L 11 KR 936/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 671/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 936/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Krankenkasse trägt die objektive Beweislast für den rechtzeitigen Zugang der Prüfmitteilung beim Krankenhaus.
Bei einer Direktbeauftragung des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung (MDK) durch die Krankenkasse ersetzt die Prüfanzeige des MDK gemäß § 6 Abs. 4 PrüfvV in
der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung (PrüfvV aF) die nach § 4 PrüfvV aF notwendige Prüfmitteilung der Krankenkasse. Die Prüfmitteilung bzw. Prüfanzeige nach den §§ 4, 6 PrüfvV aF
muss nicht die Art der Prüfung konkret bezeichnen, da die PrüfvV für die Zeit bis zum 31.12.2016 ohnedies nur für
die Auffälligkeitsprüfung, nicht aber für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit Anwendung findet.
Bei § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV aF handelt es sich um eine Frist, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspricht.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.01.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.404,66 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin der "A. Klinik" in P ... Das Krankenhaus ist in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen und zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter gemäß §§ 107, 108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V) zugelassen. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse.

Der am 22.08.1998 geborene M. K. (im Folgenden Versicherter) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er wurde vom 11.08. bis zum 14.08.2015 stationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. In der Schlussrechnung vom 18.08.2015 machte die Klägerin für die stationäre Versorgung des Versicherten die DRG I08F (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne äußerst schwere CC, mit mäßig komplexem Eingriff, ohne bestimmte Osteotomie, ohne Muskel- und Gewebeplastik) geltend und verlangte von der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 8.111,96 EUR. Die Beklagte beglich diesen Betrag zunächst.

Die Beklagte hat im Gerichtsverfahren ein Schreiben vom 20.08.2015 vorgelegt, welches sie an die Klägerin versandt habe. Die Klägerin bestreitet den Erhalt dieses Schreibens. In diesem Schreiben heißt es ua (Bl 34 Senatsakte):

"In dem vorbezeichneten Behandlungsfall haben wir direkt den MDK mit einer Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V beauftragt. Ein Vorverfahren wird unsererseits nicht eingeleitet. Der Krankenkasse stehen bei Auslösung des Begutachtungsauftrages nur begrenzte Erkenntnisse über den Behandlungsfall in Form von Daten nach § 301 SGB zur Verfügung. Daher ergeben sich aus ihrer Sicht Auffälligkeiten, welche die Einleitung einer Prüfung bedingen, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare Informationen Fragen nach der Richtigkeit der Abrechnung und/oder nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, welche die Krankenkasse aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und –bewertung durch den MDK nicht beantworten kann.

Ungeachtet der Tatsache, dass unsererseits schon im Hinblick auf die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V keine Prüfungen ohne detailliertes Hintergrundwissen erfolgen, liegen auch dieser Prüfung Gründe bzw Auffälligkeiten zugrunde, welche wir Ihnen nachfolgend mitteilen.

Nach Befundanforderung durch den MDK bitten wir um vollständige Vorlage der zur Beantwortung der Fragestellungen erforderlichen Unterlagen beim MDK.

[x] Eine Teilprüfung der Abrechnung [x] Weitere Erläuterungen/sonstige Prüfgründe: UGVD, OPS"

Am 24.08.2015 zeigte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) der Klägerin an, dass er von der Beklagten mit einer gutachtlichen Stellungnahme zum Aufenthalt des Versicherten beauftragt worden sei (Bl 32 Senatsakte). Für den Auftrag der Beklagten "nach § 275 Abs. 1c SGB V zur Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V" werde der Klägerin die Prüfung nach § 6 Abs 3 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) gem § 17c Abs 2 KHG angezeigt. Informationen zum Prüfanlass/Auffälligkeit könnten den Fragen der Beklagten entnommen werden. Als Fragen der Krankenkasse waren in dem Schreiben angegeben: "War die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer bzw. das Erreichen der UGVD medizinisch begründet? Ist/sind die Prozeduren korrekt?" Der MDK bat um Übermittlung von Unterlagen (Krankenhausentlassungsbericht, Tageskurven, Pflegedokumentationen, Operationsberichte, Interventionsprotokolle, Laborbefunde, Anamnese, Befunde bei Aufnahme, Nachweise zu OPS) bis zum 27.09.2015. Die Klägerin reagierte hierauf zunächst nicht.

