S 24 KR 863/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 863/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.239,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme einer Krankenhausbehandlung.

Der bei der Beklagten versicherte Herr L L1 (geb. am 00.00.1938) wurde in der Zeit vom 23.09.2016 bis 18.11.2016 stationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Für diese Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten am 10.11.2016 eine Rechnung in Höhe von 23.118,21 EUR aus.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Einzelfallprüfung. Die entsprechende Prüfanzeige des MDK ging am 14.11.2016 bei der Klägerin ein. Danach hatte der MDK die Verweildauer, die DRG und die Korrektheit der abgerechneten Zusatzentgelte zu prüfen. Zunächst war eine Fallprüfung im Rahmen einer Begehung angekündigt. Am 29.12.2016 änderte der MDK das Prüfverfahren und forderte eine Übersendung von Patientenunterlagen an, was von der Klägerin am 18.01.2017 veranlasst wurde. Der Eingang der Unterlagen wurde am 30.01.2017 bestätigt.

In einem Gutachten vom 16.02.2017 führte der MDK aus, dass die Verweildauer in voller Länge gerechtfertigt und auch die abgerechnete DRG R61E korrekt gewesen sei. Allerdings sei anhand der Behandlungsunterlagen belegt, dass eine höhere Menge des Medikaments Rituximab appliziert (2.200 mg) als sie von der Klägerin kodiert worden sei, weshalb der OPS 6-001ha in den OPS 6-001he abzuändern sei, wodurch dann das höher bewertete Zusatzentgelt 76ZEE815 (Gabe von Rituximab intravenös, 2.050 mg bis unter 2.450 mg; OPS 6-001.he) anfalle.

Die Klägerin stornierte daraufhin am 26.04.2017 die ursprüngliche Rechnung und stellte am gleichen Tag eine neue Rechnung entsprechend dem Ergebnis des MDK-Gutachtens aus, wobei sich ein Mehrerlös von 3.239,31 EUR ergab.

Die Beklagte zahlte daraufhin am 15.05.2017 den erhöhten Rechnungsbetrag.

Mit Schreiben vom 22.08.2017 teilte die Beklagte der Klägerin dann aber mit, dass sie den Mehrbetrag unter Berufung auf die Regelung des § 7 Abs. 5 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht für berechtigt erachte und daher eine Verrechnung mit einer unstreitigen Forderung vornehmen werde. Die am 26.04.2017 von der Klägerin vorgenommene Datenkorrektur sei zu spät erfolgt. Am 05.09.2017 verrechnete die Beklagte den streitigen Betrag mit einer unstreitigen Forderung aus dem Behandlungsfall der Versicherten T C, die im Zeitraum vom 01.08.2017 bis 11.08.2017 im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde.

Mit der am 28.09.2017 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Erstattung des verrechneten Betrages. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein Anspruch auf den Mehrerlös aus dem Behandlungsfall L1 zustehe und die Aufrechnung mit der unstreitigen Forderung aus dem Behandlungsfall C unbegründet sei. Aus § 7 Abs. 5 PrüfvV folge keine Ausschlussfrist bzgl. des geltend gemachten Mehrerlöses. Anderenfalls wäre es den Krankenhäusern immer verwehrt, eine unstreitig fehlerhafte Abrechnung zu korrigieren. Nachdem die Beklagte die Prüfung auch auf die Zusatzentgelte erstreckt habe, könne sie sich diesbezüglich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Der Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.239,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass ein Anspruch nach § 7 Abs. 5 PrüfvV daran scheitere, dass die Rechnungskorrektur nach Abschluss der MDK-Prüfung und erst nach 5 Monaten nach Prüfungseinleitung erfolgt sei. Auch der GKV-Spitzenverband verstehe diese Regelung so.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Patientenunterlagen zum Behandlungsfall des Versicherten L1 verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand ist vorliegend nicht die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des Versicherten L L1 vom 23.09.2016 bis 18.11.2016, sondern die Frage, ob die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bzgl. dieses Behandlungsfalles aufrechnen durfte. Bei der zu Grunde liegenden unstreitigen Hauptforderung, mit der die Aufrechnung erklärt wurde, handelt es sich um den Fall der Versicherten T C, die vom 01.08.2017 bis 11.08.2017 im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde. Um Erfüllung dieser Forderung geht es der Klägerin.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für eine Versicherte gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. etwa Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R -, juris Rn. 13).

