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Unterm Strich

Durchwurschteln in Krankenhäusern

Vier Tage war eine Station im Nordstadtkrankenhaus geschlossen. Die Verantwortlichen hätten merken müssen, dass sich Überstunden anhäufen, meint HAZ-Kommentator Mathias Klein.

Vier Tage war eine Station im Nordstadtkrankenhaus geschlossen. Die Verantwortlichen hätten merken müssen, dass sich Überstunden anhäufen, meint HAZ-Kommentator Mathias Klein.

Hannover. Eigentlich lief es gerade ziemlich gut in Hannovers Klinikum. Die Finanzen sind, soweit es bekannt ist, in Ordnung. Und die dreiköpfige Geschäftsführung gibt ein einheitliches, gutes Bild ab. Das war in vergangenen Jahren, mit anderen Geschäftsführern, auch schon ganz anders. Wenn Politiker bis vor ein paar Tagen über das kommunale Krankenhausunternehmen geredet haben, drehte sich das fast nur um die Frage, wann und unter welchen Bedingungen das Land das Geld für den Klinikneubau in Großburgwedel und die Sanierung des Lehrter Krankenhauses bereitstellen wird.

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Und dann das: Das Nordstadtkrankenhaus muss eine neurochirurgische Station übers Wochenende schließen. Der Grund: Personalmangel im Pflegebereich. Krankenschwestern und Pfleger haben so viele Überstunden angesammelt, dass niemand verfügbar ist, der sich am Wochenende um die Patienten kümmert. Frauen und Männer, frisch operiert mit schweren Erkrankungen oder Verletzungen am Gehirn oder der Wirbelsäule, einige von ihnen mit Wahnvorstellungen oder Halluzinationen, werden deshalb im unruhigen Aufwachraum untergebracht, um überhaupt ein Minimum an Kontrolle und Betreuung zu gewährleisten.

Natürlich gibt es auch in Krankenhäusern, wie in anderen Betrieben, Pannen und Fehleinschätzungen. Aber der dramatische Personalmangel im Klinikum Nordstadt wird nicht von gestern auf heute entstanden sein. Die Verantwortlichen und letztlich Personalgeschäftsführer Michael Born müssen sich jetzt fragen lassen, warum sie nichts unternommen haben. Irgendwie lässt sich fast alles stets mit dem allgemeinen Mangel an Pflegekräften begründen, den es tatsächlich gibt. Die Krankenhäuser müssen trotzdem den Betrieb sicherstellen. Und sie haben nicht nur die Verpflichtung, die Patienten unterzubringen, sondern vor allem, ihre Gesundung zu unterstützen.

Soweit bis jetzt bekannt ist, ist es erstmals passiert, dass wegen Personalmangels eine Station fast vier Tage schließt. Man fragt sich aber: Ist keinem der Verantwortlichen aufgefallen, dass sich Überstunde um Überstunde ansammelte? Hat niemand bemerkt, dass für die Mitarbeiter die Belastungsgrenze erreicht ist? Oder hat man einfach gehofft, es werde schon irgendwie funktionieren?

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Dass man versucht, sich durchzuwurschteln, bis es gar nicht mehr geht, scheint bei hannoverschen Kliniken nicht unüblich zu sein. So war es, als vor zweieinhalb Jahren die Hebammen am Henriettenstift überlastet waren und der Kreißsaal zeitweise wegen Personalmangels geschlossen werden musste. So war es, als vor zwei Jahren der Rettungsdienst die Neurologie im Nordstadtkrankenhaus nicht mehr anfahren konnte, ebenfalls wegen dortigen Personalmangels.

Die Leidtragenden sind neben den Mitarbeitern immer auch die Patienten. Und jedes Krankenhaus muss sich selbst fragen, wie es mit den Kranken und Verletzten, an dem die Klinik ihr Geld verdient, umgeht. Wenn Patienten und Angehörige den Eindruck bekommen, man kümmere sich nicht anständig um sie, dann suchen sie sich ein anderes Krankenhaus. Offenbar ist diese Erkenntnis noch nicht in allen Köpfen angekommen.

Von Mathias Klein

HAZ

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