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Seit Jahren juristische Auseinandersetzungen bei der Knappschaft in Bad Driburg

Mitarbeiter klagen gegen Klinik

Bad Driburg (WB). Mitarbeiter der Knappschafts-Klinik Bad Driburg klagen laut eines Paderborner Anwaltes seit mehreren Jahren regelmäßig gegen ihren Arbeitgeber. Grund seien plötzliche Versetzungen, fristlose Kündigungen und Arbeitsanweisungen an Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen.

Isabell Waschkies

Hinter den Fassaden der Knappschafts-Klinik rumort es. Mitarbeiter klagen seit mehreren Jahren gegen ihren Arbeitgeber. Es geht um plötzliche Versetzungen, Kündigungen und Arbeitsanweisungen an Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen.
Hinter den Fassaden der Knappschafts-Klinik rumort es. Mitarbeiter klagen seit mehreren Jahren gegen ihren Arbeitgeber. Es geht um plötzliche Versetzungen, Kündigungen und Arbeitsanweisungen an Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen. Foto: Frank Spiegel

Abmahnungen nach Rechtseinspruch

Auffälligster Fall sei nach Angaben von Prof. Dr. Friedrich Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, eine heute 45-jährige Physiotherapeutin, die schwerbehindert ist. Seit 2010 wurden 15 Rechtsstreitigkeiten geführt. In fast allen Fällen hat die Arbeitnehmerin Recht bekommen.

Die Streitigkeiten begannen laut Meyer damit, dass die Therapeutin um eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit von 25 auf 22,5 Stunden bat. Obwohl aus dem Teilzeitgesetz ein Anspruch bestehe, habe die Klinik diesen Wunsch verweigert.

Das Gericht hingegen entschied für die 45-Jährige. Anschließend habe die Klinik von der Physiotherapeutin gewünschte Schulungen abgelehnt und ihr die Aufgabe als stellvertretende Leitung der Bewegungstherapie entzogen. Zahlreiche Abmahnungen in verschiedenen Bereichen seien die Folge gewesen.

Körperlich Behinderte zu Training im Freien angewiesen

Zudem habe ihr die Klinikleitung für ihre medizinischen Behandlungen einen knapp acht Quadratmeter großen Kellerraum zugewiesen, der nicht zur physiotherapeutischen Abteilung gehört habe – ohne Notfall-Telefon. Licht habe es nur durch einen engen Schacht, der mit einem Gitterrost bedeckt gewesen sei, gegeben. Nach einstweiliger Verfügung sei der 45-Jährigen schließlich ein anderer Raum zugewiesen worden.

Obwohl der Arbeitgeber von der körperlichen Behinderung der Physiotherapeutin gewusst habe, wies er sie an, Training im Freien anzubieten. Als diese die Therapie nach einiger Zeit abbrach, erhielt sie die fristlose Kündigung. Diese konnte jedoch seitens der Arbeitgeberin vor Gericht nicht durchgesetzt werden, sondern wurde für rechtswidrig erklärt.

Gewünschter Urlaub der 45-Jährigen sei grundlos abgelehnt worden. »Ohne gerichtliche Hilfe geht bei der Arbeitgeberin nichts. Offensichtlich will man der Arbeitnehmerin Steine in den Weg legen, um das Arbeitsverhältnis kündigen zu können«, sagt Prof. Dr. Friedrich Meyer aus Paderborn, der gegen einen Großteil der Abmahnungen seitens der Knappschafts-Klinik in Bad Driburg nicht geklagt habe, um »die Prozessflut nicht zu überfrachten«.

Angedrohte Kündigung wegen Matratze

Fristlos gekündigt werden sollte Meyers Angaben zufolge auch ein 61-jähriger Haustechniker, der sich für einen privaten Umzug eine Matratze als Ladungssicherung ausgeliehen haben soll. Meyer: »Es bestanden keinerlei ausreichende Anzeichen für einen Diebstahl.« Die Klinik habe die Kündigung zurückziehen müssen. Allerdings habe auch er sich laut Meyer weiteren Maßnahmen aussetzen müssen. So sollte er plötzlich Fahrdienste für Patienten verrichten, Urlaub sei ohne Grund nicht bewilligt worden. Seiner 59-jährigen Ehefrau, die in der Klinik als Verwaltungsfachangestellte tätig ist, sei angeordnet worden, sich im Betrieb nicht mehr frei zu bewegen und sich abzumelden, sobald sie den Verwaltungstrakt verlasse. Erst vor dem Richter habe die Klinik diese Anweisung zurückgenommen.

Ein weiterer Verwaltungsangestellter sollte neben seiner Arbeit in der Terminierung 14 seiner 39 Arbeitsstunden in der EDV-Abteilung leisten. Für das Arbeitsgericht Paderborn war diese Anweisung rechtswidrig. Die Knappschafts-Klinik habe ihm schließlich vorgeworfen, sich unerlaubt vom Arbeitsplatz entfernt zu haben. Knapp drei Jahre später sollte er für sechs Monate an das Klinikum Westfalen mit den Standorten Dortmund, Kamen und Lünen wechseln. In einer Gerichtsverhandlung musste die Klinik diese Abordnung zurückziehen.

Erfolg erst nach bis zu 20 Klagen

»Die Klinik klagt offensichtlich gegen diejenigen Arbeitnehmer, bei denen mehrere Familienmitglieder in diesem Unternehmen beschäftigt sind«, so Meyer. Einzelne Personen müssten bis heute zwischen zehn und 20 Klagen für sich selbst erheben, um ihre Rechte durchzusetzen.

Auf Nachfrage bestätigt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See mit ihren knapp 115 Mitarbeitern in Bad Driburg, dass es in den vergangenen anderthalb Jahren acht Gerichtsverfahren gegeben habe. Derzeit gäbe es drei Verfahren. Bei den Klagenden handele es sich um »einen kleinen Kreis von Mitarbeitern«. Weitere Informationen wollte die Knappschaft-Bahn-See nicht geben.

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