Hintergrund/Ausgangslage

Niedergelassene D(Durchgangs)-Ärzte, Hausärzte, BG(Berufsgenossenschaft)-Verwaltungen, ambulante Pflegedienste und auch Patienten klagen über Kommunikationsdefizite bei Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus [3,4,5, 7, 8].

Insbesondere werden bemängelt:

  • kein Entlassungsbrief bei ambulanter Vorstellung,

  • unvollständige Inhalte des Entlassungsbriefes,

  • mangelnde Angaben zur Medikationsveränderung während des stationären Aufenthaltes bzw. zu den Medikationsempfehlungen nach dem stationären Aufenthalt,

  • kurzfristige Entlassung aus dem Krankenhaus ohne Information des weiterbehandelnden Arztes,

  • fehlende Absprache über ärztliche, pflegerische und rehabilitative Maßnahmen, unklare Verantwortlichkeit zur Patientenkoordination nach stationärer Behandlung,

  • mangelnde Vorbereitung einer Entlassung am Freitagnachmittag,

  • keine oder zu späte Information des ambulanten Pflegedienstes,

  • keine oder zu späte Information der Angehörigen,

  • schlechte Erreichbarkeit eines kompetenten Ansprechpartners im Krankenhaus bei Rückfragen,

  • keine zeitnahe Information des Unfallversicherungsträgers (der Entlassungsbrief traf in 72 % der Fälle erst 2 Wochen oder noch später ein) [5].

Maßnahmen

Vor ca. 10 Jahren haben wir am Bergmannstrost neben den Fortbildungsveranstaltungen für D‑Ärzte auch eine jährliche Fortbildungsreihe „Unser gemeinsamer Patient“ mit den Hauptzuweisern begonnen, die sich inzwischen fest etabliert hat. Außerdem haben wir auf Anregung unseres Geschäftsführers ein zentrales Belegungs- und Entlassungsmanagement etabliert.

Fortbildungsreihe „Unser gemeinsamer Patient“

Um die teils mangelhafte Kommunikation zwischen ambulantem und stationärem Sektor zu verbessern, haben wir von Anfang an neben fachlichen Themen auch immer wieder Schnittstellenprobleme besprochen. So war schon 2007 der Arztbrief ein zentrales Thema, ab 2008 haben wir auch ambulante Pflegedienste eingebunden.

Im Jahr 2017 haben wir die Veröffentlichung des Rahmenvertrages über ein Entlassmanagement nach § 39 SGB V [6] thematisiert. Da wir die Veranstaltungsreihe jährlich evaluieren, können wir nach 10-jähriger Erfahrung konstatieren, dass sich die Kommunikation zwischen niedergelassenen Ärzten und dem Krankenhaus erheblich verbessert hat und das Verständnis füreinander deutlich gewachsen ist.

Zentrales Belegungs- und Entlassungsmanagement

Grundsätzlich soll ein Belegungsmanagement sicherstellen, dass möglichst jeder Patient zur richtigen Zeit im richtigen Bett liegt [7]. Das gilt für alle geplanten (elektiven) wie auch möglichst alle ungeplanten (akuten) Aufnahmen. Damit wollen wir gleichzeitig sicherstellen, dass die vorhandenen Kapazitäten optimal genutzt werden [3, 8].

Das Entlassungsmanagement hat zum Ziel, dass die Patienten gut vorbereitet und ohne Verlust von Informationen (Entlassungsbrief, Verordnungen, Dokumente …) nahtlos entweder im ambulanten Sektor oder in der stationären Pflege weiter betreut werden können. Damit handelt es sich in erster Linie um eine koordinierende Funktion.

Belegungsmanagement

Formal untersteht das Belegungsmanagement (wie auch das Operationsmanagement) als Administrationsbereich dem Ärztlichen Direktor (Abb. 1). Dies ist notwendig, damit in einer möglichen strittigen Situation die Interessen des Krankenhauses gegenüber denen der einzelnen Fachabteilungen entsprechend vertreten werden können.

Abb. 1
figure 1

Verantwortungsbereich des Ärztlichen Direktors

Entscheidungen des Belegungsmanagements können auch teils erhebliche ökonomische Auswirkungen auf das Krankenhaus haben. Dies soll Abb. 2 als abstraktes Beispiel (aus [8]) verdeutlichen.