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 3.239,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 verlangen.

Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R -, juris Rn. 9 f.; BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 11/09 R -, juris Rn. 7). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (Landessozialgericht Niedersachsen Urteil vom 30.01.2002 - L 4 KR 110/00 -, juris Rn. 22). Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch Krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten umfasst vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Die Erforderlichkeit der hier streitigen stationären Behandlung der Versicherten T C und die ordnungsgemäße Abrechnung sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Dieser Vergütungsanspruch erlosch auch nicht dadurch, dass die Beklagte wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten L L1 analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung erklärt hätte.

Rechtsgrundlage für die im Wege der Aufrechnung geltend gemachte Gegenforderung ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, denn die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus sind öffentlich-rechtlich geprägt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung - §§ 812 ff. BGB -, mit der der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Diesbezüglich ist allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden können (vgl. BSG Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R -, juris Rn. 15 ff.).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr in Rechnung gestellten und bezahlten Kosten des stationären Aufenthalts ihres Versicherten L L1 im Krankenhaus der Klägerin jedoch mit Rechtsgrund geleistet. Die stationäre Behandlung vom 23.09.2016 bis 18.11.2016 war gemessen an den oben genannten Kriterien medizinisch begründet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einer nachträglichen Änderung der Schlussrechnung durch die Klägerin nicht der Grundsatz der Verwirkung entgegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG passt das Rechtsinstitut der Verwirkung als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nämlich nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung. Ein Verwirkungsverhalten kommt daher nur in Betracht bei der vorbehaltlosen Erteilung einer nicht offensichtlich unschlüssigen Schlussrechnung eines Krankenhauses. Eine Vertrauensgrundlage entsteht in der Regel im Anschluss hieran, wenn das Krankenhaus eine Nachforderung weder im gerade laufenden noch nachfolgenden vollen Haushaltsjahr der Krankenkassen geltend macht. Der Vertrauenstatbestand erwächst daraus, dass die Krankenkasse regelhaft darauf vertraut, dass das Krankenhaus insoweit keine weiteren Nachforderungen erhebt. Hieran richtet sie ihr Verhalten aus, indem sie davon Abstand nimmt, die Abrechnung als zweifelhaft zu behandeln und - im Kontext sonstiger streitiger Forderungen - dafür haushaltsrechtlich relevante Vorkehrungen zu treffen (vgl. etwa BSG Urteil vom 05.07.2016 - B 1 KR 40/15 -, juris Rn. 21 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer ausdrücklich an, sodass die von der Klägerin im Haushaltsjahr 2017 vorgenommene nachträgliche Korrektur der ersten Rechnung aus dem Jahr 2016 nicht verwirkt und damit zulässig ist.

Etwas Anderes folgt auch nicht aus der PrüfvV (so im Ergebnis auch Sozialgericht [SG] Reutlingen Urteil vom 11.01.2017 - S 1 KR 3109/15 -; SG Kassel Gerichtsbescheid vom 25.11.2016 - S 12 KR 594/15 -; SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -; a.A. SG Köln Urteil vom 04.05.2016 - S 23 KN 108/15 KR -, jeweils juris). § 7 PrüfvV (in der hier maßgeblichen bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung) enthält nähere Regelungen zur Durchführung der MDK-Prüfung. So kann nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV bei Prüfung im schriftlichen Verfahren der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln (§ 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV). Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag (§ 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV). Nach § 7 Abs. 5 PrüfvV sind Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich (Satz 1). Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 der PrüfvV an die Krankenkasse erfolgen (Satz 2). Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des Prüfanlasses nach § 6 Abs. 3 Satz 4 PrüfvV eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von 5 Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen (Satz 3). Nach § 8 PrüfvV hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen (Satz 1). Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind die wesentlichen Gründe darzulegen (Satz 2). Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 zu erfolgen (Satz 3). Die Regelung des § 8 Satz 3 PrüfvV wirkt als Ausschlussfrist (Satz 4).

