Geschasste Reha-Klinikchefin klagt gegen Oberlinhaus Potsdam
Unmittelbar angrenzend an das Bad Belziger Gelände der Rehabilitationsklinik „Hoher Fläming" gibt es zwei Wohnhäuser im Privatbesitz der bisherigen Klinikchefin Katrin T. Eberhardt.
Quelle: Thomas Wachs
Brandenburg/H. Katrin T. Eberhardt klagt vor dem Arbeitsgericht Brandenburg/Havel gegen ihre Abberufung als Geschäftsführerin des Reha-Klinikums "Hoher Fläming"im Oberlinhaus" in Bad Belzig. Weil das Vertrauen dahin sei, hat ihr der Vorstand der christlichen Unternehmensgruppe im März den Stuhl vor die Tür gesetzt. Eine Trennung scheint tatsächlich unvermeidlich.
Doch die Forderung der langjährigen Reha-Klinikchefin, dass ihr Arbeitgeber weiterhin die Betriebskosten ihres Privathauses auf dem Klinikgelände bezahlt, stößt auf entschiedenen Widerstand.
Katrin Eberhardt (54) ist seit 30 Jahren in der Reha-Klinik beschäftigt und hat sich hochgearbeitet zur Geschäftsführerin. Soweit bekannt steht das Krankenhaus in Bad Belzig wirtschaftlich sehr gut da. Niemand wirft der Chefin folglich eine schlechte Betriebsführung vor.
Vorstand: Vertrauen ist zerstört
Doch das Vertrauen ist aus Sicht des Oberlinhaus-Vorstandes dahin, weil sie und die Geschäftsführer von drei weiteren Oberlinhaus-Tochtergesellschaften eben diesem Vorstand im Herbst 2017 in einem Schreiben an den Aufsichtsrat "fragwürdiges" Verhalten vorgeworfen haben.
Gegen ihren Rauswurf hat die Geschäftsführerin eine Kündigungsschutzklage in die Wege geleitet. Ihre Teilnahme am Gütetermin am Montag vor dem Arbeitsgericht sagt Eberhardt aus privaten Gründen jedoch kurzfristig ab. Erschienen sind ihr Rechtsanwalt Rolf Zeißig und für die beklagte Gegenseite Oberlinhaus-Vorstand Matthias Fichtmüller mit seinem Anwalt Christoph Wolf.
Zeißig schildert die Position der geschassten Geschäftsführerin. Als Arbeitnehmerin habe sie dreißig Jahre für das Haus ihre Dienste erbracht, erfolgreich gewirkt – ohne wirtschaftliche Schieflagen oder Pflichtverstöße. Sogar das 30-Jahre-Dienstjubiläum habe der Vorstand noch mit Katrin Eberhardt gefeiert.
Kritik in Zeiten des Whistleblowing
Für legitim und erwünscht in „Zeiten des Whistleblowings“ hält es der Jurist, dass sich seine Mandantin mit ihren Geschäftsführerkollegen wegen der „fragwürdigen Sachverhalte“ in der Vorstandsarbeit an den Aufsichtsrat gewandt hat. Das dürfe ihr doch nicht zum Nachteil gereichen.
Doch von diesem Zeitpunkt an sei das Dienstverhältnis in eine Schieflage geraten. Die Kündigung der Verwaltungschefin wertet Eber- hardts Rechtsanwalt als einen Verstoß gegen das „Maßregel- und Schikane-Verbot“, dem der Arbeitgeber unterliege. Zeißig erinnert vor Gericht daran, dass zwei der Beschwerde führenden Geschäftsführer inzwischen ausgeschieden seien und bei den anderen beiden jeweils noch ein Rechtsstreit geführt werde.
Wirtschaftsprüfer haben angeblich nichts beanstandet
„Das Vertrauen ist zerstört worden“, entgegnet Oberlinhaus-Anwalt Alexander Wolff. Die Versuche des Vorstands, es wiederherzustellen, seien gescheitert. Keineswegs also verstoße der Arbeitgeber gegen das Maßregelverbot.
Die Vorwürfe der vier Geschäftsführer habe inzwischen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young geprüft und im Resultat nichts beanstandet.
Beide Seiten signalisieren im Arbeitsgerichtsverfahren die Bereitschaft, sich auf eine außergerichtliche Trennung zu verständigen. Doch die Vorstellungen, unter welchen Bedingungen das geschehen könnte, liegen noch weit auseinander.
Eine Verständigung scheint am ehesten möglich in Bezug auf den Zeitpunkt, zu dem das Dienstverhältnis beendet wird. Das Oberlinhaus Potsdam hat inzwischen angeboten, nicht mehr auf dem 31. Mai zu bestehen und nennt als Termin nun den 31. August 2018. Die Klinikchefin will bis Jahresende weiter in Lohn und Brot stehen. Strittig ist auch die Dienstwagenfrage. Eberhardt möchte ihren Audi TT behalten. Das Oberlinhaus bietet ihr den Kauf zum aktuellen Wert an.
Größte Hürde vor der Einigung sind vermutlich die Betriebskosten
Die größte Hürde steht jedoch vor dem Haus auf dem Klinikgelände in Bad Belzig, das die geschasste Chefin bewohnt. Sie fordert vom Unternehmen, dass es die Betriebskosten dafür sowie die Kosten für den Gärtner wie bisher übernimmt – praktisch auf Lebenszeit.
In den nächsten beiden Wochen wollen beide Seiten miteinander klären, ob sie eine Regelung hinbekommen. Sonst würde die Arbeitsgerichtskammer von Heidi Müßig am 30. August entscheiden.
Die Arbeitsrichterin und ihre Kammer müssten als erstes darüber befinden, ob Katrin Eberhardt vor dem Arbeitsgericht klageberechtigt ist. Das hängt daran, ob die Fremdgeschäftsführerin als Arbeitnehmerin einzustufen ist, die unter das Kündigungsschutzgesetz mit den dort festgelegten Kündigungsfristen fällt. Zu prüfen wären die genauen Vertragsvereinbarungen.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