Berlin. Die Klinik hat seit 2010 rund 150 Millionen Euro durch von Chefärzten erbrachte Wahlleistungen eingenommen - ein lohnendes Geschäft.

Einzel- statt Doppelzimmer, bessere Verpflegung oder eine Behandlung durch den Chefarzt persönlich: Wer stationär im Krankenhaus aufgenommen wird, kann häufig Zusatzleistungen buchen, um seinen Aufenthalt angenehmer zu gestalten oder eine gehobene medizinische Versorgung zu erhalten. Solche Extrawünsche müssen Kassenpatienten in der Regel aus eigener Tasche bezahlen, bei Privatpatienten übernimmt – je nach Tarif – die Versicherung bestimmte Leistungen. Für die Kliniken ist das ein gutes Geschäft, wie sich jetzt auch am Beispiel der Charité zeigt.

Berlins Universitätsklinikum hat seit 2010 Millionen Euro durch sogenannte „Wahlleistungen“ eingenommen, die Chefärzte erbracht haben. Bis Ende August dieses Jahres spülten die Spitzenmediziner so einen Betrag von rund 150 Millionen Euro in die Kasse. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine schriftliche Parlamentsanfrage des FDP-Abgeordneten Marcel Luthe hervor, die der Morgenpost vorliegt. Das Geschäft lohnt sich demnach auch für die Ärzte, die oft zugleich Professoren sind, denn sie werden an den Einnahmen beteiligt. Nach Abzügen für Mitarbeiter, die ebenfalls an einer Behandlung mitgewirkt haben, landen bei der Charité in der Regel rund 70 Prozent der Erlöse. Der überwiegende Rest des Geldes fließt auf die Konten der entsprechenden Ärzte. Rechnet man die Erlöse der Charité um, ergibt sich ein Gesamtgewinn von knapp 214 Millionen Euro. Das heißt, Mitarbeiter und Ärzte erhielten davon rund 64 Millionen Euro, im Schnitt also knapp 8,3 Millionen Euro jährlich.

"Völlig intransparent, was Chefärzte nebenbei verdienen"

Wie viele Chefärzte diesen Gesamterlös durch spezielle Behandlungen und Wünsche der Patienten erwirtschaftet haben, ist der Antwort zwar nicht zu entnehmen. Fest steht aber: Die genaue Summe je Arzt schwankt. Wörtlich heißt es: „Die Beteiligung am Umsatz liegt zwischen 10 und 30 Prozent; die genaue Höhe ist Verhandlungsgegenstand des Chefarztvertrages.“ Da die Charité aber rund 70 Prozent des Gewinns einbehält, ist davon auszugehen, dass eine Beteiligung in Höhe von 30 Prozent eher die Regel als die Ausnahme ist.

Für Luthe bietet das Anlass zur Kritik. „Es ist völlig intransparent, was die ohnehin gut bezahlten Chefärzte nebenbei verdienen“, sagt er. „Gerade vor dem Hintergrund, dass es immer wieder Berichte über zweifelhafte Zahlungsströme an der Charité gibt, sollte das Klinikum auch in diesem Punkt schnell Klarheit schaffen.“

Für Unmut sorgte bei Kritikern der Charité in der Vergangenheit auch, dass die Klinik teilweise Gehälter zahlt, die oberhalb der Tariflöhne liegen. Schon 2011 monierte der Rechnungshof, dass durch Zulagen vermeidbare Ausgaben in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro entstanden seien. Ein Professor in der Besoldungsgruppe W3 verdient in Berlin ein Grundgehalt von rund 6400 Euro brutto im Monat.

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