Stephan Freißmann

Eine Million Euro: So viel Verlust machte das Stockacher Krankenhaus im vergangenen Jahr. Im Jahr davor waren es noch knapp 950 000 Euro. Diese Zahlen gab Krankenhausgeschäftsführer Berthold Restle im Gemeinderat bekannt. Doch für alle, die das Krankenhaus in der Nähe schätzen, gab es in der Sitzung auch zwei gute Nachrichten. Erstens: Die Unterstützung für das Krankenhaus ist ungebrochen und der Gemeinderat genehmigte die Übernahme des Verlustes einstimmig. Zweitens: Am Stockacher Krankenhaus hat man genügend Personal und will in diesem Bereich stärker werden, wie Geschäftsführer Restle erklärte. Denn alles Geld nutzt nichts, wenn keine Menschen da sind, die für die Patienten arbeiten.

Dass es schwieriger wird, Personal zu gewinnen, gab Berthold Restle in der Sitzung auf Nachfrage von Alexander Schmidt (Grüne) unumwunden zu. Bis vor einem Jahr sei das noch kein Problem gewesen, inzwischen müsse man erste Engpässe ausgleichen, so der Geschäftsführer. Auf Nachfrage präzisiert er, dass in der Pflege alle Stellen besetzt seien. Längerfristige Ausfälle, zum Beispiel durch Schwangerschaft, könnten aber zu Engpässen führen. Bei den Ärzten sei die Situation ähnlich. Zur Schließung ganzer Stationen werde es allerdings nicht kommen, so Restle. Das Überlinger Krankenhaus hatte im Frühjahr Schlagzeilen gemacht, weil es für sechs Wochen den Kreißsaal geschlossen hat – mehrere Hebammen waren gleichzeitig wegen Schwangerschaft ausgefallen. In Stockach will das Krankenhaus, um den Personalbedarf für die Versorgung der Patienten zu decken, selbst in die Ausbildung von Schwestern und Pflegern einsteigen, erklärte Restle im Gemeinderat. Dies werde durch eine neue Ausbildungsordnung für Pflegeberufe möglich. Auch die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn, eine Personaluntergrenze einzuführen, sprach Schmidt an. Dieses Vorhaben betreffe derzeit nur medizinische Bereiche, die in Stockach nicht vertreten seien, erwiderte Restle dazu.

"Wir wollen Stellschrauben so drehen, dass es den Menschen nutzt." Rainer Stolz, Bürgermeister
"Wir wollen Stellschrauben so drehen, dass es den Menschen nutzt." Rainer Stolz, Bürgermeister | Bild: Arndt, Isabelle

Was die Entwicklung der Geschäfte angeht, so lief es eigentlich gar nicht so schlecht für das Stockacher Krankenhaus. Im Jahr 2017 wurden etwas weniger Patienten stationär versorgt als im Vorjahr, nämlich 3335 (2016: 3432). Trotzdem sind die Erlöse gestiegen, wie die Bilanz ebenfalls ausweist, nämlich von knapp 11,0 Millionen Euro (2016) auf knapp 11,4 Millionen Euro. Dieser Effekt sei hauptsächlich dadurch entstanden, dass der Landesbasisfallwert, die Grundlage für die Abrechnung pro Patient, gestiegen sei, sagt Restle. Und langfristig seien die jährlichen Patientenzahlen stark gestiegen, nämlich um etwa 900 Fälle pro Jahr.

Feinheiten der Finanzierung

Allerdings ist auch der Aufwand gewachsen, zum Beispiel für Personal und Material. Doch um das Ergebnis zu verstehen, muss man in die Feinheiten der Krankenhausfinanzierung einsteigen. Denn vor allem würden verschiedene Abschläge dem Krankenhaus zu schaffen machen, erklärte der Geschäftsführer. Diese sorgen dafür, dass die Erträge durch die Behandlung von Patienten nicht so stark wachsen, wie es eigentlich mit den Krankenkassen vereinbart ist. Denn diese hätten einer Erhöhung des Budgets für 2017 zugestimmt, so Restle, etwa 160 000 Euro Mehreinnahmen jährlich ergäben sich daraus. Doch davon werde für drei Jahre der Fixkostendegressionsabschlag von knapp 93 000 Euro pro Jahr abgezogen. Bürgermeister Rainer Stolz: "Das ist eine Kostendämpfungsmaßnahme zulasten der Krankenhausträger." Ähnliche Abschläge aus den Jahren davor hängen dem Krankenhaus ebenfalls nach, erklärte Restle. Ohne diese hätte man 142 000 Euro mehr erlösen können.

"Man kann nicht im November die Tür zumachen und niemanden mehr behandeln, um Abschläge zu vermeiden." Berthold Restle, Geschäftsführer
"Man kann nicht im November die Tür zumachen und niemanden mehr behandeln, um Abschläge zu vermeiden." Berthold Restle, Geschäftsführer | Bild: Becker, Georg

All diese Regelungen laufen auf eines hinaus: Krankenhäuser sollen nicht wachsen. Restle sagt dazu auf Nachfrage: "Mehrleistung lohnt sich nicht. Aber man kann nicht im November die Tür zumachen und niemanden mehr behandeln, weil man sonst Abschläge bezahlen müsste." Den Fehlbetrag von einer Million Euro im Jahr 2017 kommentierte er mit den Worten: "Das ist unerfreulich, aber nicht zu beeinflussen." Denn die gesetzlichen Rahmenbedingungen würden ein ausgeglichenes Ergebnis verhindern. Zum Verlust gehören Abschreibungen für Investitionen von knapp 380 000 Euro, wie aus der Sitzungsvorlage hervorgeht. Diese werden demnach laut Dauerbeschluss des Gemeinderats aus der Kapitalrücklage des Krankenhauses gedeckt. Auch dabei handelt es sich um städtisches Geld, denn die Rücklage wird regelmäßig von der Stadt aufgefüllt. Nur über die restlichen 620 000 Euro des Verlustes musste das Gremium entscheiden und stimmte der Bezahlung einstimmig zu. Dieser Betrag sei der Verlust aus dem Betrieb des Krankenhauses, erklärt Geschäftsführer Restle.

Unterstützung ist ungebrochen

Aus dem Gemeinderat kam fraktionsübergreifend Unterstützung für das Krankenhaus. Werner Gaiser (CDU): "Das ist eine Investition in die Gesundheit der Bürger." Roland Strehl (Freie Wähler): "Das Krankenhaus hat seine Nische und bietet eine breite Basis für das, was die Bevölkerung braucht." Thomas Warndorf (SPD): "Ein Dank geht an die Mitarbeiter, die unter diesen Bedingungen Leistung bringen." Karl-Hermann Rist (Grüne): "Wir hoffen, dass wir mit unseren Investitionen das Haus möglichst lang erhalten können."

"Das Krankenhaus hat seine Nische und bietet eine breite Basis für das, was die Bevölkerung braucht." Roland Strehl, Freie Wähler
"Das Krankenhaus hat seine Nische und bietet eine breite Basis für das, was die Bevölkerung braucht." Roland Strehl, Freie Wähler | Bild: Archiv

Und Bürgermeister Rainer Stolz dankte dem Gemeinderat angesichts der "erklecklichen Summe" für die Unterstützung des Krankenhauses: "Wir wollen den Fokus auf die Menschen in der Region legen, auch wenn die Strukturpolitik eine andere ist."