Darmstädter Klinikum will künftig stundenlange Wartezeiten...

Personalnot: Von Januar bis März waren in der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Darmstadt mehr als dreieinhalb Vollzeitstellen nicht besetzt. Doch das soll sich in absehbarer Zeit ändern. Foto: Andreas Kelm
© Andreas Kelm

Immer wieder ärgern sich Patienten und Angehörige über lange Wartezeiten. Die Klinikum-Leitung will an mehreren Stellschrauben drehen, um das Warten zu verkürzen: So werden...

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DARMSTADT. Immer wieder ärgern sich Patienten und Angehörige über lange Wartezeiten. Die Klinikum-Leitung will an mehreren Stellschrauben drehen, um das Warten zu verkürzen: So werden bis zum Sommer bislang offene Pflegepersonalstellen besetzt und die Organisation verbessert. Ab 2020/2021 soll zudem mit dem Einzug in den Neubau eine Zone geschaffen werden, in der chirurgische Ambulanzpatienten versorgt werden. Das Klinikum erhofft sich davon, in Stoßzeiten flexibler reagieren zu können.

Eine Frau (Name der Redaktion bekannt) muss von 14.15 bis 22.20 Uhr - also acht Stunden - in der Zentralen Notaufnahme des Klinikums warten, bis sie von einer Ärztin untersucht wird: Dabei hatte sie sogar eine Überweisung ihrer Hausärztin dabei, zur Überprüfung eines Verdachts auf Bandscheibenvorfall. Ihr Mann ist empört. "Mit uns saßen noch etwa 15 andere Personen im Wartebereich, darunter Eltern mit kleinen Kindern und Senioren", schreibt er dem ECHO. Geschehen sei in dieser Zeit nahezu nichts.

Seit Anfang April werden Meinungsbögen verteilt

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Die Notaufnahme stößt aufgrund ihrer baulichen Strukturen und mit Blick auf das steigende Patientenaufkommen an ihre Kapazitätsgrenzen, heißt es in einer Stellungnahme des Klinikums. "Da die Wartenden keine Einsicht in den inneren Bereich nehmen können, mag es für die Wartenden so scheinen, als würde über Stunden nichts passieren."

Übersetzt heißt das: Während im OP Ärzte und Pflegende um Menschenleben kämpfen, müssen andere warten. Wer zuerst drankommt, wird mithilfe eines Triage-Systems ermittelt: Jeder Patient, der in der Notaufnahme ankommt, wird daraufhin gecheckt, wie dringend seine Beschwerden sind. Patienten mit akuten, schwerwiegenden Symptomen haben Vorrang. Seit kurzem läuft im Wartebereich ein Erklärfilm, der das Triage-System und die daraus resultierende Wartezeit erläutert.

Die Notaufnahme wird derzeit von einem interdisziplinären Dreierteam geleitet: den Professoren Dr. Michael Wild, Dr. Werner Riegel und Dr. Rainer Kollmar. Sie haben nach eigenen Angaben in den vergangenen Monaten über organisatorische Defizite gesprochen und auch Personalgespräche geführt. Seit Anfang April wird zudem jeder Patient der Notaufnahme um ein Feedback gebeten. In den ersten drei Wochen sind 134 Meinungsbögen von Patienten ausgefüllt und abgegeben worden. "Acht enthielten negative Bewertungen oder keine Weiterempfehlung", teilt Klinikumssprecherin Eva Bredow-Cordier mit.

Die gute Nachricht für Notfallpatienten: Bereits in den kommenden Monaten soll sich einiges ändern. Ab 1. Juni wird eine spezielle Behandlungseinheit für Patienten, die zu Fuß in die Notaufnahme kommen, eingeführt und erprobt. Ziel ist, ihnen im Rahmen des Triage-Systsems eine schnellere Diagnostik und Behandlung zu ermöglichen und damit die Wartezeit zu reduzieren. Zudem soll die Zeit bis zum ersten Arztkontakt durch eine interne Umstellung der Behandlungsabläufe verkürzt werden.

Ebenfalls ab 1. Juni wird ein Cockpit in der Notaufnahme eingerichtet: Dort soll eine Pflegekraft sitzen, die sich um die Wartenden kümmern und die Stimmung bei Bedarf entschärfen soll. Das Cockpit wird an allen Tagen von 9 bis 20 Uhr besetzt sein. Die Kräfte werden intern geschult, ist das Cockpit nicht besetzt, übernehmen die Mitarbeiter der Rezeption die Betreuung der Wartenden.

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Bezug des Neubaus soll Lage entspannen

Zur Jahresmitte sollen die noch offenen Pflegepersonalstellen besetzt werden. Eine Werbeinitiative habe erste Erfolge gezeigt. "In den vergangenen Monaten war der pflegerische Dienst im Schnitt zwischen Januar und März um 3,64 Vollzeitstellen unterbesetzt", so Klinikchef Wild.

Gute Nachrichten also, allerdings geht die Leitung davon aus, dass sich erst mit Bezug des Neubaus 2020/2021 die Wartezeiten spürbar verbessern werden. Die neue Notaufnahme wird von der Fläche her dreimal so groß sein wie derzeit. Eine massive Verkürzung der Wartezeiten erhoffen sich Wild und seine Kollegen dadurch, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst mit sechs Untersuchungs- und Behandlungsräumen direkt an die Notaufnahme angeschlossen ist - tagsüber könnten dort auch Ambulanzpatienten versorgt werden, wenn der Wartebereich aus allen Nähten platzt.