr. 64 Buchstabe b) des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16.07.2015 – BGBl. I S. 1211). Die von der Klägerin bei der Krankenhausbehandlung des Versicherten angewandte Methode der Lungenvolumenreduktion mittels Implantation von (fünf) Ventilen erfüllt die Voraussetzungen nach § 137c Abs. 3 SGB V.

Die Lungenvolumenreduktion mittels Implantation von Ventilen ist eine Behandlungsmethode, die nicht ambulant erbracht werden kann und einer stationären Krankenhausbehandlung bedarf. Zwar ist die endoskopische Implantation von (fünf) Ventilen als "Andere Operationen an Lunge und Bronchien: Implantation oder Wechsel eines endobronchialen Klappensystems, endoskopisch: 5 oder mehr Ventile" als Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-339.54 und als Zusatzentgelt (ZE) 100.05 im Fallpauschalen-Katalog 2016 abgebildet. Jedoch handelt es sich dabei auch um eine Behandlungsmethode, die sich auf Antrag des GKV-Spitzenverbandes vom 27.03.2013 gemäß Beschluss des G-BA vom 18.07.2013 im Verfahren der Bewertung gem. § 137c SGB V befindet. Aus den von der Klägerin vorgelegten wissenschaftlichen Berichten (vgl. Schäfer/Tasci, "Endoskopische Lungenvolumenreduktion beim Emphysem" in: Pneumologie 2014; 68: 97-99; Klooster et al., "Endobronchial Valves for Emphysema without Interlobar Collateral Ventilation" in: The New England Journal of Medicine 2015; 373: 2325 ff.; Davey et al., "Bronchoscopic lung volume reduction with endobronchial valves für patients with heterogeneous emphysema and intact interlobar fissures (the BeLieVeR-HIFi study): a randomised controlled trial" in: Lancet 2015; 386: 1066-1073) ergibt sich für die Kammer hinreichend nachvollziehbar, dass die endoskopische/endobronchiale Lungenvolumenreduktion mittels Ventilen zur Behandlung eines Lungenemphysems zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung im Januar 2016 das Potenzial einer Behandlungsalternative zur herkömmlichen chirurgischen Therapie geboten hat. Sie ist bei dem Versicherten auch – dies wird von der Beklagten nicht bestritten – nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Aus den medizinischen Voruntersuchungsergebnissen und den Krankenhausberichten ergibt sich, dass seinerzeit eine Lungenvolumenreduktion medizinisch indiziert und notwendig war.

Inzwischen liegt der Abschlussbericht des beauftragten "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" (IQWiG) über "Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem" vom 07.02.2017 vor. Darin wird u.a. das Fazit gezogen: " Die Datenlage hinsichtlich der 6 als zusätzliche Therapie untersuchten bronchoskopischen Verfahren ist insgesamt wenig aussagekräftig." (vgl. Abschlussbericht, S. 37). Welche Konsequenzen der G-BA aus dem Abschlussbericht ziehen wird, ist (noch) nicht ersichtlich. Darauf kommt es aber auch für die Beantwortung der hier zu entscheidenden Frage, ob die Klägerin das von ihr durchgeführte Lungenvolumenreduktionsverfahren zu Lasten der Beklagten anwenden und abrechnen konnte, nicht an. Denn zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Behandlung lag noch keine Entscheidung des G-BA zu dieser Methode gem. § 137c Abs. 1 S. 2 SGB V (Ausschluss-Richtlinie) oder auch nur nach § 137c Abs. 1 S. 3 SGB V (Erprobung-Richtlinie) vor. Dies allein begründet gem. § 137c Abs. 3 SGB V den Vergütungsanspruch der Klägerin.

Allerdings hat das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 21.03 2013 (B 3 KR 2/12 R) die Auffassung vertreten, dass "§ 137c SGB V nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden darf. Die Vorschrift setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Andernfalls würde die aufgezeigte Systematik des SGB V durchbrochen und die Einheit der Rechtsordnung gefährdet. Denn eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, muss nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass – anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung – nicht in einem generalisierten, zentralisierten formellen Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit formalisiert überprüft wird, sondern die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus grundsätzlich prospektiv durch das Krankenhaus selbst und retrospektiv lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post erfolgt. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes Prüfverfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit, sodass es insoweit keiner Einzelfallprüfung mehr bedarf." (BSG, a.a.O., "juris" Rdnr. 24).

