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Nauen

Keine Hebammen: Klinik in Nauen schließt Kreißsaal

Die Entbindungsstation wird geschlossen.

Die Entbindungsstation wird geschlossen.

Nauen. Nachdem es bereits Gerüchte gab, steht es jetzt fest: Die Havelland Kliniken haben am Freitagmorgen bestätigt, dass die Entbindungsstation in Nauen zumindest vorübergehend geschlossen wird. Grund ist Personalmangel, heißt es.

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„Die Havelland Kliniken sehen sich leider gezwungen, ihr Entbindungsangebot vorübergehend zu halbieren und ab 1. Oktober 2018 den Kreißsaal in Nauen vorerst zu schließen. Eine kontinuierliche und sichere Betreuung der Entbindung an diesem Standort ist mit der aktuellen personellen Besetzung nicht zu gewährleisten“, sagt Pressesprecherin Babette Dietrich. Die personelle Situation habe sich Anfang der Woche in Nauen drastisch zugespitzt. „Wir haben aktuell nur noch drei Hebammen im Einsatz, die sämtliche Dienste an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr abdecken müssten“, sagt sie.

Heftiger Einschnitt

Die Schließung ist ein heftiger Einschnitt für das Osthavelland. Allein im Vorjahr gab es in Nauen knapp 400 Geburten und angesichts des anhaltenden Zuzugs junger Familien ist die Tendenz steigend.

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Der Schritt falle der Klinikleitung nicht leicht, denn die Geburtshilfe sei von Beginn an fester Bestandteil des Leistungsspektrums des Hauses, so die Sprecherin weiter. Hinsichtlich des Fachkräftemangels sei die Situation in der Geburtshilfe allgemein besonders angespannt, denn bundesweit klagen viele Kliniken, dass sie zu wenige Hebammen haben, um eine stabile Versorgung der Schwangeren zu gewährleisten.

Nicht ausreichend Personal

„Es war und ist uns wichtig, als einziger Klinikbetreiber in der Region Gynäkologie, Geburtshilfe und Kinderheilkunde anzubieten. Doch wenn nicht ausreichend Personal mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung steht, halten wir es für verantwortungsvoller, eine klare Situation für die Schwangeren im Havelland zu schaffen“, so Babette Dietrich.

Alternativen für die Entbindung

Werdende Mütter müssen nach Schließung des Nauener Kreißsaals nun auf andere Kliniken ausweichen.

Alternativen sind unter anderem die Klinik in Rathenow, das Waldkrankenhaus Spandau oder die Kliniken in Potsdam, Neuruppin und Oranienburg. Kontakt für Rathenow: 03385/5553450). Info-Abende des Kreißsaals sind jeden 1. Donnerstag im Monat ab 18 Uhr – am 4.10., 1.11. und 6.12.

Im Waldkrankenhaus Spandau ist die Nauener Situation bekannt. Frauen, die kurz vor der Geburt stehen, können sich direkt dorthin wenden und werden im Rahmen der Möglichkeiten aufgenommen.

Frauen, die erst demnächst entbinden, werden gebeten, sich auf der Internetseite des Evangelischen Waldkrankenhauses Spandau mit dem entsprechenden Formular anzumelden.

So stehen offenbar derzeit nicht genug Hebammen unter Vertrag, um ein standortübergreifendes Modell sicherzustellen. Es seien diverse Varianten geprüft worden, doch im Ergebnis konnte keine tragfähige Lösung gefunden werden. „Auch die laufenden intensiven Bemühungen zur Gewinnung weiterer Hebammen haben noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt“, sagt die Pressesprecherin.

So wurden zwar bereits Verträge mit Auszubildenden geschlossen, doch bis diese Nachwuchskräfte voll einsatzfähig sind, werde eben noch drei Jahre dauern.

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In Rathenow geht Betrieb weiter

In der Klinik Nauen wird somit der Kreißsaal vorübergehend geschlossen. In der Klinik Rathenow, dem zweiten Standort der Havelland Kliniken, wird hingegen der Kreißsaal-Betrieb wie gewohnt und in vollem Umfang fortgesetzt.

Mit den Schwangeren, die sich in Nauen bereits zur Entbindung angemeldet haben, will die Klinik direkt Kontakt aufnehmen und klärt das weitere Verfahren ab. Dazu zählt auch, ob beispielsweise auch eine Entbindung am Standort Rathenow für sie in Betracht kommt.

Gesundheitliche Betreuung wird aufrecht erhalten

Die gesundheitliche Begleitung für Schwangere soll aber aufrecht erhalten werden. Zwar sind Geburten in der Klinik Nauen aktuell nicht möglich, doch Behandlungen während der Schwangerschaft erfolgen weiterhin. Beschwerden können trotz der vorläufigen Schließung des Kreißsaals behandelt werden, auch stationär, betont Babette Dietrich. CTGs sowie Ultraschalle werden vom Ärzteteam der Gynäkologie durchgeführt.

Parallel dazu sollen die Maßnahmen zur Verstärkung des Hebammenteams intensiv weiter laufen. Dies werde auch für Yvonne Schwarz, die ab Montag ihre Stelle als neue Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in den Havelland Kliniken antritt, zu den dringlichsten Aufgaben zählen.

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Unmut bei den werdenden Müttern

Derweil kocht der Unmut bei den werdenden Müttern hoch. „Ich bin sauer und wütend“, sagte etwa Julia Schmohl aus Nauen. Sie ist in der 22. Woche schwanger, hat Anfang Februar Termin. Von einer Freundin erfuhr sie am Donnerstag, dass der Kreißsaal geschlossen wird.

Sie selbst und auch mehrere Angehörige ihrer Familie sind in Nauen geboren, „und jetzt soll ich woanders hin?“ Sie hofft nun, dass sie im Waldkrankenhaus in Spandau entbinden kann. Trotzdem: „Das ist schon etwas, was mich bedrückt und belastet“, sagt die 34-Jährige.

Meger: „Eine Katastrophe“

Deutlich wurde Nauens Bürgermeister Manuel Meger (LWN): „Das ist für Nauen eine Katastrophe.“ Er hat schon viele Anfragen per Telefon und Mail von besorgten Frauen erhalten. „Wir sind eine wachsende Stadt, die Geburtenzahlen steigen und dann schließen wir den Kreißsaal“, sagt er kopfschüttelnd.

Meger sieht den Geschäftsführer der Havelland Kliniken in der Pflicht, eine Lösung zu finden und will auch den Landkreis als Gesellschafter der Kliniken bitten, entsprechend einzuwirken. „Denn was einmal weg ist, ist schwer wieder zu installieren.“

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Personalproblem eventuell hausgemacht?

Wie Annett Lahn vom Nauener Familien- und Generationenzentrum sagte, habe die Nachricht beim Frühstück der Eltern-Kind-Gruppe für Unruhe gesorgt. „In meiner frühkindlichen Elternberatung wenden sich immer wieder frustrierte Eltern an mich, die keine Hebamme finden. Bis vor einem Jahr bot hier im FGZ eine in der Klinik angestellte Hebamme Geburtsvorbereitungskurse und Rückbildungsgymnastik an. Sie hörte frustriert auf, weil sie mit der Bezahlung, den Arbeitsbedingungen und der hohen Kaiserschnittrate in der Klinik nicht einverstanden war. Es stellt sich die Frage, ob das Personalproblem nicht hausgemacht ist“, sagt sie.

Von Andreas Kaatz

MAZ

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