Brake - Auch traurige Nachrichten gehen bei Dorothee Stenull über den Schreibtisch: „Das geht einem schon sehr nah, besonders wenn es junge Menschen betrifft“, berichtet die Angestellte im Medizinischen Schreibdienst des St.-Bernhard-Hospitals über einen kleinen Teil ihrer Arbeit. Denn auch das Verfassen von Sterbebriefen gehört in einer Klinik dazu. Alltag wird das allerdings nie.

Ansonsten ist der Arbeitstag von Dorothee Stenull und ihren fünf Kolleginnen abwechslungsreich. Zwar dominiert das Abtippen von diktierten Anamnesen, OP-Berichten, Reha-Anträgen und Visiten, all das sei aber „unheimlich vielfältig“. Auch stehe man in engem Kontakt mit Ärzten und Pflegepersonal – „man kommt viel im Haus rum“.

Die Brakerin schreibt hauptsächlich für die Allgemein- und die Gefäßchirurgie. Und dabei sitzt ihr und den Kolleginnen meist die Zeit im Nacken: „Alles, was wir bekommen, soll am besten sofort geschrieben werden. Das ist fast schon eine Just-in-Time-Produktion“, schmunzelt sie. Dazu gehören zum Beispiel täglich die Entlassungsbriefe. Zum Glück kommen die gestaffelt: aus der Orthopädie ab 8 Uhr, aus der Chirurgie ab 11 Uhr. Nachmittags sind dann die OP-Berichte an der Reihe. Weniger planbar ist da Post aus der Notfallambulanz, die jederzeit dazwischen kommen kann.

Auch ihre Arbeit wird zunehmend digitaler – auch wenn die alte Kassette längst noch nicht bei allen Ärzten ausgedient habe. Haben die Mediziner früher zudem alles auf Papier hochgegeben, pflegen sie heutzutage schon viel selber in den Computer ein. Dafür sei der Dokumentationsaufwand enorm gewachsen, zieht Dorothee Stenull einen Vergleich mit vergangenen Zeiten.

Apropos Diktieren: Wie steht es eigentlich mit dem ganzen Fachvokabular der Ärzte? „Man kann nicht immer alles verstehen, was die Ärzte diktieren“, verrät Dorothee Stenull. Auch wenn sie als gelernte Arzthelferin über gute medizinische Kenntnisse verfügt. Sehr hilfreich sei da die Liste mit gefäßchirurgischen Fachbegriffen, die der leitende Oberarzt der Abteilung, Dr. Christoph Wilmanns, dem Schreibdienst zur Verfügung gestellt hat. Und zur Not hilft auch mal „Kollege Google“ bei der Suche nach der richtigen Schreibweise. „Man lernt hier auf jeden Fall einiges über Krankheiten. Und jeden Tag etwas Neues dazu.“


Viel zu schreiben gibt es auch hinter einer anderen Tür des Krankenhauses: Medizincontrolling steht auf dem Schild daneben. Hier sind es vor allem Buchstabe-Zahlen-Kombinationen, die jedem Laien in den Wahnsinn treiben würden.

Jeanette Giel und Elke Diekmann sitzen an ihren Schreibtischen, auf denen eine Unmenge an Büchern, Listen und Ordnern zum Greifen nah liegen: Kodierleitfaden für Hämatologie/Onkologie steht auf dem einen, OPS 2018 auf dem anderen, ICD-10-GM auf einem dritten. Und genau darum geht es in diesem und im benachbarten Büro: Aus Befunden werden hier Buchstaben-Zahlen-Kombinationen.

„Es gibt genaue gesetzliche Vorschriften, wie welche Leistungen abzurechnen sind“, erzählt Jeanette Giel. Und mit den Kassen wird nicht etwa ein Dickdarm-Verschluss abgerechnet, sondern ein K 56.7.

Jede Diagnose, jede Behandlung, einfach alles im Kranken-haus hat einen eigenen Code. Deshalb stehen auf der Rechnung, die an die Krankenkasse gehen, auch nicht nur eine Buchstaben-Zahlen-Kombination, sondern stets eine ganze Reihe. Und die bilden dann den einzelnen Fall. Nur Experten können aus ihnen wiederum Krankheit und Behandlung ableiten – und das oft auch nur unter Zuhilfenahme der Leitfäden.

Elke Diekmann und die drei anderen klinischen Codierfachkräfte – als Arzthelferinnen und Krankenpfleger sämtlich mit medizinischer Vorbildung – sind auch erste Ansprechpartner des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Denn die Kostenträger haben einen genauen Blick auf die Abrechnungen. So darf die für den Fall festgelegte Verweildauer nicht überschritten werden – oder muss zumindest genau begründet werden.

Eine ihrer Aufgaben ist es daher auch, darauf zu achten, dass die Patientenakten ordentlich geführt werden, dass die Dokumentation der Behandlungsschritte lückenlos ist. Denn nur, was in den Akten steht, kann auch abgerechnet werden.

Markus Minten
Markus Minten Stadt Oldenburg und Ammerland (Leitung)