Lindlarer KrankenhausHerz Jesu schließt nach 127 Jahren

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Ein Foto aus besseren Tagen: Pfarrer Josef Rottländer segnet 1997 die neue Urologische Station am Herz-Jesu-Krankenhaus Lindlar.

Ein Foto aus besseren Tagen: Pfarrer Josef Rottländer segnet 1997 die neue Urologische Station am Herz-Jesu-Krankenhaus Lindlar.

1883: Der Lindlarer Pfarrer Johannes Fischer stiftet testamentarisch 36 000 Reichsmark für den Bau eines Krankenhauses – zur Aufnahme von Kranken, Hilflosen und Waisen , und zwar ohne Unterschied in der Konfession. Weil der Preußische Staat und die Katholische Kirche sich streiten, verzögert sich der Baubeginn.

Dezember 1891: Das zweistöckige Gebäude an der Hauptstraße mit einer Frontlänge von 27,5 Metern geht in Betrieb. Geführt wird das Haus von den Schwestern des „Ordens der armen Dienstmägde“. Zu Beginn kümmern sich nur zwei Schwestern um 34 Patienten, Alte und sechs Waisenkinder. Dr. Hugo Joerrens wird der erste Arzt am Krankenhaus. Wie damals üblich, arbeitet er nur stundenweise am Krankenhaus, ansonsten ist er mit Pferd und Wagen unterwegs zu seinen Patienten, im Winter oft mit dem Pferdeschlitten.

1927 bis 1929: Das Herz-Jesu-Krankenhaus wird erweitert, nach den Plänen des Kölner Architekten Dominikus Böhm, der auch die Krankenhauskapelle entwirft.

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Juni 1930: Das Kuratorium des Krankenhauses wählt Dr. Wilhelm Meinerzhagen zum leitenden Arzt der chirurgisch-gynäkologischen Abteilung. Er leitet das Haus bis 1959, 1968 ernennt ihn die Gemeinde Lindlar zum Ehrenbürger.

1932: Die „Armen Dienstmägde Christi“ ziehen sich aus dem Lindlarer Krankenhaus zurück, die Neußer Schwestern vom Orden des Heiligen Augustinus übernehmen ihre Aufgaben.

1953: Die Augustiner-schwestern werden abgelöst von den Borromäerinnen. Das Krankenhaus hat Mitte der 50er Jahre drei fest angestellte Ärzte: Dr. Wilhelm Meinerzhagen (Chirurgie und Chefarzt), Dr. Keppel (Innere) und Frau Dr. Keutgen (zuständig für die Tuberkulose-Kranken).

1966 bis 1975: Das Herz-Jesu-Krankenhaus wird für rund 10 Millionen Mark erweitert, der Altbau wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. 70 Prozent davon gibt das Land NRW als Darlehnen Die Bettenzahl steigt von 125 auf rund 180.

September 1977: Die Urologische Abteilung wird im ehemaligen Waschhaus eröffnet, die erste Urologie in ganz Oberberg (Lindlar gehört seit 1975 zum Oberbergischen Kreis). Das Haus hat jetzt fünf Fachabteilungen: Innere, Chirurgie, Anästhesiologie, Gynäkologie und Urologie.

1981: Der Orden der Borromäerinnen gibt mangels Nachwuchs die Trägerschaft von Herz Jesu ab. Caritasverband und das Generalvikariat wollen das Haus zu einem Altersheim und einer Rheumaklinik umfunktionieren. Ein Bürgerinitiative macht mobil gegen die Pläne, sammelt über 10 000 Unterschriften und demonstriert. Das Generalvikariat lenkt ein, die Kirchengemeinde St. Severin wird neuer Träger. Später übernehmen die Katholischen Kliniken Oberberg (KKO) diese Funktion, die 1999 von den Katholischen Kirchengemeinden in Lindlar und Engelskirchen gegründet wurde.

1991: Das Herz-Jesu-Krankenhaus feiert sein 100-jähriges Jubiläum. Das Haus zählt 250 Mitarbeiter und hat einen Jahresumsatz von rund 17 Millionen D-Mark.

2002: Mit Einführung des Fallpauschalen wird die Krankenhausfinanzierung grundlegend geändert, viele kleinere Häuser schreiben bald rote Zahlen.

September 2003: Das Labor des Herz-Jesu-Krankenhauses schließt, nur ein Notfalllabor bleibt vor Ort. Die Gynäkologie wurde bereits zuvor geschlossen.

Januar 2006: Die Katholischen Kliniken geben bekannt, auch die Urologie zu schließen. Im August 2006 nimmt die neu erbaute Geriatrische Tagesklinik den Betrieb auf.

Ende 2008: Auch die Abteilung für Innere Medizin schließt. In Lindlar verbleibt nur die Geriatrie.

Februar 2010: Die Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) übernehmen die Katholischen Kliniken Oberberg.

Juli 2013: Der Aufsichtsrat der GFO stimmt aus wirtschaftlichen Gründen für ein Schließung des Herz-Jesu-Krankenhauses. Politik und Bürger sind empört. Im August demonstrieren rund 70 Lindlarer Bürger gegen das Vorhaben, über 4500 Unterschriften werden gesammelt. Im Oktober verteidigen im Lindlarer Rat die Geschäftsführer von GFO und KKO die Schließung.

Juli 2016: Die Bauträgergesellschaft HKM aus Leverkusen erwirbt das Krankenhausgelände von den KKO. Auf dem Gelände sollen Wohnungen entstehen, außerdem Platz für Gewerbe und medizinnahe Leistungen.

18. Juni 2018: Die Abteilung für Geriatrie zieht mit 60 Patienten nach Engelskirchen um, das Herz-Jesu-Krankenhaus wird geschlossen.

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