Mit Schreiben vom 13.10.2015 zeigte die Beklagte der Klägerin sodann einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 5.404,66 EUR an, weil die vom MDK angeforderten Behandlungsunterlagen nicht übermittelt worden seien. Die Klägerin habe nur Anspruch auf den unstrittigen Betrag. Sie machte geltend, dass die Dauer der stationären Behandlung um 2 Belegungstage zu kürzen sei, die Kodierung OPS 5-784.Oh und 5-801.kh gestrichen werde und ZE somit entfalle. Mit undatiertem Schreiben, bei der Klägerin eingegangen am 29.12.2015, informierte die Beklagte über die zum 29.12.2015 erfolgte Verrechnung in Höhe von 5.404,66 EUR mit der unstreitigen Forderung der Klägerin anlässlich der Behandlung einer anderen Versicherten (E. K.).

Unter dem 05.01.2016 widersprach die Klägerin der Verrechnung. Sie wies die Beklagte darauf hin, dass diese selbst entgegen § 4 PrüfvV keine Auffälligkeit innerhalb von sechs Wochen nach Zugang der Krankenhausrechnung mitgeteilt habe. Daher habe nicht sie - die Klägerin - sondern die Beklagte eine Frist gemäß der PrüfvV versäumt.

Die Klägerin hat am 26.02.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie trägt vor, die Beklagte habe es entgegen § 4 Satz 1 PrüfvV in der im Jahre 2015 gültigen Fassung unterlassen, der Klägerin die Auffälligkeit innerhalb von sechs Wochen nach Eingang der übermittelten Daten und der entsprechenden Krankenhausrechnung so konkret wie möglich mitzuteilen und ihr zumindest die Art der Überprüfung zu nennen. Lediglich der MDK habe seine Beauftragung angezeigt. Dies entspreche nicht dem Wortlaut des § 4 Satz 1 PrüfvV. Danach könne die Krankenkasse die Mitteilung der Auffälligkeit sowie die Benennung der Art der Prüfung nicht an einen Dritten, insbesondere nicht an den MDK delegieren. Dies werde bestätigt durch die Anfang 2016 geänderte Fassung der PrüfvV, wonach nach Inkrafttreten der Neuregelung im Falle einer Direktbeauftragung auf eine Mitteilung der Krankenkasse verzichtet werden könne. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien bis zur Neuregelung eine Mitteilung durch die Krankenkasse selbst zwingend erforderlich gewesen sei. Selbst wenn man jedoch davon ausgehe, die Beklagte habe die Mitteilung über den Prüfanlass und die konkrete Benennung der Art der Prüfung dem MDK überlassen können, so werde das Schreiben des MDK vom 24.08.2015 diesen Maßstäben nicht gerecht. Es werde kein konkreter Prüfanlass oder gar eine konkrete Auffälligkeit benannt. Es fehle jeglicher Hinweis darauf, weshalb die Krankenkasse Zweifel daran habe, dass eine Überschreitung der unteren Grenzverweildauer medizinisch nicht begründet gewesen sein soll. Es lasse sich auch nicht entnehmen, weshalb die Beklagte an einer oder mehreren verschlüsselten OPS (Prozeduren) zweifle. Ebenfalls lasse sich nicht die Art der Prüfung entnehmen. Es sei unklar, ob es sich um eine Teilprüfung oder eine Vollprüfung handle. Es liege damit keine ordnungsgemäße Einleitung des MDK-Überprüfungsverfahrens vor. Die Klägerin sei demnach nicht verpflichtet gewesen, dem MDK Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Verrechnung vom 29.12.2015 sei demnach zu Unrecht erfolgt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie habe der Klägerin mit Schreiben vom 20.08.2015 eine Prüfmitteilung übermittelt. Der Nichterhalt dieser Prüfmitteilung sei lediglich eine Schutzbehauptung und offenkundig falsch. Es könne aber auch dahinstehen, ob diese Mitteilung bei der Klägerin eingegangen sei. Der MDK habe die Prüfung mit konkreter Angaben des Prüfgrundes und Prüfgegenstandes fristgerecht an die Klägerin versandt, was diese auch einräume. Damit sei die Frist zur Anzeige gewahrt. Es sei keine zwingende Voraussetzung, dass dies von ihrer Seite erfolge. Sinn und Zweck der Prüfanzeige sei es, das Krankenhaus über die Prüfung und deren Umfang zu informieren. Nach Ablauf der Frist müsse sich ein Krankenhaus auf eine Prüfung nicht mehr einstellen. Diese krankenhausseitigen Interessen seien hier vollumfänglich gewahrt. Eine Prüfanzeige ihrerseits sei deshalb entbehrlich gewesen, zumal diese keine weiteren Informationen enthalten habe. Das BSG habe im Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 14/13 R, deutlich gemacht, dass es zur Fristwahrung nicht darauf ankomme, dass der MDK gemäß § 275 Abs 1c SGB V die Prüfung fristgerecht anzeige. Habe die Krankenkasse dies mit einem Schreiben getan, sei es unschädlich, dass eine MDK-Mitteilung ggfs. außerhalb der Sechswochenfrist erfolgt sei. Zudem habe nach Auffassung des BSG (Urteil v 21.03.2013, B 3 KR 28/12 R) das Krankenhaus Informationsobliegenheiten und Pflichten, welche es verpflichteten, in Fällen von Eingriffen aus dem AOP-Katalog nach § 115b SGB V bereits bei Rechnungslegung die medizinischen Gründe für eine dennoch vollstationär durchgeführte Operation mitzuteilen. Dies sei vorliegend nicht erfolgt.

