Neuer Geschäftsführer Baumann„Die Kliniken müssen wieder attraktiv werden“

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Im Rundschauhaus sprachen der neue Geschäftsführer Holger Baumann (r.) und der Klinische Direktor Professor Dr. Horst Kierdorf über die Sanierungspläne der Kliniken der Stadt Köln.

Im Rundschauhaus sprachen der neue Geschäftsführer Holger Baumann (r.) und der Klinische Direktor Professor Dr. Horst Kierdorf über die Sanierungspläne der Kliniken der Stadt Köln.

Köln – Seit 2012 haben die Kliniken der Stadt Köln Millionen-Verluste gemacht. Der frühere Geschäftsführer Roman Lovenfosse-Gehrt musste im April auf Wunsch des Aufsichtsrates seinen Posten verlassen. Der Mann, der die Kliniken jetzt sanieren soll, ist Holger Baumann. Der Ökonom hat vor sechs Wochen sein Interim als Geschäftsführer angetreten, sein Vertrag ist auf zwei Jahre befristet.

„Ich habe mir tatsächlich dreimal überlegt, ob ich die Aufgabe annehme, aber ich sehe die Möglichkeit hier sehr viel zu verändern“, sagt der 61-Jährige beim Gespräch im Rundschauhaus. In den städtischen Kliniken, zu denen die drei Standorte Merheim, Holweide sowie das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße gehören, sehe er „ein tolles Potenzial“.

Fehler habe man einige in den vergangenen Jahren gemacht, sagt auch der Klinische Direktor Professor Dr. Horst Kierdorf. Teilweise habe man zu hohe Eigeninvestitionen getätigt, und durch zu starke Personalreduktionen im Pflegebereich seien Klinikleistungen gekürzt worden: „Wir haben seit 2012 zehn Prozent weniger Fälle, dabei wächst die Stadt“, erklärt Baumann einen Grund für die heftigen Verluste. „Die Klinken müssen für alle wieder attraktiv werden.“

Einsparungen und Sofortmaßnahmen

Wie sieht Baumanns wirtschaftlicher Masterplan aus? „Die Diagnose ist einfach, die richtige Therapie ist umso schwerer“, so der Finanzprofi. Das Sanierungskonzept, das bereits zum Teil umgesetzt werde, knüpft vor allem beim Personal an. Der Pflegemangel habe die Kliniken hart getroffen. „Wir müssen als Arbeitgeber attraktiver werden“, so Baumann.

Bessere Konditionen als andere Häuser könne man den dringend benötigten Pflegekräften nicht bieten, dafür aber gezielte Weiterbildungen und Arbeitszeiten, die Familie und Beruf besser vereinbaren. „Wichtig ist auch, dass wir die Kommunikationsstruktur innerhalb des Hauses verbessern, insbesondere zwischen Ärzten und Pflegern.“ Eine neue Pflegedirektorin habe man bereits eingestellt.

Finanziell wirke sich die Investition in mehr Personal erst langfristig aus. Sofortmaßnahmen zur Einsparung von Kosten geht Baumann anders an: In Holweide wurde die Anzahl von zu bestellenden medizinischen Artikeln drastisch reduziert, ebenso stehen Abläufe aller Bereiche auf dem Prüfstand. Außerdem soll es Veränderungen in der Intensivmedizin geben: Viele Patienten seien zu lange oder zu häufig auf der Intensivstation untergebracht und sollen künftig auf einer für sie besser geeigneten Zwischenstation mit weniger Personal- und Technikaufwand betreut werden.

Fusion von Uniklinik und Stadtkrankenhaus auch in Köln möglich?

Zudem, so der Klinische Direktor, OP-Organisation verändert, um täglich verlässlich eine konstante Zahl von Operationen durchführen zu können. Innerhalb des Hauses kommen die Maßnahmen gut an, sagt Kierdorf und spricht von einer spürbaren „Aufbruchstimmung“ unter den Kollegen.

Zur Person

Holger Baumann, 61, ist seit August 2018 Geschäftsführer der Kliniken der Stadt Köln. Zuvor war er CEO der Berner Inselgruppe (10.000 Mitarbeiter in sechs Kliniken). 2000 bis 2014 war er im Vorstand der Medizinischen Hochschule Hannover, vorher Kaufmännischer Direktor einer Klinik in Hamburg (1996 bis 2000).

Der gebürtige Hannoveraner absolvierte nach seiner Kaufmannslehre ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hannover sowie eine Ausbildung zum Steuerberater. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. (wes)

Von der Klinik-Tochter RehaNova, eine neurologische Rehabilitationsklinik auf dem Campus Merheim, die mitunter große Verluste schreibt, werde man sich nicht trennen. „Das ist ein medizinisches Alleinstellungsmerkmal, das das es in Deutschland nur bei den Kliniken Köln und der Uniklinik Heidelberg in dieser Form gibt. Über das Finanzierungsmodell der RehaNova werden wir aber nachdenken müssen“, so Baumann, der langfristig auch eine Digitalisierung der klinikinternen Abläufe plant.

Holger Baumann war zuvor viereinhalb Jahre in der Schweiz der Vorsitzende der Geschäftsgruppe der Insel Gruppe Bern (siehe Infokasten). In dieser Zeit setzte er dort eine für die Schweiz bis dato einzigartige Fusion von Uniklinik und Stadtkrankenhaus um. Kann das in dieser Form auch in Köln funktionieren?

Einer Fusion von Uniklinik mit den Kliniken Köln, die Oberbürgermeisterin Henriette Reker bereits in die öffentliche Diskussion eingebracht hatte, stehe er offen gegenüber, so Baumann. „Es ist eine Überlegung wert, welche Strukturen für Köln sinnvoll sind. Generell finde ich den Gedanken einer ,Charité des Westens’ sehr reizvoll.“ Voraussetzung sei jedoch ein externes Gutachten für beide Kliniken. Die so genannte Due-Diligence-Prüfung wurde allerdings von der Stadt zurzeit nur für die städtischen Kliniken in Auftrag gegeben. „Ich verstehe nicht, dass nicht auch eine von der Uniklinik gemacht wird. Nur so kann man seriös diskutieren.“ Zudem sei das direkte Angebot der Uniklinik der Diskussion nicht dienlich gewesen. Synergien im Einkauf oder der Logistik könne man auch in Zusammenschlüssen mit anderen Kliniken bündeln. „Dass solche Kooperationen sinnvoll sein können, muss man jetzt mit zartem Druck diskutieren.“

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