Die Prozesslawine rollt – Krankenkassen überschwemmen Sozialgerichte mit Klagen

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Das hatte sich der Gesetzgeber wohl anders vorgestellt. Noch kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) am 09.11.2018 haben die Krankenkassen Tausende von Klagen bei den zuständigen Sozialgerichten eingereicht, um einen Ausschluss der Ansprüche nach § 325 SGB V zu verhindern. Meist handelt es sich um Rückforderungen gegen Krankenhäuser, die angeblich strukturelle Voraussetzungen zur Abrechnung von Komplexpauschalen nicht erfüllen. Im Mittelpunkt der Prozesslawine steht  die Voraussetzung der 30 minütigen Transportentfernung der OPS-Codes 8-981 und 8-98b nach den Entscheidungen des BSG vom 19.06.2018 (- B 1 KR 38/17 R – und – B 1 KR 39/17 R -).

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hatte mitgeteilt, dass bis zum 09.11.2018 bei den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz über 15.000 Klagen eingegangen sind. Die Politik in Rheinland-Pfalz regt schon einen Runden Tisch zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern an, um die Folgen der durch die Gesetzesänderung ausgelösten Prozesslawine einzudämmen. In Bayern wird von 14.000 Klagen der Krankenhaussen berichtet.

Der Gesetzgeber hat offensichtlich die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen unterschätzt, die in Nacht- und Wochenendarbeit die vermeintlichen Erstattungsansprüche aus Behandlungen aus den Jahren 2014 bis 2016 noch vor dem 09.11.2018 gerichtlich geltend haben, so dass die Sozialgerichte unter der Last der Eingänge fast zusammenbrechen. Das LSG Rheinland-Pfalz geht davon aus, dass allein die Erfassung der eingegangenen Klagen Monate dauern wird. Wer die Klagen in angemessener Zeit bearbeiten wird, kann derzeit wohl keiner beantworten.

Noch dramatischer ist die Lage einiger Krankenhäuser die die zahlreichen Verrechnungen von teilweise sechsstelligen Summen, die noch bis zum 09.11.2018 von den Krankenkassen vorgenommen worden sind. Einige Krankenhäuser beklagten bereits Liquiditätsengpässe und eine wirtschaftliche Existenzgefährdung.

Die Folgen der Gesetzesänderung waren absehbar. Die „Hau-Ruck-Aktion“ des Gesetzgebers hat – wie auch in der Vergangenheit – genau das bewirkt, was eigentlich verhindert werden sollte. Aus der geplanten Entlastung der Sozialgerichte ist eine kaum zu bewältigende Prozessflut geworden, die aber gerade die Krankenkassen mit ihren unreflektierten Reaktionen auf die verfehlte Rechtsprechung des BSG mitprovoziert haben. Die zu zahlreichend zu klärenden Rechtsfragen durch die kommende Rechtsprechung der Sozialgerichte zu einer Befriedung der Konflikte zwischen Krankenkassen und Krankenhäuser beitragen wird, ist eher unwahrscheinlich. Der Gesetzgeber hat mit der kurzen Verjährung und den neuen Befugnissen des DIMDI durchaus vernünftige Ansätze geschaffen, mit der strengen Ausschlussfrist aber nur neuen gesetzgeberischen Handlungsbedarf geschaffen.

Den Krankenhäuser kann nur empfohlen werden, gegen die durchgeführten Massenverrechnungen und die eingereichten Klagen alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, denn angesichts der gesetzlichen Neuregelungen ist mehr als fraglich, ob das Vorgehen der Krankenkassen Erfolg haben wird.

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