Am 15.06.2016 hat die Beklagte hilfsweise, für den Fall, dass das SG zu der Einschätzung gelange, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bestehe, Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zu verurteilen, dem MDK die angeforderten Unterlagen aus der Krankenakte sowie der Pflegedokumentation zum vollstationären Aufenthalt des Versicherten vom 11.08.2015 bis zum 14.08.2015 zur Prüfung der Abrechnung zu übergeben und die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten zu viel gezahlte Krankenhauskosten zu erstatten, sollte sich nach Herausgabe der Krankenhaus- und Pflegedokumentation sowie Auswertung durch den MDK ergeben, dass die Rechnung der Beklagten zum stationären Aufenthalt des Versicherten fehlerhaft ist und dies zu einer Reduzierung des Rechnungsbetrages führt.

Zur Begründung der hilfsweise erhobenen Widerklage trägt die Beklagte vor, die Klägerin habe bislang keine Unterlagen herausgegeben, obwohl sie bei fristgerechter Anzeige der MDK-Prüfung nach § 276 Abs 2 Satz 2 SGB V und im Rahmen der PrüfvV hierzu verpflichtet sei. Der Herausgabeanspruch ergebe sich aus § 276 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bzw § 7 Abs 2 PrüfvV. Sollte sich aufgrund der MDK-Prüfung eine Fehlerhaftigkeit der Abrechnung und in der Folge eine Überzahlung ergeben, so stehe der Beklagten gegenüber der Klägerin ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in entsprechender Höhe zu, weshalb die Klägerin in diesem Fall zur Erstattung zu verurteilen sei.

Mit Urteil vom 18.01.2017 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.404,66 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.12.2015 zu zahlen. Die Klage sei zulässig und begründet, da die Klägerin gegen die Beklagte noch einen Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 11.08. bis 14.08.2015 habe. Der Beklagten habe keine Erstattungsforderung zugestanden, mit der sie hätte aufrechnen können. Die ursprüngliche Zahlung des gesamten Rechnungsbetrages sei nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Beklagte sei mit Einwendungen gegen die Abrechnung und damit auch gegen die Höhe des Vergütungsanspruches ausgeschlossen, da sie entgegen § 275 Abs 1c SGB V iVm der PrüfvV das Prüfverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet habe. Entgegen § 4 PrüfvV habe es die Beklagte unterlassen, der Klägerin binnen einer Frist von sechs Wochen nach Eingang der Krankenhausrechnung die von ihr beanstandeten Auffälligkeiten so konkret wie möglich mitzuteilen. Der Zugang des Schreibens vom 20.08.2015 an die Klägerin sei nicht nachgewiesen. Auf das Schreiben des MDK vom 24.08.2015 könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Verpflichtung der Krankenkasse zur Anzeige der Prüfung nicht delegationsfähig sei. Zwar habe das Bundessozialgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 ausgeführt, dass sich auch aus einer Prüfanzeige durch den MDK für das Krankenhaus ohne Weiteres ergäbe, dass dem MDK ein Prüfauftrag erteilt worden sei und dass eine alleinige Prüfanzeige durch den MDK den Gesetzeszweck erfülle, diese Entscheidung sei jedoch vor Inkrafttreten der PrüfvV ergangen. Seit dem 01.01.2015 bestimme die PrüfvV, dass die Krankenkasse selbst dem Krankenhaus die Prüfung bzw die Beanstandungen innerhalb von sechs Wochen mitteilen müsse. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, die Rechnung der Klägerin sei mangels ausreichender Angabe medizinischer Gründe nicht fällig geworden. Insoweit müsse sich die Beklagte entgegenhalten lassen, dass die Rechnungslegung selbst für ausreichend bestimmt und fällig erachtet habe und diese auch zunächst beglichen habe. Die Widerklage sei zulässig aber unbegründet. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Herausgabe der Patientendokumentation an den MDK, da sie wegen Ablaufs der nach § 4 PrüfvV vorgegebenen 6-Wochen-Frist mit ein Einwendungen gegen die Abrechnung der Klägerin ausgeschlossen sei.

