Esenshamm - Beim Start der neuen Helios-Klinik Wesermarsch in Esenshamm am 13. Mai vergangenen Jahres gehörte sie noch als eigene Fachabteilung mit eigenem Chefarzt zum medizinischen Angebot. Doch jetzt hat Helios die Geriatrie-Abteilung komplett geschlossen – offenbar aus wirtschaftlichen Gründen: die Abteilung warf keinen Gewinn ab.

Auf Anfrage der NWZ bestätigte Helios am Donnerstag die Schließung. Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze von Chefarzt Dr. Michael Nowak sei die Abteilung zum 1. Oktober geschlossen worden. Helios plane gegenwärtig nicht, möglichst bald eine neue Geriatrie-Abteilung oder als Ersatz eine andere Abteilung neu einzurichten.

Was leisten Geriatrie-Abteilungen

?

Geriatrie-Fachabteilungen in Krankenhäusern sind in besonderem Maße auf die Situation älterer Menschen spezialisiert. Hier werden Patienten mit komplexen Mehrfach- und Folge-Erkrankungen mit dem Ziel behandelt, ihre Selbstständigkeit zu erhalten oder wiederzuerlangen. Dafür steht ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, speziell ausgebildeten Pflegekräften, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Psychologen bereit.

So war es auch in der alten Wesermarsch-Klinik an der Albert-Schweitzer-Straße in Nordenham. Im neuen Helios-Haus an der Mildred-Scheel-Straße im Stadtteil Esenshamm ist die Geriatrie fortgeführt worden – nach Einschätzung von Beobachtern aber nicht mehr mit voller Kraft. Jetzt folgte das Aus.

Warum ist die Abteilung

geschlossen worden

?

Zu den Gründen teilte der Helios-Krankenhauskonzern durch Übermittlung von Klinik-Pressesprecher Christoph Reiprich am Donnerstag auf Anfrage der NWZ wörtlich mit: „Für die Schließung gibt es mehrere Gründe. Zum einen wurde nach dem Renteneintritt von Dr. Michael Nowak mangels Bewerber kein adäquater Nachfolger gefunden, um die Chefarzt-Position neu zu besetzen. Zum anderen spielen die Patientenauswahl und die sehr engen Qualitäts- und Abrechnungsvorgaben, die für eine Geriatrie gelten, eine Rolle. Leistungen der Fachabteilung Geriatrie haben ein hohes Potenzial, vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) angefragt zu werden und ziehen dann häufig länger dauernde Klärungen nach sich, um diese Leistungen auch anerkannt und entsprechend vergütet zu bekommen.“

Wörtlich heißt es weiter: „Aufgrund der Größe der Abteilung und der fehlenden Nachfolge von Dr. Michael Nowak haben wir die unternehmerische Entscheidung getroffen, dieses Gebiet an Zentren, an denen auch meist wesentlich größere Einheiten vorgehalten werden, erbringen zu lassen und diese Leistungen zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr in Nordenham anzubieten.“

Werden nun Patientenabgewiesen

?

Rund die Hälfte der Patienten der neuen Helios-Klinik sind – wie im Mai von der damaligen Geschäftsführerin Birthe Kirberg zu erfahren war – über 60 Jahre alt. Fehlt jetzt für diese Altersgruppe ein wichtiger Bereich?


Dazu die Antwort von Helios: „Alle Patienten, egal ob älter oder jünger, werden weiterhin vollumfänglich ihrem jeweiligen Erkrankungsbild entsprechend behandelt und versorgt. Es entfällt lediglich die geriatrisch frührehabilitative Komplexbehandlung, die eine zusätzliche Behandlungsart parallel oder nach Abschluss der eigentlichen Behandlung darstellt. Es werden also keine Patienten abgewiesen, sondern in den verschiedenen Fachabteilungen je nach Hauptindikation behandelt.“

Wie soll Einnahmeausfallausgeglichen werden

?

Offenbar hat die Geriatrie-Abteilung Helios keinen Gewinn beschert. Jedenfalls lautet die Antwort auf die Frage der NWZ, wie der Einnahmeausfall, den Helios mit der Schließung in Kauf nimmt, ausgeglichen werden soll, so: „Aufgrund bisheriger hoher Vorhaltekosten für eine im Verhältnis kleine Abteilung wird es keine Einnahmeausfälle geben.“

Wie viele Arbeitsplätze

fallen weg

?

Nach Angaben von Helios sind die Physiotherapeuten ebenso wie das speziell geschulte geriatrische Pflegepersonal weiterhin fest angestellt. Damit werde die adäquate Versorgung älterer Patienten in allen Fachabteilungen nicht nur gesichert, sondern über das normale Maß hinaus gewährleistet.

Eine Logopädin habe im gegenseitigen Einvernehmen die Klinik verlassen. Das Arbeitsverhältnis mit einer Ergotherapeutin werde betriebsbedingt enden (Kündigung). Die Leistungen einer Psychologin seien durch eine externe Kooperation in Anspruch genommen worden. Ihr sei daher nicht gekündigt worden, sondern ihre Leistungen werden nicht mehr in Anspruch genommen.

Reduziert sich die Zahl der Klinik-Betten

?

Die Frage nach der Zahl der Betten der Geriatrie (waren es zuletzt 5, 10 oder 15?) lässt Helios unbeantwortet. Der Klinikkonzern teilt mit: Der Krankenhausplan des Landes sehe eine Abteilung für Innere Medizin vor und unterteile nicht in Untergruppen der Inneren Medizin. Die Zahl von 98 Betten in Esenshamm gemäß Krankenhausplan des Landes bleibe daher unverändert. Die bisherigen Geriatrie-Betten gehören nun weiter zur internistischen Abteilung.

Auf die Zusatzfrage der NWZ, ob in der neuen Klinik weiterhin 115 Betten (und damit mehr als die 98 Planbetten) aufgestellt sind, antwortet Helios: „Es sind weiterhin alle Betten aufgestellt und auch alle Betten in Nutzung.“

Die Zimmer der Geriatrie werden nun von den anderen Fachabteilungen der Inneren Medizin belegt. Laut Helios weisen die Fachabteilungen Gastroenterologie, Kardiologie und Onkologie/Hämatologie eine hohe medizinische Qualität auf und finden sehr großen Zuspruch.