Weniger Fremdblut bei OPs, weniger Risiko, schnellere Heilung:...

Die Transfusion von Fremdblut kann Leben retten, birgt aber auch Risiken, weshalb das KKM Patient Blood Management eingeführt hat.Foto: dpa  Foto: dpa
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Bluttransfusionen retten jedes Jahr unzählige Menschenleben. Und doch gibt es Risiken, die durch einen sparsameren Umgang mit Fremdblut gemindert werden können. Das...

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MAINZ. Bluttransfusionen retten jedes Jahr unzählige Menschenleben. Und doch gibt es Risiken, die durch einen sparsameren Umgang mit Fremdblut gemindert werden können. Das Katholische Klinikum Mainz (KKM) hat als Mitglied im Netzwerk Patient Blood Management (PBM) ein entsprechendes Behandlungskonzept eingeführt, über das wir mit Privatdozent Dr. Matthias David, dem Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, und Matthias Meyer, OP-Manager und Transfusionsverantwortlicher Arzt, sprachen.

Die Transfusion von Fremdblut kann Leben retten, birgt aber auch Risiken, weshalb das KKM Patient Blood Management eingeführt hat.Foto: dpa  Foto: dpa
 Privatdozent Matthias David, Chefarzt von Anästhesie und Intensivmedizin, und OP-Manager Matthias Meyer (l.) freuen sich über das PBM-Zertifikat, das die Qualität dokumentiert.Foto: KKM  Foto: KKM

Herr Dr. David, Herr Meyer, welche Risiken birgt Fremdblut?

Dr. David: Im Zusammenhang mit sehr großen Blutverlusten ist die Transfusion von Blut lebensrettend. Aber es gibt Risiken der Transfusion: Blutgruppen können verwechselt werden, Infektionen oder allergische Reaktionen sind möglich. Auch ein Zusammenhang zwischen der Transfusion und der Beeinflussung des Immunsystems wird diskutiert.

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Inwiefern?

Dr. David: Eine Gabe von Fremdblut ist eine Transplantation des flüssigen Organs Blut. Die Auswirkungen auf das Immunsystem des Empfängers können sehr unterschiedlich sein und unter anderem auch zu einer Schwächung der Abwehrkraft führen.

Seit wann setzt das KKM auf das Patient Blood Management?

Meyer: Im November 2016 wurde entschieden, dass wir das Behandlungskonzept einführen, seit März 2017 sind wir Mitglied des PBM-Netzwerks, und im April hat das KKM nun das Silberzertifikat erhalten – das zeigt, dass Infrastruktur, Abläufe und Erfolg stimmen.

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Wie funktioniert das Behandlungskonzept?

Dr. David: Es beruht auf drei Säulen. Vor geplanten Operationen wird getestet, ob eine Blutarmut vorliegt, die bei der OP das Risiko für eine Transfusion steigert. Liegt eine Anämie vor, wird sie behandelt. Während und nach der OP wird durch unterschiedliche Maßnahmen versucht, den Blutverlust gering zu halten. Eine sehr einfache, aber wichtige Maßnahme ist, die Körpertemperatur gleichbleibend auf 36 bis 37 Grad während der OPzu halten.

Warum ist die Körpertemperatur so wichtig?

Das Blutgerinnungssystem arbeitet bei 37 Grad optimal. Das Auskühlen führt zu einer schlechteren Blutgerinnung und höheren Blutverlusten. Wir haben ein umfangreiches Wärmeerhaltungskonzept im OP.

Wann wird Fremdblut gegeben?

Meyer: Mit einer Transfusionsindikations-Checkliste wird in jedem Einzelfall geprüft, ob die Notwendigkeit besteht. Die Sammlung und Aufbereitung von Wundblut mit einem sogenannten Cell-Saver kann in bestimmten Situationen durchgeführt werden, um dem Patienten verlorenes Blut wieder zurückzugeben. Damit kann die Gabe von Fremdblut verhindert oder wenigstens zu reduziert werden..

Sie sprachen noch von einer dritten Säule ...

Meyer: Richtig. Dabei geht es um Maßnahmen nach der Operation. Hier haben wir die Häufigkeit von Blutentnahmen reduziert. Auch das spart schließlich Blut. So kann sich der Körper schneller erholen.

Bei welchen Operationen wenden Sie das PBM an?

Dr. David: In Unfallchirurgie und Orthopädie sowie in der Gefäßchirurgie setzen wir es ein. Wird an keimbelastetem Gewebe oder Tumorgewebe operiert, ist die Sammlung von Wundblut aber nicht durchführbar, alle anderen Maßnahmen können aber umgesetzt werden. Ziel ist es, das Konzept auch in konservativen, also nicht-chirurgischen Fächern einzuführen.

Gibt es schon Zahlen, inwieweit die Transfusionen zurückgegangen sind?

Meyer: Wurde zuvor beispielsweise bei der Implantation von Hüftendoprothesen in 23 Prozent der Fälle Fremdblut benötigt, so sind es jetzt nur noch elf bis zwölf Prozent.

Wie weit wollen Sie die Gabe von Fremdblut noch senken?

Ziel ist eine Transfusionsrate von rund fünf Prozent. Das geht natürlich nur, wenn Anästhesisten, die Experten der einzelnen Fachabteilungen und OP-Management eng zusammenarbeiten.

Werden die Patienten vorher über das Verfahren informiert?

Meyer: Natürlich. Das wird beim Informationsgespräch, das vor jedem Eingriff stattfindet, angesprochen und genau erläutert.

Und wie sind die Reaktionen?

Dr. David: Sehr positiv, denn das PBM-Konzept erhöht die Sicherheit für unsere Patienten mit einem positiven Einfluss auf den Heilverlauf.

Das Interview führte Michael Bermeitinger.