Gegen das ihr nach eigenen Angaben am 10.02.2017 zugegangene Urteil des SG hat die Beklagte am 10.03.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat sie voll umfänglich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Die Klägerin sei gemäß § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV verpflichtet gewesen, dem MDK binnen vier Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung zur Begutachtung benötigte Unterlagen zu übersenden, was jedoch nicht erfolgt sei. Daher habe sie nur noch einen Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag und gehe im Übrigen des Anspruchs verlustig (§ 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV). Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, eine Prüfmitteilung der Beklagten nicht erhalten zu haben. Zum einen stelle dies eine reine Schutzbehauptung dar. Zum anderen sei es ohnehin unerheblich, ob der Klägerin eine Mitteilung der Beklagten innerhalb der Frist zugegangen sei, da der MDK eine entsprechende Anzeige innerhalb der Frist am 24.08.2015 unter Angabe des Prüfgrundes und Prüfgegenstandes an die Klägerin versandt hatte, was in jedem Fall ausreichend sei. Beide Senate des Bundessozialgerichts hätten entschieden, dass eine Prüfanzeige durch den MDK ausreichend sei. Die PrüfvV könne insoweit keine anderen Zwecke verfolgen. Die PrüfvV schließe auch eine Mitteilung durch den MDK nicht aus. Außerdem habe das SG auch rechtsfehlerhaft angenommen, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, dass die Rechnung der Klägerin mangels Angabe von medizinischen Gründen zu § 115b SGB V nicht fällig geworden sei, denn das Krankenhaus habe entsprechende Informationsobliegenheiten und Informationspflichten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.01.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise

1. die Klägerin zu verurteilen, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg die angeforderten Unterlagen aus der Krankenakte sowie der Pflegedokumentation zum vollstationären Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus der Klägerin vom 11.08.2015 bis 14.08.2015 zur Prüfung der Abrechnung zu übergeben 2. die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten zu viel gezahlte Krankenhauskosten zu erstatten, sollte sich nach Herausgabe der Krankenhaus- und Pflegedokumentation sowie Auswertung durch den MDK ergeben, dass die Rechnung der Klägerin zum unter Ziffer 1 genannten Aufenthalt fehlerhaft ist und dies zu einer Reduzierung des Rechnungsbetrages führt,