Abb. 2
figure 2

Mögliches Erlösszenario. (Aus [8])

Um diesen Umstand immer wieder mit zu berücksichtigen und nicht ganz aus dem Blick zu verlieren, setzt sich unsere wöchentliche Besprechungsrunde aus folgenden Bereichen zusammen, wobei jeweils eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter vertreten ist:

  • Belegungsmanagement (akut und Reha),

  • ärztliche Direktion,

  • Pflegedirektion,

  • Sozialdienst/Entlassungsmanagement,

  • Controlling und Finanzen,

  • Servicebüro für die Unfallversicherer,

  • Patientenaufnahme,

  • Medizincontrolling.

In dieser Konstellation tagen wir wöchentlich und besprechen die anstehenden Probleme. Über die Sitzung wird ein Protokoll gefertigt, das auch der Geschäftsführung zur Verfügung gestellt wird.

Hauptamtlich arbeiten 2 Mitarbeiterinnen für das Belegungsmanagement, alle anderen sind nebenamtlich tätig.

Die täglichen Belegungen steuern im Wesentlichen 4 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter – die beiden hauptamtlichen und 2 nebenamtliche. In der Literatur [3] kann man lesen:

„Die informationstechnologische Umsetzung kann über das vorhandene Krankenhausinformationssystem oder eine hierfür spezialisierte Software erfolgen.“

In der Praxis stellt sich das allerdings schwierig dar, da je nach Zielstellung verschiedene statische oder dynamische Statistiken im System zu finden sind. Wenn beispielsweise ein Neurologe aus der Notaufnahme ein Bett sucht, so stellt er fest, dass auf seiner eigenen Station bereits ein Zusatzbett aufgestellt ist. In der Neurochirurgie dagegen (Abb. 3) vermutet er freie Betten und ist überrascht, dass diese effektiv nicht zur Verfügung stehen. Bei Anruf teilt ihm die Station mit, dass ein Zimmer renoviert wird und einige Zimmer wegen besonderer Keime (z. B. Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus [MRSA]) und entsprechender Isolierungsmaßnahmen nicht voll belegt werden können. All diese Dinge gehen aus den allgemeinen Statistiken nicht hervor. Die einzelnen Stationsgrafiken dagegen würden diese Umstände erkennen lassen, aber darauf hat z. B. der entsprechende Neurologe datenschutzrechtlich keinen Zugriff.

Abb. 3
figure 3

Auszug aus der „Mitternachtsstatistik“

Aus diesen ganz praktischen Gründen rufen inzwischen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in entsprechenden Situationen direkt beim Belegungsmanagement an, um ein adäquates Bett für einen entsprechenden Patienten zu bekommen.

Wir halten zurzeit im Bergmannstrost 10 Fachabteilungen vor und haben deshalb eine Kombination von zentraler und dezentraler Steuerung etabliert. Ein zentraler Belegungsmanager kann weder alle Dienst- und Urlaubspläne noch die Krankheitsvertretungen in allen Fachabteilungen kennen. Außerdem überblickt er auch nicht die Fachexpertise der gesamten Ärzteschaft. Plant z. B. ein Unfallchirurg einen komplexen Eingriff, der die Anwesenheit eines bestimmten Operateurs nötig macht, so fordert er (dezentral) zu einer ganz bestimmten Zeit ein Bett an. Das Belegungsmanagement (zentral) setzt die Anforderung um und garantiert intern zum entsprechenden Zeitpunkt das Bett (in solch komplexen Fällen in Abstimmung mit dem Operationsmanagement).

Auch Patientenübernahmen von auswärtigen Krankenhäusern verlangen immer Absprachen zwischen dezentraler Fachabteilung und zentralem Belegungsmanagement, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.

Bei der Planung einer stationären Aufnahme sind mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen (Infobox 1). Die Indikation wird rein ärztlich gestellt, bei allen anderen Punkten wird das Belegungsmanagement organisatorisch und beratend tätig.

Die Verweildauer ist im heutigen Abrechnungssystem von zentraler Bedeutung. Der Arzt kann bei seiner Entscheidung zur Entlassung des Patienten auf vielfältige Weise vom Belegungsmanagement unterstützt werden (Infobox 2).

Entlassungsmanagement

Formal untersteht das Entlassungsmanagement im Gegensatz zum Belegungsmanagement der Pflegedirektion (Abb. 4). Das hat bei uns rein historische Gründe, da der Sozialdienst schon vor Einführung eines Belegungsmanagements so organisiert war – mit der Zuständigkeit für die Entlassungen.

Abb. 4
figure 4

Verantwortungsbereich des Pflegedirektors. BVZ Brandverletztenzentrum, ZSVA Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung

In der Praxis funktioniert das Zusammenspiel von Belegungs- und Entlassungsmanagement reibungs- und nahtlos, und zwar sowohl in der Tagesroutine als auch bei prinzipiellen Fragen.

