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Krankenkassen-Plan von Jens Spahn Gesundheitsökonom warnt vor "Todesspirale"

Gesundheitsminister Jens Spahn will Krankenkassen mit hohen Finanzreserven dazu verpflichten, diese abzubauen. Mehrere Experten warnen eindringlich vor dem Schritt.
Jens Spahn

Jens Spahn

Foto: TOBIAS SCHWARZ/ AFP

Neue Kritik am Plan von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Mehrere Experten haben davor gewarnt, die Zusatzbeiträge reicher Krankenkassen zu senken. Erzwungene Senkungen könnten die Mitgliederwanderung von Kassen mit hohen Zusatzbeiträgen zu solchen mit niedrigeren beschleunigen, sagte der Duisburger Gesundheitsökonom und Regierungsberater Jürgen Wasem in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" . Die von der Abwanderung betroffenen Kassen "müssen ihre Zusatzbeiträge weiter erhöhen, was eine 'Todesspirale' in Gang setzen kann".

Auch der Vizevorsitzende des vom Ministerium berufenen Sachverständigenrats Gesundheit, Eberhard Wille, sprach der Zeitung gegenüber von "unerwünschten und womöglich auch fatalen Nebenwirkungen auf andere Kassen, denen es wirtschaftlich schlechter geht". Vor allem im Osten erwarte er eine "Massenabwanderung" von Kunden zu den Kassen, die ihren Beitragssatz noch stärker senken würden.

Spahn hat angekündigt, Kassen mit hohen Finanzreserven zu verpflichten, diese abzubauen - etwa durch Senkung des Zusatzbeitrags. Daraus ergebe sich ein Entlastungsvolumen von rund vier Milliarden Euro.

Wasem empfahl stattdessen eine schnelle Reform des Finanzierungssystems. Die sei zwar von Spahn angekündigt, komme allerdings nicht schnell genug. "Wenn man an dem Zeitplan festhalten will, braucht man eine Übergangsregelung, die Krankenkassen mit sehr schlechter finanzieller Situation hilft, damit sie nicht unter dem Druck zahlreicher Abwanderungen kollabieren", sagte er.

Unmittelbar nach Spahns Ankündigung hatte es gemischte Reaktionen gegeben: Die SPD war empört, Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach warf Spahn einen "Kniefall vor der Arbeitgeberschaft" vor. Der Arbeitgeberverband war hingegen zufrieden. Auch der Bund der Steuerzahler hatte die Pläne gelobt.

Spahns Pläne im Detail

Spahns Pläne sehen vor, dass die Finanzreserven einer Kasse das Volumen der Ausgaben eines Monats künftig nicht mehr überschreiten dürfen. Was darüberliegt, soll über einen Zeitraum von drei Jahren abgebaut werden müssen.

Kassen, die ihre Reserven selbst durch einen kompletten Verzicht auf den Zusatzbeitrag nicht in dieser Zeit ausreichend abschmelzen können, sollen dafür zwei Jahre mehr Zeit bekommen. Danach sollen die Kassen den Rest an den Gesundheitsfonds abführen müssen.

Spahn will auch die Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung per Gesetz in Milliardenhöhe entlasten. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sollen die bisher allein von den Kassenmitgliedern zu zahlenden Zusatzbeiträge ab 1. Januar 2019 zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden. Dies soll die Kassenmitglieder und Rentner um 6,9 Milliarden Euro entlasten. Die Entlastung bezifferte Spahn auf 15 Euro für jemanden, der ein Einkommen von 3000 Euro brutto hat.

aar/dpa