Asklepios-Pfleger gewinnen höchstrichterlich
Im Bundesarbeitsgericht in Erfurt fiel am Mittwoch die Entscheidung zugunsten der Asklepios-Mitarbeiter, die jahrelang um ihre Gehaltserhöhungen gerungen haben.
Quelle: Jürgen Lauterbach
Erfurt. Erfreuliche Nachrichten für sechs Beschäftigte des Asklepios-Fachklinikums in Brandenburg/Havel. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am Mittwoch in Erfurt sichert ihnen die Gehaltssteigerungen der vergangenen Jahre, die sich auf mehrere tausend Euro summieren. Denn der 4. Senat hat die Revision der Asklepios Brandenburg GmbH zurückgewiesen.
Der Rechtsstreit ums Gehalt läuft seit mehr als fünf Jahren. Die Asklepios-Mitarbeiter sind seit mehr als 15 Jahren als Pfleger und Pflegehelfer im Maßregelvollzug des psychiatrischen Krankenhauses auf dem Görden beschäftigt.
Zum 15.Oktober 2006 werden sie von Asklepios übernommen, weil der Konzern die ehemalige staatliche Landesklinik kauft und seither als Privatunternehmen betreibt.
„Wir mussten die Gehaltssteigerungen schon damals einklagen, die der Arbeitgeber nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlen muss, das war kein Selbstläufer“, erinnert sich der Brandenburger Rechtsanwalt Simon Daniel Schmedes. Die Arbeitnehmer lassen sich ihren tariflichen Anspruch seinerzeit schriftlich bestätigen.
Rechtsanwalt Simon Daniel Schmedes vertritt im Saal II des Bundesarbeitsgerichts Erfurt die Interessen der Asklepios-Arbeitnehmer.
Quelle: Jürgen Lauterbach
Doch mit Jahresbeginn 2013 tritt der Haustarifvertrag in Kraft, den die Brandenburger Asklepios-Tochter und die Gewerkschaft Verdi vereinbart haben.
Fortan erhalten die Beschäftigten nicht mehr die regelmäßigen Gehaltssteigerungen nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für die Länder (TV-L), was laut Schmedes für die Mitarbeiter pro Monat Einbußen zwischen 120 und 350 Euro bedeuten würde.
Das Unternehmen begründet sein Vorgehen damit, dass seit 2013 der Haustarifvertrag für alle gelte. Er habe Vorrang vor dem TV-L, der in den alten Arbeitsverträgen aus dem Jahr 2002 als maßgebend festgelegt war.
Öffentlicher Dienst oder Haustarif?
Gegen die für sie ungünstige Anwendung des Haustarifvertrags klagen mehrere Arbeitnehmer und bekommen im Jahr 2014 Recht vor dem Arbeitsgericht Brandenburg/Havel und dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
Asklepios hat gegen die Entscheidungen Revision in Erfurt eingelegt, die der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts in allen Fällen zurückgewiesen hat. Im Kern geht es in der fast zweistündigen Sitzung um die Frage, welcher der beiden Tarifverträge denn nun gilt: Öffentlicher Dienst oder Haustarif?
Für Schmedes ist klar, dass Verdi und Asklepios das nicht außer Kraft setzen können, was zugunsten seiner Mandanten in deren Arbeitsverträgen festgelegt sei. Zumal seine Mandanten nicht einmal Gewerkschaftsmitglieder seien.
Keine Öffnungsklausel in den Arbeitsverträgen
Wolfgang Lipinski, Rechtsanwalt für Asklepios, sieht das anders. Die Formulierungen der Arbeitsverträge interpretiert er so, dass sie die Möglichkeit offen halten, auch andere Tarifverträge anzuwenden, eben den Haustarifvertrag von 2013. Der ziele darauf ab, eine Zweiklassen-Gesellschaft in dem 1000 Mitarbeiter starken Krankenhaus zu vermeiden.
Der vorsitzende Richter Mario Eylert hat die Entscheidung des 4. Senats noch nicht begründet. Nach den Erläuterungen im Prozess sieht der Senat in den Arbeitsverträgen keine Öffnungsklauseln, die es ermöglichen würden, den TV-L zu verdrängen. Damit würden die in Frage stehenden Pfleger und Pflegehelfer auch künftig von Tarifsteigerungen der öffentlichen Dienstes der Länder profitzieren.
Rechtsanwalt Schmedes berichtet, dass seine Mandaten sehr erfreut seien über die höchstrichterliche Entscheidung aus Erfurt. Nach seiner Einschätzung ist es dem Krankenhausunternehmen mit der juristischen Anfechtung der vorinstanzlichen Urteile darum gegangen, zu sparen und die Klinik als ein lohnendes Renditeobjekt darstellen zu können.
Der Europäische Gerichtshof wird nicht bemüht
Das Urteil der Bundesrichter wird voraussichtlich Rechtskraft erlangen. Denn die streitenden Parteien haben darauf verzichtet, den Europäischen Gerichtshof in Brüssel in dieser Frage anzurufen. Das war bereits in einem ähnlichen Verfahren von Asklepios geschehen, in dem es um Beschäftigte einer Klinik in Hessen ging.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