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Bad Oeynhausen

Amtsgericht: Chefarzt soll Klinik-Konzept gestohlen haben

Ein 64-jähriger Mediziner hat angeblich trotz Hausverbots in der Nacht wichtige Papiere der Klinik eingesteckt. Der als Zeuge geladene Geschäftsführer blieb der Verhandlung fern und war auch telefonisch nicht zu erreichen

21.06.2018 | 21.06.2018, 15:00
Es kommt vor, dass Menschen in leitenden Funktionen von heute auf morgen das Büro räumen und ihre Sachen packen müssen. Das kann hässlich werden. - © dpa
Es kommt vor, dass Menschen in leitenden Funktionen von heute auf morgen das Büro räumen und ihre Sachen packen müssen. Das kann hässlich werden. | © dpa

Bad Oeynhausen. Es kommt vor, dass Menschen in leitenden Funktionen von heute auf morgen das Büro räumen und ihre Sachen packen müssen. Das kann hässlich werden. Eher selten muss die Polizei eingreifen. In einer Reha-Klinik in Bad Oeynhausen lief so eine Entlassung aus dem Ruder. In der Nacht vom 10. auf den 11. März 2017 zuckte Blaulicht über den Parkplatz, weil sich der Geschäftsführer und der Chefarzt wegen einiger Klinik-Papiere stritten.

Vorher war ihm gekündigt worden

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den Chefarzt vor dem heimischen Amtsgericht wegen Diebstahls angeklagt. Dem Mediziner war offenbar am Tag vor dem Vorfall gekündigt worden. Weil der Arzt gegen Mitternacht zwei Tüten und einen Karton voller Papiere unter den Augen der diensthabenden Krankenpflegerinnen in sein Auto schleppte, telefonierten diese erst den Geschäftsführer herbei und der rief offenbar die Polizei. Der Mediziner und sein Verteidiger stellen die mitternächtliche Räumung ganz anders dar. Bei den Papieren habe es sich zudem um „teils sehr alte Konzepte" seines Vorgängers gehandelt. Darin hatte dieser für die Krankenkassen kalkuliert, welche Behandlungen die Klinik zu welchen Kosten durchführen wollte.

Geschäftsführer soll Papiere untergeschoben haben

Der Arzt beschuldigte den Geschäftsführer, ihm diese Papiere untergeschoben zu haben. Ein Polizist bestätigte als Zeuge, dass der Geschäftsführer die fraglichen Papiere aus dem Kofferraum des Arzt-Autos geholt hatte. Allerdings habe nicht nur der Kofferraum des Kombis, sondern auch die gesamte Rückbank voller Papiere und Ordner gelegen. Der Polizist auf mehrfache Nachfragen: „Das ging schon recht zügig." Die Lage war offenbar schon am Vormittag eskaliert. Da hatte der Geschäftsführer mit seinem Chefarzt und dem Oberarzt ein Konfliktgespräch geführt, in dem der Oberarzt seine Kündigung angeboten hatte. „Der Geschäftsführer hat mich nur beleidigt", erklärte der Chefarzt. Wäre ihm nicht gekündigt worden, hätte er das selbst getan, behauptete der Arzt und verwies auf ein Vorstellungsgespräch, das er am gleichen Tag in Mannheim geführt, aber verschwiegen habe. Die schriftliche Kündigung habe ihn erst einen Tag später, am 11. März erreicht.

Büro durchwühlt

Als er spätabends von dem Vorstellungsgespräch zurückgekehrt sei, habe er sein Büro räumen wollen, aber durchwühlt vorgefunden. Seine verbliebenen Sachen und mehrere Ordner voller Papiere, darunter Patientengutachten, habe er in zwei Tüten und einen Umzugskarton gepackt und alles in seinem Auto verstaut. Ob darunter auch die fraglichen Konzept-Papiere der Klinik waren, sei ihm nicht bekannt.

Weil er zu dieser Zeit viel unterwegs gewesen sei, hätten sich in seinem Auto zahlreiche Ordner mit Weiterbildungsunterlagen und Gutachten befunden. „Die haben die Klinik nie erreicht", so der Arzt. Der Richter: „Sie meinen, die haben das Auto nie verlassen?"

Nicht zum Prozesstermin erschienen

Der Geschäftsführer war zum Erstaunen des Gerichts nicht zum Prozess erschienen. Die Protokollführerin telefonierte dem Zeugen hinterher, erreichte aber bloß die Klinik. Und die konnte den Geschäftsführer angeblich nicht ans Telefon bekommen. Der Richter: „Egal, er soll einfach kommen!" Schließlich sei bereits ein Prozesstermin verlegt worden, weil der Geschäftsführer verhindert war.

Weil der Mann trotz weiterer Telefonate nicht aufzutreiben war, erwog der Richter, die Polizei vorbei zu schicken: „Der Mann lässt sich nachts auf dem Handy anrufen", sagte der Richter, „und ist jetzt nicht zu erreichen?"

Schließlich rief seine Ehefrau an und teilte mit, dass ihr Mann eine Woche lang in Freiburg weilte.

Das Gericht vertagte sich deshalb um zwei Wochen. Dann soll der Prozess mit der Aussage des Geschäftsführers fortgesetzt werden.