Rückforderung von Aufwandspauschalen bleibt treuwidrig

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Die Versuche der Krankenkassen von den Krankenhäusern unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. Senates des BSG bereits gezahlte Aufwandspauschalen nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V zurückzufordern, beschäftigen nach wie vor die Gerichte.

Wir berichteten bereits über die Entscheidung des SG vom 09.08.2017 (- S 1 KR 481/16 -), mit welcher das Gericht den behaupteten Rückzahlungsanspruch der Krankenkasse wegen des Verstoßes gegen Treu und Glauben abgelehnt hatte.

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in der Entscheidung vom 25.04.2018 (- L 11 KR 617/17 NZB -) die Versuche der Krankenkassen ihren Anspruch im Wegen der Berufung weiterzuverfolgen, eine Absage erteilt und die Beschwere gegen die Nichtzulassung der Berufung zurückgewiesen.

Ein allgemeines Interesse an der Klärung einer grundlegenden Rechtsfrage hat das Gericht verneint. Die von der Krankenkasse formulierte Frage, ob § 275 Abs. 1c SGB V für Zeiträume vor dem 01.01.2016 ein Vertrauen des Krankenhauses auf das „Behaltendürfen“ der Aufwandspauschale und die Nichtberechtigung einer Rückforderung für die Krankenkasse innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist begründet, sei nach dem LSG nicht entscheidungsrelevant. Das SG Aachen führe an keiner Stelle aus, dass sich aus § 275 Abs. 1c SGB V ein vertrauensbegründender Tatbestand für das Krankenhaus herleite. Vielmehr sei das Rückforderungsbegehren der Krankenkasse treuwidrig. Die Treuwidrigkeit sei zum einen darin begründet, dass die Zahlung der Aufwandspauschale im Jahr 2012 nach der zum damaligen Zeitpunkt gegebenen Rechtsprechung des damals auch zuständigen 3. Senats des BSG mit Rechtsgrund erfolgt war. Lediglich die spätere Rechtsprechung des nunmehr allein zuständigen 1. Senats führe zu der heutigen Bewertung, dass die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt sein könnte. Aus dieser Änderung der Rechtsprechungszuständigkeit einen Erstattungsanspruch herleiten zu wollen, wertet das Gericht als Verstoß gegen Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Darüber hinaus stützt das SG Aachen die Entscheidung auf die zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen bestehende Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Diese schließe nach Ablauf des laufenden und eines weiteren vollen Haushaltsjahrs eine Nachforderung durch ein Krankenhaus aus. Gleiches müsse auch umgekehrt jedenfalls für eine Rückforderung wegen geänderter Rechtsprechung für Zeiträume gelten, die zu einem so späten Zeitpunkt erfolgten, dass die Kalkulationsgrundlagen der Krankenhäuser beeinträchtigt seien. Insofern komme es auf einen eventuellen Vertrauensschutz überhaupt nicht an.

Die Entscheidung ist im Ergebnis zu begrüßen und rückt den wesentlichen Grund für die Verneinung der Rückforderungsansprüche der Krankenkasse in den Vordergrund. Denn es ist tatsächlich im höchsten Maße treuwidrig, wenn die Krankenkassen sich nun auf eine Rechtsprechung berufen wollen, deren Inhalt und Reichweite sie zum damaligen Zeitpunkt noch überhaupt nicht gekannt haben. Die Krankenkassen dürfen sich nicht wundern, wenn ihnen treuwidriges Verhalten vorgeworfen wird, wenn sie nun Prüfungsverfahren als Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit betiteln, wenn alle Beteiligten zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht wussten, dass ein solches Prüfverfahren neben der Prüfung gem. § 275 SGB V überhaupt existiert.

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