weiter hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Ausführungen des SG Bezug. Die von der Beklagten ins Blaue hinein erhobene Behauptung, es würde sich beim Einwand der Klägerin, das Schreiben vom 20.08.2015 nicht erhalten zu haben, um eine Schutzbehauptung handeln, werde mit Nachdruck zurückgewiesen. Die Beklagte könne für diese Unterstellung keinerlei Indizien oder Anhaltspunkte anführen. Mit der Mitteilung des MDK vom 24.08.2015 habe die Beklagte nicht ihrer Verpflichtung nach § 4 PrüfvV in der im Jahr 2015 gültigen Fassung genügt. Vor Inkrafttreten der PrüfvV ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 275 Abs 1c SGB V könne nicht auf die PrüfvV übertragen werden. Vielmehr hätten die Vertragsparteien auf Bundesebene in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in § 4 Satz 1 PrüfvV in der damaligen Fassung die Verpflichtung für die Krankenkasse aufgenommen, dem Krankenhaus eine Mitteilung zukommen zu lassen. Dass diese Mitteilungspflicht der Krankenkasse nicht an den MDK delegiert werden könne, werde zudem durch die Novellierung der PrüfvV zum 01.01.2017 bestätigt. Schließlich zeige das Verhalten der Beklagten selbst, dass sie von einer die Krankenkasse treffenden Mitteilungspflicht ausgegangen sei. Die Krankenhausrechnung der Klägerin sei fällig gewesen, nachdem die Klägerin der Beklagten den entsprechenden Datensatz nach § 301 SGB V übermittelt habe. Aus diesem Datensatz ergebe sich die Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung. Mit dem Prüfauftrag an den MDK habe die Beklagte selbst zu verstehen gegeben, dass sie von der Fälligkeit der Rechnung ausgegangen sei. Zudem habe sie ohne Vorbehalt die Krankenhausrechnung innerhalb der Zahlungsfrist von 30 Tagen bezahlt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat zu Unrecht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 5.404,66 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.12.2015 an die Klägerin verurteilt. Der Klägerin stand gegen die Beklagte kein weiterer Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 11.08. bis 14.08.2015 in der genannten Höhe zu.

Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).

Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (idF des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22.10.2010, BGBl I S 2309) in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes v 17.03.2009, BGBl I S 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; idF durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.03.2009, BGBl I S 534) iVm der vorliegend für den Behandlungs- und Abrechnungsfall im Jahr 2015 nach § 17c Abs 2 S 1 KHG für das Jahr 2015 maßgeblichen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V in der Fassung für das Jahr 2015 (PrüfvV) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 vom 23.09.2014 (Fallpauschalenvereinbarung 2015 - FPV- 2015) sowie der nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 SGB V geschlossene Landesvertrag.

Wie das SG zutreffend entschieden hat, kann sich die Beklagte allerdings nicht darauf berufen, die Forderung der Klägerin sei mangels Angabe von medizinischen Gründen in der Rechnung, warum in Fällen von Eingriffen aus dem AOP-Katalog nach § 115b SGB V dennoch eine stationäre Operation durchgeführt worden ist, schon nicht fällig geworden.

Grundvoraussetzung der Fälligkeit eines entstandenen Anspruchs auf Vergütung von Krankenhausbehandlung eines Versicherten ist eine formal ordnungsgemäße Abrechnung. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen. Fehlt es an einer dieser Angaben, so tritt mangels formal ordnungsgemäßer Abrechnung bereits die Fälligkeit der abgerechneten Forderung nicht ein. Die Vergütungsforderung wird in diesem Falle erst später fällig, wenn das Krankenhaus seine Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten gegenüber der KK erfüllt hat. Zur hiernach gebotenen Information gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den "Grund der Aufnahme" und damit eine der zentralen Angaben, die eine KK für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt (vgl § 301 Abs 1 Nr 3 SGB V und hierzu BSG Urteil vom 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R, BSGE 117, 82). Lassen weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nr den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste, hat das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der KK die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen (BSG 21.04.2015, B 1 KR 10/15 R, NZS 2015, 578 mwN).

Ein Fall, in dem die Klägerin von sich aus weitere Angaben hätte machen müssen, ist hier nicht gegeben. Die von der Klägerin ua in Rechnung gestellten Prozeduren OPS 5-784 (Knochentransplantation und –transposition: Transposition von Spongiosa, autogen: Femur distal) und OPS 5801.gH (Offen chirurgische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Knorpelglättung, mechanisch [Chodroplastik]: Kniegelenk) sind im AOP-Vertrag nicht als ambulant durchführbare Eingriffe aufgeführt. Im Übrigen bestreitet die Beklagte nicht die Notwendigkeit der stationären Behandlung, sondern deren Dauer (Schreiben der Beklagten vom 13.10.2015, Bl 13 der SG-Akte).

Der (dem Grunde und der Höhe nach unstreitige) Vergütungsanspruch der Klägerin aus der Behandlung der Versicherten E. K. (Hauptforderung) ist jedoch durch Aufrechnung mit einem der Beklagten zustehenden Erstattungsanspruch wegen zu viel gezahlter Vergütung für die Behandlung des Versicherten (Gegenforderung) iHv 5.404, 66 EUR erloschen. Es fehlt entgegen der Auffassung des SG nicht an der für eine Aufrechnung gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm §§ 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erforderlichen Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufrechnen kann. Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 5.404,66 EUR zu, denn die Vergütung der von der Klägerin durchgeführten Behandlung des Versicherten erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund, da die Klägerin für die Behandlung des Versicherten vom 11.08. bis 14.08.2015 einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte nur in Höhe des unstrittigen Betrages hatte.

Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des SG mit Einwendungen gegen die Abrechnung und damit gegen die Höhe des Vergütungsanspruches nicht ausgeschlossen, da sie das Prüfverfahren entsprechend den Bestimmungen der Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (PrüfvV) gemäß § 17c Abs 2 KHG in der hier anzuwendenden und bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung eingeleitet hat. Die für stationäre Behandlungen ab dem 01.01.2015 geltende PrüfvV (abrufbar unter https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/ krankenversicherung 1/krankenhaeuser/abrechnung/abrechnungspruefung/KH 2014 08 04 Prue-fvV.pdf) findet vorliegend Anwendung, da es sich nicht um eine sachlich-rechnerische Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung handelt, die einem eigenen Prüfregime unterliegt, nicht von § 275 Abs 1c SGB V erfasst ist und auf die die PrüfvV keine Anwendung findet (BSG 23.05.2017, B 1 KR 24/16 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 8 mwN), sondern um eine Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 iVm mit Abs 1c SGB V.

Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung betrifft die Erfüllung der gesetzlichen und untergesetzlichen Informations- und Abrechnungs-Vorgaben für das Krankenhaus durch zutreffende tatsächliche Angaben und rechtmäßige Abrechnung auf dieser Grundlage. Das Krankenhaus verschafft damit der Krankenkasse Kenntnis vom abrechnungsrelevanten Behandlungsgeschehen und der Anwendung der hierauf bezogenen Abrechnungsregelungen. Hingegen ergeben sich die Auffälligkeiten, die zu Abrechnungsprüfungen verpflichten, aus der Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder dem Krankheitsverlauf. Sie folgen letztlich daraus, dass das Krankenhaus die Versicherten nicht wirtschaftlich iS von § 12 Abs 1 SGB V behandelt und deswegen die Abrechnung nicht ordnungsgemäß ist (zum Ganzen und zur Unterscheidung der beiden Prüfregime BSG 23.05.2017, B 1 KR 24/16 R aaO mwN).

Ob eine Krankenkasse einen Prüfauftrag mit dem Ziel der Abrechnungsminderung iS des § 275 Abs 1c S 3 SGB V oder der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung erteilt, bestimmt sich nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V; BSG 25.10.2016, B 1 KR 22/16 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 7). Der für die Auslegung des Auftrags maßgebliche wirkliche Wille (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 133 BGB) ergibt sich zuerst aus dem Schreiben des MDK vom 24.08.2015, in dem eine Prüfung nach § 275 Abs 1c SGB V angezeigt und wegen den im Raum stehenden "Auffälligkeiten" auf die Fragen der Beklagten verwiesen wird. Die (erste) Frage nach der Verweildauer des Patienten im Krankenhaus betrifft die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Die (zweite) Frage: "Ist/Sind die Prozeduren korrekt?" könnte sich für sich genommen auf die Korrektheit der Abrechnung beziehen. Die Formulierung "Ist/Sind " macht jedoch deutlich, dass es sich um einen Textbaustein handelt und nicht um eine auf den konkreten Fall bezogene Frage. Daher ist insgesamt nur von einer Auffälligkeitsprüfung iS einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung auszugehen. Schließlich sind auch beide Beteiligte des Verfahrens durchgehend und übereinstimmend davon ausgegangen, dass vorliegend die ordnungsgemäße Einleitung einer Auffälligkeitsprüfung nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V im Streit steht.

Die Prüfung nach § 275 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 1c SGB V ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs 1c S 2 SGB V). Näheres bestimmt die PrüfvV. Deren Vorgaben sind vorliegend erfüllt.

