Oldenburg - Das Klinikum Oldenburg kann sein jährliches Ergebnis um bis zu 43 Millionen Euro verbessern. Zu diesem Ergebnis sind die Gutachter der Boston Consulting Group (BCG) gekommen, die das größte Oldenburger Krankenhaus im Auftrag der Stadt unter die Lupe genommen haben. Das Klinikum war zuletzt tief in die roten Zahlen gerutscht.

Nach Ansicht der Gutachter kann die aktuelle Finanzlücke bis 2022 geschlossen werden, wenn verschiedene Vorschläge umgesetzt werden. Allen voran soll die Auslastung der 828 Klinikbetten von derzeit 76 Prozent auf 85 bis 88 Prozent erhöht werden. Zudem soll eine „optimierte“ Verweildauer der Patienten helfen, den Erlös zu steigern. Auch soll die aktuell unterdurchschnittliche Anzahl von Privatpatienten steigen.

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Das Gutachten, das Dr. Zun-Gon Kim (BCG) am Mittwoch den Mitgliedern des Oldenburger Stadtrats und Klinikum-Vertretern vorstellte, zeigt aber auch: Die aktuelle Krise mit Schlagzeilen unter anderem zur Trennung von Chefarzt Prof. Dr. Hans-Rudolf Raab oder zum Fall des Klinikmörders Niels Högel sind belastende Effekte – sie sind aber nicht der einzige Grund für die finanzielle Schieflage des Hauses. Zwischen den Zeilen lässt sich die Frage herauslesen, ob der Vorstand des Klinikums immer alle betriebswirtschaftlichen Hausaufgaben erledigt habe. „Wir haben viele Steine umgedreht und viel gefunden“, sagte Kim dazu, „darunter aber auch Positives.“ Dennoch brauche das Klinikum „einen grundsätzlichen Turnaround“.

Alleiniger Vorstand ist seit 2012 Dr. Dirk Tenzer. Die BCG-Prüfer machen zur künftigen Rolle Tenzers keine Aussage. Wohl aber findet sich in ihrem Gutachten die deutliche Empfehlung, den Vorstand zu erweitern auf zwei oder besser noch drei Personen. Ein alleiniger Vorstand sei eine absolute Ausnahme bei vergleichbaren Häusern, so Kim.


Tenzer selbst gab auf Nachfrage der NWZ keine Stellungnahme ab. In einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter des Klinikums vom Dienstag hatte er betont, dass das Haus an der Erstellung des Gutachtens aktiv mitgearbeitet habe. Das Gutachten nehme „in seinen wesentlichen Bestandteilen“ das im Klinikum entwickelte Projekt „Kurskorrektur 2018“ auf.

In der Mitarbeiterinformationen schreibt Tenzer auch, dass er für 2018 nicht erneut mit einem zweistelligen Millionen-Minus rechne, sondern ein Defizit von weniger als drei Millionen Euro erwarte. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Rückstellungen in Höhe von 6,2 Millionen aus dem Fall Raab aufgelöst werden.

Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) betonte noch einmal, dass es im Klinikum keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde und dass eine Privatisierung ausgeschlossen sei. „Es geht darum, das Klinikum als kommunales Haus nachhaltig aufzustellen“, sagte er. Dabei gehe es auch um die Frage: „Reicht es eigentlich, immer nur auf eine schwarze Null zu setzen?“ Die Stadt wolle das Klinikum „zukunftssicher“ aufstellen – „mit dem Ziel, die beste Medizin für Oldenburg und die Region zu kriegen“.

In einem ersten Schritt soll es jetzt im Klinikum um Erlössteigerungen gehen. Das mache gut die Hälfte der „Potenziale“ zur Ergebnisverbesserung aus, sagte Gutachter Kim. In einem zweiten Schritt soll es dann auch um Fragen der Kostensenkung gehen. Auch Personalkosten könnten dabei eine Rolle spielen. Auf die Frage, ob das mögliche Gehaltseinbußen für Mitarbeiter bedeuten könne, antwortete Oberbürgermeister Krogmann: „Wir haben ja Tarife.“

Noch im September soll sich der Verwaltungsrat des Klinikums mit den Vorschlägen der Gutachter beschäftigen. Das Aufsichtsgremium, das größtenteils mit Ratspolitikern besetzt ist, ist in der aktuellen Krise selbst unter Beschuss geraten; es gebe zu wenig Fachkompetenz, beklagten Kritiker wiederholt. Zum Verwaltungsrat trifft das Gutachten aber keine Aussage.