Eine Entlassung aus dem Krankenhaus sollte gut vorbereitet sein, der Zeitpunkt rechtzeitig abgestimmt sein und die Situation nach der Entlassung geklärt sein. Gerade hier werden die meisten Mängel beklagt – und das auch im SGB VII-Bereich, obwohl die Voraussetzungen optimal sind ([3], S. 71). Deshalb gehören zu den Hauptaufgaben im Entlassungsmanagement:

  • die Ermittlung des patientenseitigen Bedarfs,

  • die Erstellung eines Entlassplanes,

  • die Aufklärung des Patienten über die Versorgung nach Entlassung,

  • der Informationsaustausch mit ambulanten Leistungserbringern,

  • die Verordnung von ambulanten Leistungen.

Um die Entlassung bereits von der Aufnahme an im Blick zu haben, hängt in allen Sekretariaten und Arztzimmern auf den Stationen eine von uns selbst entwickelte Checkliste mit allen möglicherweise zu berücksichtigenden Punkten (Infobox 3).

Im Netz haben wir einen selbst erstellten Entlassplan (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 1), den wir so überarbeitet haben, dass er die Kriterien nach Rahmenvertrag § 39 [1, 2, 6] erfüllt. Dieser Entlassplan kann dann bei Bedarf fortlaufend bei jeder Visite immer weiter vervollständigt werden und bleibt als Dokument in der elektronischen Krankenakte.

Unter Berücksichtigung des Entlassplanes erhält jeder Patient am Entlassungstag den Entlassungsbrief und – falls nötig – die entsprechenden Verordnungen. Die Medikation aus dem Entlassungsbrief wird automatisch in einen zusätzlich erstellten Medikationsplan übernommen und dem Patienten ebenfalls ausgehändigt. Mit dieser EDV-seitigen Verknüpfung von Entlassungsbrief und Medikationsplan sind widersprüchliche Angaben, die früher durchaus ein Problem waren, jetzt ausgeschlossen.

Mit all diesen Maßnahmen und unter erheblichem Aufwand ist ein zeitgemäßes und verantwortungsvolles Belegungs- und Entlassungsmanagement möglich und entspricht in großen Teilen einem Fallmanagement.

Fazit

Während ein zeitgemäßes Entlassungsmanagement nach unserer Erfahrung immer zentral gesteuert werden sollte, kann das Belegungsmanagement sowohl zentral als auch in einer Kombination aus zentralen und dezentralen Elementen gesteuert werden. Bei nur einer oder wenigen Fachabteilungen bietet sich die zentrale Steuerung an, ansonsten eher die Kombinationsvariante. Weitere wesentliche Einflussfaktoren sind die Patientenstrukturen, das Verhältnis von Akut- zu Elektivaufnahmen, die Rate der stationären Wiederaufnahmen und komplexe Fallkonstellationen. Somit ist ein zeitgemäßes Belegungs- und Entlassungsmanagement geprägt von

  • medizinisch/fachlich/pflegerischer,

  • organisatorischer und letztlich auch

  • ökonomischer Verantwortung.

Infobox 1 Faktoren bei stationärer Patientenaufnahme

  • Indikation

  • Diagnostik vollständig?

  • Terminierung Operation (Kapazität, Personal)

  • Terminierung Intervention (Kapazität, Personal)

  • Bett

  • Aktuelle Lebenssituation des Patienten beeinflusst die Entlassung: häusliches Umfeld, geistige/körperliche Defizite, Medikamente

  • Verweildauer

Infobox 2 Beeinflussung der Verweildauer (Verweildauer-„Management“)

  • Entscheidung des Arztes

  • Flankierende Unterstützung

  • Koordinierung

  • Dokumentation der Leistungen

  • MDK(Medizinischer Dienst der Krankenversicherung)-konforme Dokumentation

  • Erlöse/DRG

  • Teamarbeit

  • Transparenz

Infobox 3 Interne Checkliste zur Vorbereitung der Entlassung (Entlassungsplanung schon bei Aufnahme)

  • Arbeitsunfähigkeit (ja/nein, Dauer)

  • Spezialisierte ambulante Palliativversorgung

  • Kurzzeitpflege

  • Haushaltshilfe

  • Krankenkasse/Pflegekasse

  • Häusliche Krankenpflege

  • Rehabilitation

  • Heil- und Hilfsmittelversorgung

  • Medikamente

  • Verbandsmittel

  • Sozialdienst/Entlassungsmanagement

  • Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit

  • Pflegeberatung