Diese Auffassung entsprach (und entspricht) jedoch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat deshalb im Sinne einer gesetzlichen Konkretisierung und Klarstellung durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.07.2015 (BGBL. I S. 1211) den neuen Absatz 3 in § 137c SGBV angefügt und dies wie folgt begründet (vgl. Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121, 122):

"Durch die Ergänzung eines dritten Absatzes in § 137c wird das in der Krankenhausversorgung geltende Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt konkreter im Gesetz geregelt. Die Regelung ist erforderlich, weil die Gesetzesauslegung in der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 21. März 2013, Az. B 3 KR 2/12 R) mit dem in § 137c zum Ausdruck gebrachten Regelungsgehalt in einem Wertungswiderspruch steht. Es erfolgt eine gesetzliche Konkretisierung und Klarstellung, dass für den Ausschluss einer Methode aus der Krankenhausversorgung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und die Ablehnung eines Leistungsanspruchs im Einzelfall durch eine Krankenkasse im Falle des Fehlens eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses einheitliche Bewertungsmaßstäbe gelten.

Nach § 137c Absatz 1 ist es die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin zu überprüfen, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Eine Methode, deren Nutzen nach Feststellung des Gemeinsamen Bundesausschusses zwar noch nicht hinreichend belegt ist, die aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, kann nach den gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Krankenhausbehandlung weiterhin zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist in einem solchen Fall grundsätzlich verpflichtet, eine Erprobung zu initiieren, um die für eine fundierte Entscheidung erforderlichen Erkenntnisse zu generieren. Bis zum Vorliegen dieser Erkenntnisse und einer abschließenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses bleibt es dabei, dass die Methode im Krankenhaus angewandt werden kann, insbesondere damit sie zur Versorgung der typischerweise schwerer erkrankten Versicherten mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen weiterhin zur Verfügung steht. Insoweit handelt es sich um eine Konkretisierung des allgemeinen Qualitätsgebots des § 2 Absatz 1 Satz 2.

Diese Wertentscheidung gilt es auch in dem Fall zu beachten, dass der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Überprüfung nach § 137c Absatz 1 durchgeführt hat. Es stünde mit dem dargestellten Konzept der grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt nicht in Einklang, wenn jede einzelne Krankenkasse im Einzelfall die Kostenübernahme für eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgende Behandlung mit einer Methode, die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, mit der Begründung ablehnen könnte, der Nutzen der angewandten Methode sei noch nicht hinreichend belegt. Ebenso wenig wie der Gemeinsame Bundesausschuss eine Methode mit Potential unmittelbar aus der Krankenhausversorgung ausschließen kann, kann eine solche negative Leistungsentscheidung stattdessen auf der Ebene der Einzelkasse erfolgen. Im neuen Absatz 3 wird daher nun ausdrücklich geregelt, dass innovative Methoden, für die der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Entscheidung getroffen hat, im Rahmen einer nach § 39 erforderlichen Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden können. Dies betrifft sowohl Methoden, für die noch kein Antrag nach § 137c Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch Methoden, deren Bewertung nach § 137c Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist. Voraussetzung ist, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere im Einzelfall indiziert und erforderlich ist. Das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für die Patientin oder den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patientinnen oder Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Das Erfordernis, wonach eine Leistungserbringung nur im Rahmen einer Studie zu Lasten der Krankenkassen möglich ist, gilt nach § 137c Absatz 2 Satz 2 demgegenüber nur für den Fall, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine Ausschlussentscheidung nach § 137c Absatz 1 Satz 4 (ggf. in Verbindung mit Satz 5) getroffen hat. Methoden, die nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam sind, dürfen weiterhin nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden."

Daraus folgt für die Kammer unzweideutig, dass die von der Klägerin durchgeführte Lungenvolumenreduktion mittels endoskopischer/bronchoskopischer Implantation von Ventilen mangels einer Ausschlussentscheidung des G-BA nach § 137c Abs. 1 S. 2 SGB V zu Lasten der Beklagten erbracht werde konnte und von der Beklagten zu vergüten war.