Die in der PrüfvV vereinbarte materiell-rechtliche Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur innerhalb der gesetzlich normierten Verjährungsfrist bzw. innerhalb des von der Rechtsprechung des BSG definierten Zeitraums des Einwendungsausschlusses der Verwirkung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG gedeckt, da damit bereits unter Beachtung des Wortlauts ("das Nähere zum Prüfverfahren") über die Regelung einer Verfahrensfrage hinausgegangen wird (vgl. SG Kassel Gerichtsbescheid vom 25.11.2016 - S 12 KR 594/15 -, juris Rn. 40 ff.; SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -, juris Rn. 44). Diesem Ergebnis entspricht auch der Sinn und Zweck sowie die Historie der PrüfvV. Die PrüfvV bezieht sich nämlich lediglich auf eine Beschleunigung und bundesweit einheitliche Gestaltung des Prüfverfahrens, weil die Ermächtigungsgrundlage in § 17c KHG und die §§ 275 ff. SGB V allein auf dieses Verfahren ausgerichtet sind (vgl. BT-Drucks. 17/13947, S. 38). Es dürfen nach der Ermächtigungsnorm lediglich Abweichungen im Hinblick auf die - hier nicht relevante - Sechswochenfrist zur Einleitung des Prüfverfahrens gemäß § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vorgenommen werden (BT-Drucks 17/13947, S. 38). Diese Sechs-Wochen-Frist beginnt zudem erst nach Erteilung der Schlussrechnung sowie der Übersendung der Daten nach § 301 SGB V, sodass letztlich den Krankenkassen Anfang, Dauer und Ende der Frist bekannt sind und die Einhaltung der Frist somit allein von einer rechtzeitigen Prüfanzeige abhängig ist. Würde man nunmehr der Fertigstellung eines MDK-Gutachtens - wie dies die PrüfvV vorsieht - eine über die bloße Beendigung der Prüfung hinausgehende materiell-rechtliche Ausschlusswirkung für Rechnungskorrekturen einräumen, hätte es allein der MDK in der Hand, eine Rechnungsnachforderung auszuschließen. Denn den Krankenhäusern ist gerade nicht bekannt, wie lange die MDK-Prüfung dauern bzw. welche Einwendungen der MDK im Einzelnen erheben wird. Letztlich trägt damit das Krankenhaus das alleinige Risiko der Prüfdauer ohne die Möglichkeit der Einwirkung. Dies widerspricht jedoch der Zielsetzung des Prüfverfahrens, welches neben einer zeiteffektiven auch auf eine konsensuale Durchführung ausgerichtet ist (SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -, juris Rn. 44).

Die PrüfvV als untergesetzliche Norm ist ferner nicht geeignet, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses nach dem SGB V einzuschränken. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urteil vom 19.04.2016 - B 1 KR 33/15 R -, juris) sind materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft unzulässig, weil sie zur Folge haben, dass Krankenkassen verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen. Gleiches muss auch für Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gelten.

Darüber hinaus ist die Kammer davon überzeugt, dass die in § 7 Abs. 5 Satz 1 und 2 PrüfvV i.V.m. § 8 Satz 1 PrüfvV aufgeführten Fristen keine Ausschlussfristen darstellen. Diese Normen sprechen - anders als etwa die in § 6 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV und § 8 Satz 4 PrüfvV - nicht davon, dass es sich um Ausschlussfristen handelt. Vor dem Hintergrund der besonders tiefgreifenden Auswirkungen, die nach Ansicht der Beklagten an die Beendigung des Prüfverfahrens durch den MDK geknüpft werden sollen, wäre aber eine ausdrückliche Bezeichnung erforderlich gewesen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die gesetzliche Verjährungsfrist und die Verwirkungsrechtsprechung des BSG. Im Umkehrschluss zu den ausdrücklich in der PrüfvV als solche bezeichneten Ausschlussfristen geht die Kammer daher davon aus, dass hier eine Ausschlusswirkung gerade nicht bezweckt bzw. einvernehmlich vereinbart war (SG Dortmund Urteil vom 05.05.2017 - S 49 KR 580/16 -, juris Rn. 46).

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen besteht nach § 15 Abs. 1 Satz 4 des Landesvertrages i.V.m. §§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 (vgl. BSG Urteil vom 12.07.2012 - B 3 KR 18/11 R -, juris Rn. 29 ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtskraft
Aus
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