§ 4 PrüfvV lautet:

"Einleitung des Prüfverfahrens

1Erkennt die Krankenkasse bei der Prüfung nach § 3 Auffälligkeiten, die es erforderlich machen, eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistungen oder der Korrektheit deren Abrechnung nach § 275 Absatz 1c SGB V einzuleiten, hat sie dem Krankenhaus die Auffälligkeiten innerhalb von 6 Wochen nach Eingang der nach § 3 übermittelten Daten und der entsprechenden Krankenhausrechnung so konkret wie möglich mitzuteilen, und hierzu zumindest die Art der Prüfung wie folgt zu bestimmen:

• eine Teilprüfung der Abrechnung (bestimmte Diagnosen, bestimmte Prozeduren etc.), • eine Vollprüfung der Abrechnung (alle abrechnungsrelevanten Diagnosen/Prozeduren etc.), • eine Fehlbelegungsprüfung oder • Fragen zur Voraussetzung bestimmter Maßnahmen (medizinische Indikation, NUB etc.).

2Die Mitteilung muss dem Krankenhaus in dieser Frist zugehen."

Der Senat teilt zwar die Auffassung des SG, dass die Beklagte sich insoweit nicht auf das von ihr vorgelegte Schreiben vom 20.08.2015 berufen kann, in welchem sie Auffälligkeiten bei den Prozeduren beanstandet. Denn die Klägerin bestreitet den Zugang dieses Schreibens und die Beklagte kann den Zugang nicht nachweisen, was zu ihren Lasten geht.

Die Beklagte kann sich aber auf das Schreiben des MDK vom 24.08.2015 als ihr zurechenbare ausreichende Prüfmitteilung berufen. Die Beklagte kann sich zum einen des MDK als Boten bedienen, um innerhalb der Fristen der §§ 4 Satz 1, 6 Abs 2 Satz 2 PrüfvV dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen. Der Senat teilt die Auffassung des BSG (Urteil vom 27.11.2014, B 3 KR 7/13 R, SozR 4-2500 § 275 Nr 24), dass § 275 Abs 1c SGB V den Zweck verfolgt, dem Krankenhaus innerhalb der Sechs-Wochen-Frist Gewissheit zu verschaffen, ob die Krankenkasse eine Abrechnung als endgültig akzeptiert, weshalb eine Prüfanzeige des MDK innerhalb der Fristen der §§ 4 PrüfvV und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 275 Abs 1c SGB V gerecht wird. Zum anderen bestimmt § 6 Abs 1e PrüfvV, dass die Krankenkasse den MDK mit der Durchführung einer Prüfung nach § 275 Absatz 1c SGB V zu beauftragen hat, wenn es aus Sicht der Krankenkasse der direkten Beauftragung des MDK bedarf. In diesem Fall erfolgt die Beauftragung des MDK durch die Krankenkasse innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Absatz 1c Satz 2 SGB V (§ 6 Abs 2 Satz 2 PrüfvV). Der MDK hat sodann dem Krankenhaus die Einleitung der MDK-Prüfung, einschließlich des Datums seiner Beauftragung, unverzüglich anzuzeigen (§ 6 Abs 3 Satz 1 PrüfvV). In der Prüfanzeige sind die bei der Einleitung des Prüfverfahrens mitgeteilten Auffälligkeiten gegebenenfalls zu konkretisieren und, sofern in dem Vorverfahren weitere Erkenntnisse gewonnen wurden, zu ergänzen (§ 6 Abs 3 Satz 2 PrüfvV). Aus diesen Regelungen folgt, dass in den Fällen einer Direktbeauftragung des MDK durch die Krankenkasse die Prüfanzeige des MDK die sonst erforderliche Prüfmitteilung der Krankenkasse ersetzt.

Die an eine Prüfmitteilung bzw Prüfanzeige zu stellenden Voraussetzungen sind erfüllt. Die Anzeige des MDK (Schreiben vom 24.08.2015) genügt den Erfordernissen des § 6 Abs 2 und 3 PrüfvV und enthält die erforderlichen Angaben nach § 4 PrüfvV. Die Klägerin kann mit ihrem Vorbringen, es fehle die von § 4 Satz 1 PrüfvV zwingend vorgesehene Bestimmung der Art der Prüfung und die Angabe über eine (oder mehrere) der dort genannten Varianten, nicht durchdringen. Da die für das Jahr 2015 maßgebende PrüvV nur für Auffälligkeitsprüfungen gilt, ist die von der Klägerin verlangte Konkretisierung nicht erforderlich. Die Teilprüfung und die Vollprüfung und ebenso die Prüfung der Voraussetzung bestimmter Maßnahmen betreffen nur die sachlich-rechnerische Prüfung (Prozeduren). Von den in § 4 PrüfvV erwähnten Prüfungsarten ist nur die Prüfung der Fehlbelegung eine Auffälligkeitsprüfung. Diese vorliegend anstehende Fehlbelegungsprüfung hat der MDK der Klägerin in der Prüfanzeige mitgeteilt.

