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10.000 KIagen vor niedersächsischen Sozialgerichten – Ministerin Carola Reimann setzt sich für Lösung im Konflikt zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern ein

Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann holt Krankenkassen und Krankenhäuser an einen Tisch, die von der aktuellen Klageflut an den Sozialgerichten betroffen sind. In Niedersachsen dürfte es sich um rund 10.000 Klagen handeln. Auslöser ist eine durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz ausgelöste Verkürzung der Verjährungsfrist. Diese veranlasst die Krankenkassen dazu, Tausende von Rückforderungsklagen gegenüber Krankenhäusern einzureichen. „Es geht bei dem Kostenstreit um Schlaganfallpatienten in Flächenländern wie Niedersachsen“, erklärt Dr. Carola Reimann: „Wir bereiten zurzeit einen Entschließungsantrag für den Bundesrat am Freitag vor: Der Bund soll schnellstmöglich die bestehenden gesetzlichen Regelungen klarstellen. Außerdem werden wir dazu in der nächsten Woche Gespräche mit den Beteiligten führen.“

Der Bundestag hatte am 9. November das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz beschlossen. Danach müssen die Krankenkassen statt bisher innerhalb von vier Jahren künftig innerhalb von zwei Jahren gegen vermeintlich fehlerhafte Krankenhausrechnungen vorgehen. Daher werden die Sozialgerichte in Niedersachsen sowie anderen Bundesländern aktuell mit Klagen überhäuft. Die Kassen müssen im Rahmen der wirtschaftlichen Verwendung der Versichertenbeiträge ihre Forderungen fristgerecht geltend machen.

Strittig ist zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) konkret die Auslegung des für die Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS / 8-98b). Das BSG hatte im Juni zur Frage der 30-Minuten-Regelung beim Transport von Schlaganfallpatienten geurteilt. Abrechnungen aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 können vor diesem Hintergrund neu aufgerollt werden. „Wir fordern die Bundesregierung auf, das zuständige Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) dazu zu veranlassen, die rückwirkende Klarstellung der ausschlaggebenden Formulierung unverzüglich vorzunehmen“, erklärt Dr. Carola Reimann. Den von den Klageverfahren betroffenen Krankenhäusern drohe akut eine erhebliche wirtschaftliche Belastung, die in Einzelfällen sogar regional die Versorgungssicherheit gefährden könnte, so die Niedersächsische Gesundheitsministerin; die Auslegungsunsicherheit müsse schnellstmöglich durch eine Klarstellung des DIMDI beseitigt werden.

Hintergrund:
Das Bundessozialgericht hat mit Urteilen vom 19. Juni 2018 (Az: B 1 KR 38/17 R und B 1 KR 39/17 R) eine Auslegung der Mindestmerkmale des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) der neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls vorgenommen. Hierbei hat es das Merkmal der „Transportentfernung“ zum Erreichen einer neurochirurgischen Notfallbehandlung restriktiv ausgelegt. Demnach beginnt die halbstündige Zeitspanne bereits mit der Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, und sie reicht bis zur Übergabe der Patientin/des Patienten an das Krankenhaus. Wird indes die Anfahrtszeit des Rettungswagens mit berücksichtigt, so kann in Flächenländern nicht immer die vorgeschriebene Zeit von 30 Minuten bis zum Erreichen eines zur neurologischen Komplexbehandlung befähigten Krankenhauses sichergestellt werden. Dies ist aber die Voraussetzung, dass das Krankenhaus in voller Höhe abrechnen kann. Das nehmen Krankenkassen nun zum Anlass, wegen vermeintlich nicht vorschriftsmäßig erbrachter Leistungen bereits gezahlte Vergütungen zurückzufordern. Eine Klarstellung des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) könnte hier die notwendige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Abrechnung der neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls schaffen.

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.11.2018

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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