Sigma Zentrum, © Sigma-Zentrum Bad Säckingen

Bessere Rahmenbedingungen für psychiatrische Einrichtungen gefordert

Wer im Ernstfall medizinische Hilfe benötigt, der kann sich im Regelfall darauf verlassen, diese auch möglichst unkompliziert und auf schnellem Wege zu erhalten.

Auch psychische Belastungen und Krankheiten sollten da keine Ausnahme bilden, findet Prof. Dr. Christoph Bielitz, der als Ärztlicher Direktor das Sigma-Zentrum in Bad Säckingen leitet.

Die interdisziplinäre, psychiatrische Einrichtung möchte sich für bessere Rahmenbedingungen für ihre Ärzte und Therapteuten, vor allen Dingen aber auch für die Patienten einsetzen. Für dieses Ziel hat sie sich nun auch neue Unterstützung in Form der Opposition im Bundestag gesichert.

Michael Theurer (FDP) möchte sich nach Besuch des Sigma-Zentrums Bad Säckingen für bessere Rahmenbedingungen für psychiatrische Einrichtungen einsetzen

FDP-Bundestagsfraktionsvize und Südwest-Landeschef Michael Theurer hat sich am vergangenen Dienstag (04.12.2018) vor Ort selbst ein Bild vom Arbeitsalltag in der Branche gemacht. In einem Runden-Tisch-Gespräch mit der Klinikleitung und Pressevertretern aus Südbaden und ganz Deutschland hat er eine Anfrage zum Thema an die Bundesregierung angekündigt. Dabei wird es vor allen Dingen um zwei große Themenfelder gehen:

Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme auf Patientenseite und hohe Bürokratie bei den Angestellten

Obwohl etwa auch die Angebote des Sigma-Zentrums vor allen Dingen auf Privatpatienten ausgerichtet sind, ist die Nachfrage auch außerhalb davon hoch. So wenden sich auch gesetzlich Versicherte immer häufiger an die Klinik und wollen die Leistungen mit Hilfe von Zusatzversicherungen und vergleichbaren Eigenleistungen bezahlen.

In der Praxis funktionieren solche Fälle der Kostenübernahme bisher aber nur mit großen Problemen oder sind teils sogar überhaupt nicht möglich. Die rechtlichen Vorgaben sind hier sehr komplex, aus Sicht der Beteiligten bräuchte es für eine Änderung einen gesundheitspolitischen Vorstoß auf Bundesebene.

Bisher argumentieren die gesetzlichen Krankenkassen auf der anderen Seite damit, dass sie nur in akuten Notfällen Ausnahmen von den bereits abgedeckten Leistungen zulässt. Und zwar deshalb, um in der Realität keinen Konkurrenzkampf um die gesetzlich versicherten Patienten entstehen zu lassen.

Vorschlag: Behandlungsfortschritt automatisch erfassen und begleiten

Als zweites großes Schwerpunktthema würden sich die Spezialisten an den psychiatrischen Einrichtungen gerne mehr Zeit für die eigentliche Untersuchung und die Behandlung ihrer Patienten nehmen. Hier stecken sie in einem bürokratischen Zwiespalt, berichtet Bielitz:

Einerseits soll die gesetzliche Dokumentationspflicht den Kassen jeden einzelnen Schritt der therapeutischen Arbeit belegen und die Krankenhäuser umgekehrt vor möglichen Klagen absichern.  Auf der anderen Seite stellt es die Mitarbeiter aus ihrer Sicht unter eine Art Generalverdacht, bei dem sie sich für jede Entscheidung zu rechtfertigen haben.

Außerdem fehlt die Zeit, die für die Papierarbeit notwendig ist, immer auch beim Umgang mit den Patienten. Theurer will hier vor allen Dingen prüfen, ob der Ausbau der Digitalisierung die Angestellten entlasten könnte: So liefert beispielsweise Dänemark ein funktionierendes Beispiel, wie die Behandlung von Patienten auch zeitgleich automatisch dokumentiert werden kann. Bereits seit den 90ern wurde hier ein System in die Wege geleitet, das einheitliche Standards in der Datenkommunikation zwischen den Leistungserbringern im Gesundheitswesen ermöglicht.

Debatte: Wie viel ist der Gesellschaft ihre Gesundheit wert?

Insgesamt geht es der Branche um mehr Freiräume, um gleichzeitig auch einer verstärkten Neigung zu Klagen entgegenzutreten. Weil die Mittel im Gesundheitssystem bei den Krankenhäusern begrenzt sind, braucht es für sie einen kreativen Umgang mit knappen Ressourcen. Von einer möglichen Entbudgetierung des eigenen Arbeitens versprechen sie sich dabei auch neue Freiräume in den Arztpraxen. Mehr niedergelassene Ärzte könnten in den Fachzentren für eine zusätzliche Entlastung sorgen. 

Beim Sigma-Zentrum setzt man mit einem eigenen Früherkennungszentrum außerdem auf den Faktor Vorbeugung und niederschwellige Angebote: Oftmals können frühe Gespräche und Angebote außerhalb von stationären Aufenthalten schwere Verläufe von psychischen Krankheiten verhindern. Betroffene können mit solchen niedrigschwelligen Zentren in Kontakt mit Fachärzten kommen, ohne direkt in der Klinik zu landen.

Trotz aller Verbesserungsmöglichkeiten bräuchte es aus Sicht von Bielitz unbedingt eine gesellschaftliche Debatte und vielleicht auch ein Umdenken bei der Frage, wie viel der Faktor Gesundheit der Allgemeinheit wert sein sollte.

(fw)