Die Klägerin hat nur Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag, da sie dem MDK die von diesem fristgerecht angeforderten Unterlagen ihrerseits nicht innerhalb der Frist des § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV übermittelt hat. Noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.04.2018 hat die Klägerin der Anregung des Senats widersprochen, der Beklagten die angeforderten Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

§ 7 Abs 2 PrüfvV lautet:

"1Die Prüfung vor Ort richtet sich nach den Vorgaben des § 276 Absatz 4 SGB V. ²Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. 3Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. 4Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag."

Die Regelung des § 7 Abs 2 Satz 3 und Satz 4 PrüfvV sind von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs 2 KHG gedeckt. Danach regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c SGB V; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V möglich. Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§ 275 bis 283 SGB V bleiben im Übrigen unberührt. Bereits der Wortlaut der Regelung des § 17c Abs 2 KHG legt nahe, dass den Vertragsparteien ein gewisser Spielraum eingeräumt worden ist, welche Inhalte sie für regelungsbedürftig und –relevant halten, indem das "Nähere zum Prüfverfahren nach § 275c SGB V" geregelt werden kann. Die Gesetzesbegründung weist diesbezüglich darauf hin, dass die Benennung der zu vereinbarenden Regelungsinhalte in § 17c Abs 2 KHG nicht abschließend sei (BT-Drs 17/13947, S 38). Außerdem nennt die Gesetzbegründung auch beispielhaft die Abwicklung von Rückforderungen und die Zulässigkeit von Aufrechnungen mit offenen Forderungen (BT-Drs 17/13947, S 38), weshalb auch die Voraussetzungen dieser Sachverhalte einer Regelung in der PrüfvV zugänglich sind. Den Vertragsparteien ist damit ein Spielraum eingeräumt, die Modalitäten für die Abrechnungsprüfungen festzulegen. Dazu können Regelungen zur Prüfungsdauer und zu Fristen für die Einreichung von Unterlagen gehören; es liegt im Interesse beider Beteiligten, in absehbarer Zeit Klarheit zu erhalten und eine zügige endgültige Abrechnung zu gewährleisten. Um die Einhaltung von Fristen durch die Vertragsparteien sicher zu stellen, können auch Folgen bei Vorliegen von Fristversäumnis vereinbart werden.

Bei § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV 2014 handelt es sich um eine Frist, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspricht. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob die Frist eine Ausschlussfrist ist (dafür SG Köln 04.05.2016, S 23 KN 108/15 KR; SG Reutlingen 14.03.2018, S 1 KR 2084/17, dagegen SG Gießen 10.11.2017, S 7 KR 70/16; SG Detmold 31.03.2017, S 24 KR 230/16). Eine "klassische" Ausschlussfrist liegt nicht vor, weil das Krankenhaus im Fall einer Fristversäumung nur dann mit der kompletten Vergütungsforderung ausgeschlossen ist, wenn die Krankenkasse der Meinung ist, dass dem Krankenhaus gar kein Anspruch auf Vergütung zusteht. Die Wirkung einer Versäumung der Frist des § 7 Abs 2 Satz 3 PrüfvV ist in § 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV jedoch ausdrücklich bestimmt. Danach steht dem Krankenhaus bei einer nicht fristgerechten Vorlage der angeforderten Unterlagen nur ein Anspruch auf den unstrittigen Betrag zu. Diese Regelung ist abschließend; in ihrer Wirkung entspricht sie in Bezug auf den strittigen Betrag einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 S 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63, § 52 Abs 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Mit der Klage hat die Klägerin einen Zahlungsanspruch i.H.v. 5.404,66 EUR geltend gemacht; Zinsen sind als Nebenforderung nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 43 Abs 1 GKG). Die Streitwerte von Klage und (Hilfs-)Widerklage sind vorliegend nicht zu addieren, weil wirtschaftlich die gleiche Forderung im Streit steht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl 2017, § 100 RdNr 7).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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