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Medizincampus

„Das Krankenhaus darf man uns nicht wegnehmen“

Weingarten / Lesedauer: 4 min

Weingartener Bürger sorgen sich angesichts des Millionenverlustes um das 14-Nothelfer
Veröffentlicht:27.06.2018, 16:20

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Die Bilanz des Medizincampus Bodensee (MCB) für das Jahr 2017, die dem Finanz- und Verwaltungsausschuss in Friedrichshafen am kommenden Montag präsentiert wird, ist deutlich schlechter als im Vorjahr. Alle drei Häuser des MCB haben rote Zahlen geschrieben. Doch während sich die Verluste in Tettnang (von 56 253 auf 778 970 Euro) und Friedrichshafen (von plus 96 000 auf minus 1,24 Millionen Euro) bezogen auf den Betrag noch in Grenzen hält, weist das 14-Nothelfer in Weingarten mit 2,95 Millionen Euro (2016: 1,37 Millionen Euro) die schlechteste Bilanz der drei Häuser auf.

Auch wenn das grundsätzlich keine guten Nachrichten sind, unterstreicht es doch: Der Weingartener Gemeinderat hat im Jahr 2013 die richtige Entscheidung getroffen, das hoch defizitäre 14 Nothelfer aus dem städtischen Besitz an den Klinikverbund zu verkaufen – zumal der Verlust ohne die Angliederung an den MCB womöglich noch viel höher ausgefallen wäre. Das sehen viele Weingartener Bürger ähnlich, die sich nun aber auch wieder um die Zukunft des Hauses sorgen.

„Wir brauchen ein Krankenhaus. Von dem sind wir abhängig. Wenn heute oder morgen etwas ist, wo gehen wir dann hin? Krankenhaus und Gefängnis – das braucht man“, sagt Erika Hartnegg . „Denn da kommst du öfters rein. In die Schule kommen wir nicht mehr.“ Deswegen hat sie auch Verständnis für die Übernahme aus dem Jahr 2013. Wenn der MCB das finanziell verkraften könne, sei das keine schlechte Sache. Denn Weingarten ohne das 14-Nothelfer, das kann sie sich nicht vorstellen. Und auch ihre Freundin Elke Weiß sieht das ähnlich. Erst kurz vor Weihnachten sei sie im 14-Nothelfer gewesen und sei dort sehr gut versorgt worden. „Das Krankenhaus darf man uns nicht wegnehmen. Das brauchen wir. Das ist dermaßen wichtig“, sagt Weiß, für die das Ravensburger Elisabethenkrankenhaus (EK) keine Alternative darstellt. Ins 14-Nothelfer gehe sie viel „lieber als ins EK. Das ist auch gut, aber man verläuft sich da drin. Das ist furchtbar.“ Daher hofft sie auch, dass das MCB als großes Ganzes weiterhin gut funktioniere. Dafür brauche es Zusammenhalt und Zusammenarbeit. „Sie müssen gut zusammen harmonieren. Das Krankenhaus in Friedrichshafen ist ja groß. Da gibt es viele Abteilungen, die es in Weingarten nicht gibt“, sagt Weiß.

Der ganzen Übernahme und dem Klinikverbund gegenüber positiv eingestellt ist auch eine Frau mittleren Alters, die ihren Namen aber lieber nicht in der Zeitung lesen will. Die finanzielle Situation sei sehr schade, sie hoffe aber, dass das 14- Nothelfer Weingarten erhalten bleibe. Schließlich habe es seinen sehr guten Ruf. Sie kenne sehr viele, die sich in Weingarten gerne operieren lassen würden. Besonders Hüft-OPs seien sehr gut. Zudem hat sie Verständnis für die Übernahme von 2013. „Da gab es keine andere Lösung. Sonst hätte man das 14-Nothelfer aufgeben müssen“, ordnet sie ein. „Ich finde das nicht schlecht und hoffe, dass das wieder in Ordnung kommt.“

Das sieht Paula Afonso etwas anders. „Ich finde das schlimm, dass eine Stadt wie Weingarten das Krankenhaus nicht halten kann. Und jetzt bangen wieder alle Mitarbeiter um ihre Stellen. Ich habe da ein paar Bekannte, die da arbeiten. Für die ist das traurig“, sagt sie. Mit der Übernahme seien Hoffnungen verbunden gewesen, dass es für das 14-Nothelfer aufwärtsgehe. Doch diese sieht sie nun enttäuscht. „Ich glaube, sie hatten Hoffnung darauf gesetzt, dass es besser wird. Aber das wird nicht besser“, sagt Afonso.

Ebenfalls überrascht zeigt sich Erich Kose. Er habe eine bessere Bilanz erwartet. „Das wundert mich auch, dass das 14-Nothelfer jetzt wieder Schulden gemacht hat. Vielleicht, weil zwei Krankenhäuser nebeneinander sind. Ravensburg hat sich ja vergrößert, und das bringt natürlich einiges mehr. Da gehen wahrscheinlich wieder viele Patienten nach Ravensburg“, vermutet er. Dennoch hat er auch rückblickend Verständnis für die Übernahme aus dem Jahr 2013: „Im Prinzip war es der richtige Schritt. Was hätte Weingarten machen sollen? Sie mussten die Schulden ja irgendwie loswerden.“