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Interview zu Kölner Klinikverbund„Medizinstandort von europaweiter Bedeutung“

Lesezeit 4 Minuten
Nach wie vor interessiert an der Fusion mit den in Turbulenzen geratenen städtischen Kliniken: Prof. Edgar Schömig.

Nach wie vor interessiert an der Fusion mit den in Turbulenzen geratenen städtischen Kliniken: Prof. Edgar Schömig.

Köln – Prof. Dr. Edgar Schömig (57) ist Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uniklinik Köln. Michael Fuchs sprach mit ihm über die Pläne für einen Kölner Klinikverbund.

Die Uniklinik hat der Oberbürgermeisterin im Dezember das Angebot unterbreitet, eine Mehrheitsbeteiligung an den städtischen Kliniken zu erwerben. Deren Finanzlage hat sich seitdem dramatisch verschärft, der Geschäftsführer wurde abberufen. Wie bewerten Sie die Entwicklung?

Ich werde das nur in einem Punkt kommentieren: Wenn ständig negative Nachrichten über ein Unternehmen publik werden, sorgt das in der Belegschaft für erhebliche Verunsicherung. Das macht auch uns betroffen, denn die Kollegen der Kliniken der Stadt Köln leisten hervorragende Arbeit in der ärztlichen Versorgung als auch in der Pflege.

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Haben Sie angesichts neuer Verluste der städtischen Kliniken in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro überhaupt noch Interesse an einer „strategischen Partnerschaft“, wie Sie es nennen?

Ja, aktuell noch. Nachdem der Stadtrat weiteren Untersuchungen und exklusiven Verhandlungen mit der Uniklinik zugestimmt hat, hoffen wir, dass das Verfahren zügig vorangeht und wir möglichst schnell eine vertiefte Untersuchung der wirtschaftlichen Daten und anderer Parameter durchführen können, den sogenannten Due-Diligence-Prozess. Danach werden wir weitersehen.

Anders gesagt: Sie wollen tief in die Bücher schauen und dann entscheiden...

Selbstverständlich müssen wir uns erst die Zahlen genau ansehen. Das ist das übliche Prozedere.

Die Idee eines Klinikverbunds hat neben Zustimmung auch viel Widerspruch ausgelöst. Wie überzeugen Sie Kritiker?

Die Versorgung der Patienten in Köln ließe sich durch einen solchen Zusammenschluss gewaltig verbessern. Es würden sich immense medizinische Vorteile bieten. Wir könnten Ressourcen bündeln und etwa bei schwersten Erkrankungen viel schneller neue Therapien zur Verfügung stellen.

Warum geht das in einem großen Verbund besser?

Die Zukunft aller Krankenhäuser wird von den Megatrends der Medizin bestimmt. Dazu zählt der rasante technologische Fortschritt: Digitalisierung, Robotik und Präzisionsmedizin werden immer wichtiger. Auch der Trend zu mehr ambulanten, mehr interdisziplinären Behandlungen spielt eine Rolle. Die optimale Betriebsgröße, um wirtschaftlich arbeiten zu können, wird für Maximalversorger, wie es Uniklinik und städtische Kliniken sind, weiter wachsen.

Weil man mehr Patienten benötigt, um die teuren Geräte finanzieren zu können?

Ein Beispiel: Ein Cyberknife, das ist ein hochmodernes Bestrahlungsgerät, kostet rund 15 Millionen Euro. Solche Geräte veralten jedoch heutzutage schon nach wenigen Jahren. Es ist vernünftig, wenn solche Investitionen für eine größere Anzahl von Patienten getätigt werden. Wir brauchen eine bestimmte Größe, wenn wir den Anschluss an die Entwicklung nicht verlieren wollen.

Was treibt die Uniklinik an?

Wir wollen Innovationstreiber sein, mehr Patienten eine optimale Behandlung bieten und unsere Forschung und Lehre ausbauen. In Lindenthal können wir uns nicht mehr erweitern. Die städtischen Kliniken wären mit ihren exzellenten medizinischen und pflegerischen Leistungen sowie ihrem Schwerpunkt im Rechtsrheinischen samt Potenzial für bauliche Erweiterungen ein idealer Partner für uns.

Bestehen Sie weiterhin auf einer Mehrheitsbeteiligung, die ja politisch umstritten ist? Reicht eine Kooperation nicht aus?

Wir arbeiten bereits in vielfältiger Weise gut mit den Kollegen der städtischen Kliniken zusammen. In einem Verbund möchten wir als größerer und wirtschaftlich stabiler Partner eine Führungsrolle in medizinischer und wirtschaftlicher Hinsicht übernehmen. Daher ist eine Beteiligung von mindestens 50,1 Prozent für uns ein Muss.

Sie haben erklärt, dass Sie im Dialog mit der Stadt gerne bis Ende 2018 zu einem Ergebnis kommen würden. Gilt dieser Zeitplan noch angesichts der jüngsten Entwicklungen?

Wir sind nicht Herr des Verfahrens, sondern die Verwaltung und politischen Gremien der Stadt Köln. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, sich zügig mit dem Thema zu befassen. Die städtischen Kliniken sind in einer außergewöhnlich schwierigen Lage. Vor allem die Mitarbeiter verdienen ein klares Signal seitens der Politik und der Verwaltung und eine Perspektive, die nicht jede Woche neu verhandelt wird.

Auch eine Privatisierung wäre denkbar, wird aber von der OB, weiten Teilen der Politik sowie den Gewerkschaften abgelehnt, weil man Verschlechterungen für Patienten und Mitarbeiter befürchtet. Welche Perspektive würde die Uniklinik bieten?

Wir sind überzeugt davon, dass wir eine Aufbruchsstimmung erzeugen und einen Medizin-Standort von europaweiter Bedeutung entwickeln können. Wir würden einen Klinikverbund in rein öffentlicher Trägerschaft schaffen, der der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge verpflichtet ist und nicht Aktionären. Dieser würde die medizinische Versorgung der Patienten enorm verbessern und zugleich Köln die Chance bieten, sich unter den bundesweiten Top-Standorten Berlin, München und Heidelberg langfristig einen Spitzenplatz zu erarbeiten.

Sind die Arbeitsplätze bei den Kliniken sicher?

Die bestehenden Verträge würden weiterlaufen. Ich halte auch eine Jobgarantie für vorstellbar. Die Uniklinik hat in den vergangenen zehn Jahren ihre medizinischen Leistungen um 65 Prozent gesteigert und 3000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben bewiesen, dass wir für Wachstum und sichere Arbeitsplätze stehen. Wir wollen weiterwachsen, und dazu brauchen wir qualifizierte, motivierte Mitarbeiter. Durch einen Klinikverbund könnte die Medizin außerdem zu einem Job-Motor für ganz Köln werden.

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