Aus der – bisher noch nicht im Volltext vorliegenden – Entscheidung des BSG vom 19.12.2017 (B 1 KR 17/17 R) ergibt sich nichts anderes. Ausweislich des Terminberichtes des BSG (Nr. 63/17 zu Nr. 2.) ist nach Auffassung des BSG "die Implantation von Coils eine experimentelle Behandlungsmethode außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung sind ebenfalls nicht erfüllt. Die NUB-Vereinbarung begründet kein schutzwürdiges Vertrauen auf einen Vergütungsanspruch. Sie regelt die Vergütungshöhe lediglich für den Fall, dass der Patient Anspruch auf die Behandlung hat, weder aber den Grund des Anspruchs noch die Vereinbarkeit der Therapie mit dem Qualitätsgebot". Fraglich ist bereits, ob das bei dem Versicherten angewandte Verfahren der Lungenvolumenreduktion mittels implantierter Ventile mit dem im Fall des BSG zu entscheidenden Verfahren mit Implantation von Coils vergleichbar ist. Dies kann jedoch dahin stehen. Denn die Kammer kann bereits der grundsätzlichen Auffassung des BSG zum Anwendungsbereich von § 137c SGB V nicht folgen. Das BSG und die Vorinstanz (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.11.2016 – L 5 KR 1101/16) verkennen und konterkarieren die mit § 137c Abs. 3 SGB V verfolgte Intention des Gesetzgebers, wie sie sich aus der – oben wiedergegeben – Begründung zu dieser durch das GKV-Versorgungstärkungsgesetz vom 16.07.2015 angefügten Vorschrift ergibt (vgl. Bundestags-Drucksache 18/4095, S. 121, 122). Die Einführung dieser ausdrücklichen und klarstellenden Regelung hat der Gesetzgebers für erforderlich gehalten, weil – so die Gesetzesbegründung (a.a.O.) – "die Gesetzesauslegung in der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 21. März 2013, Az. B 3 KR 2/12 R) mit dem in § 137c zum Ausdruck gebrachten Regelungsgehalt in einem Wertungswiderspruch steht". Wenn das BSG und das LSG Baden-Württemberg meinen, die Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V habe an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert und lediglich Raum für den G-BA geschaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (vgl. bereits BSG, Beschluss vom 15.07.2015 – B 1 KR 23/15 B; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.11.2016 – L 5 KR 1101/16), überschreiten sie die Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung, indem sie sich in klaren Widerspruch zu dem erklärten Willen des Gesetzgebers setzen. Es kommt für den Vergütungsanspruch des Krankenhaus nach § 137c SGB V nicht darauf an, ob es sich bei dem angewandten Verfahren um eine experimentelle Behandlungsmethode handelt, sondern allein darauf, ob sie das Potential einer erfolgreichen Behandlungsalternative bietet und nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt (137c Abs. 3 Satz 1 SGB V). Diese Voraussetzung, dieses "Potenzial", kann aber für das bei der Versicherten durch die Ärzte der Klägerin im Januar 2016 angewandte Verfahren der Lungenvolumenreduktion mittels Implantation von Ventilen sowohl im Hinblick auf die Studienlage als auch den Beschluss des G-BA vom 18.07.2013 zur Einleitung des Bewertungsverfahrens nicht ernsthaft bestritten werden. Der IQWiG-Abschlussbericht vom 07.02.2017 lag zum Behandlungszeitraum noch nicht vor und kann allein deshalb nicht zur Beurteilung des im Januar 2016 bestehenden "Potenzials" des Verfahrens herangezogen werden; soweit er im Übrigen nur von einer wenig aussagekräftigen Datenlage spricht, folgt daraus nach Auffassung der Kammer nicht, dass der angewandten Methode das Potenzial fehlt. Dies zu bewerten ist allein Aufgabe des G-BA im weiteren Verlauf des Bewertungsverfahrens.

Soweit die Beklagte – unsubstanziiert – behauptet, beim Versicherten habe kein Lungenemphysem vorgelegen und sei auch nicht diagnostiziert worden, wird dies durch den Inhalt der Patientenakte (vgl. Anamnesebogen vom 18.01.2016 und Bericht vom 21.01.2016) sowie die Stellungnahme des Internisten/Pneumologen Wilsmann, der am Krankenhaus der Klägerin tätig ist, widerlegt. Die darüber hinaus von der Beklagten geäußerten Zweifel an der Kompetenz der Ärzte der Klägerin, überhaupt die Indikation für die durchgeführte Behandlung der Versicherten stellen zu können, sind angesichts der dazu abgegebenen Erklärungen des Pneumologen Wilsmann vom 13.02.2018 derart unsubstanziiert, dass es sich die Kammer erspart, darauf näher einzugehen. Der Beklagten stand kein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Vergütung zu, mit dem sie gegen (unstreitige) Forderungen der Klägerin hätte aufrechnen können. Sie hat der Klägerin den eingeklagten Betrag auszuzahlen.

Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV sind Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Da die Vergütungen für die im Schreiben der Beklagten vom 23.06.2016 genau bezeichneten fünf Krankenhausbehandlungsfälle fällig waren und die Beklagte zu diesem Zeitpunkt zur Zahlung (nur) die gekürzten Beträge angewiesen hat, ist die Beklagte jedenfalls seit dem 13.07.2016 mit der Vergütung der Restforderung in Verzug. Daher ist das Zinsbegehren der Klägerin sowohl nach dessen Beginn als auch der Höhe nach (vgl. § 15 KBV) begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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