Zeiten wandeln sich. Es ist noch keine zwei Jahre her, da erörterte der Konstanzer Kreistag ebenso ausdauernd wie erfolglos die Frage, ob aus Kreismitteln etwa 100 000 Euro pro Jahr aufgebracht werden sollten, um den Bestand der Geburtshilfe am Radolfzeller Krankenhaus zu garantieren. Die Verantwortung wurde hin- und hergeschoben, gezahlt wurde nicht. Im März 2017 war das Aus für die Geburtshilfeabteilung besiegelt. Den Platz nutzt der kommunal getragene Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) seither für die Altersmedizin. Im November 2018 geht es nicht mehr um 100 000 Euro Zuschuss, sondern um die Abdeckung eines prognostizierten Defizits des Gesundheitsverbunds von etwa vier Millionen Euro.

Im Oktober war noch alles gut

Die Gewissheit, dass die Krankenhäuser in Konstanz, Singen und Radolfzell in dieser Dimension rote Zahlen schreiben, muss zumindest auf einen Teil der Kreispolitiker schockierend gewirkt haben. Noch in der Oktober-Sitzung des Kreistags wurde für 2017 ein Jahresüberschuss von 218 000 Euro bilanziert und für 2018 ein Plus von 159 000 erwartet. Doch Zahlen können sich rasch ändern. Wenn Krankenkassen plötzlich finanzielle Nachforderungen stellen zum Beispiel. Andere belastende Faktoren kommen sicher weniger überraschend in diesen Zeiten, in denen es um möglichst hohe Fallzahlen, um die Auslastung teurer Medizingeräte und um Fallpauschalen geht. Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist sicher keine Überraschung, die geringe Eigenkapitaldecke des Gesundheitsverbunds ist auch keine. Und die Tatsache, dass die Betriebsgesellschaften des Gesundheitsverbunds nicht über das Grundeigentum an den Immobilien verfügen, in denen sie ihr Geschäft betreiben, wirkt sich spätestens dann aus, wenn es um Sicherheiten für Darlehen geht.

Ein Signal der Unzufriedenheit

Für die chronische Unterfinanzierung der Krankenhauslandschaft in Deutschland und die strukturellen Probleme im Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz sind die Geschäftsführer des GLKN sicherlich nicht verantwortlich zu machen. Dennoch gibt es seit Montag dieser Woche eine Entscheidung, die sich als Signal der Unzufriedenheit mit der Arbeit der Geschäftsführer deuten lässt. Besagtes Signal besteht in der Ankündigung des GLKN-Aufsichtsratschefs Frank Hämmerle im Kreistag, man suche ab sofort einen neuen Geschäftsführer für den Gesundheitsverbund. Ein Headhunter soll geeignete Kandidaten finden.

"Es kann nur besser werden"

Haben etwa die derzeitigen Geschäftsführer, zu denen sich ein dritter gesellen soll, die Zahlen nicht im Griff? Das würde Hämmerle so nie sagen. Er sagt lieber: "Der Aufsichtsrat sieht die Notwendigkeit, strategisch zu planen." Ein exzellenter Finanz- und Personalfachmann sei schwer zu finden. Der Neue brauche Zeit für die Einarbeitung. In der Kreistagssitzung wies der Aufsichtsratsvorsitzende auf die 2022/23 auslaufenden Verträge von Peter Fischer und Rainer Ott hin. Dennoch: Sucht der Aufsichtsrat jetzt den Oberaufpasser für den Klinikbetrieb? "Ich interpretiere das so", sagt Grünen-Kreisrat Siegfried Lehmann. SPD-Kollege Ralf Baumert spricht von einer denkwürdigen Entscheidung. Manches funktioniere einfach nicht, ist Baumert überzeugt: "Es kann aus unserer Sicht nur besser werden." Landrat Hämmerle verweist derweil darauf, dass der Aufsichtsrat eigens einen Prüfungsausschuss und einen Personalausschuss eingesetzt habe, um die Arbeit der GLKN-Geschäftsführung zu unterstützen.

Im Gegensatz zur früheren Absicherung der Geburtshilfe in Radolfzell ist die Deckung der aktuellen Finanzlücke des Gesundheitsverbunds im Kreistag völlig unumstritten. Ein finanzieller Rettungsschirm von fünf Millionen Euro soll die Zahlungsfähigkeit erhalten. Die stationäre Gesundheitsversorgung hat eben ihren Preis.

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