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Brandenburg an der Havel

Krisenherd Klinikum

Eine Stilllegung ganzer Stationen am Klinikum scheint nicht unmittelbar bevor zu stehen. Hier eine Aufnahme von 1901.

Eine Stilllegung ganzer Stationen am Klinikum scheint nicht unmittelbar bevor zu stehen. Hier eine Aufnahme von 1901.

Brandenburg/H. Das Wort „Krisensitzung“ vermeiden alle Teilnehmer, sie reden lieber über ein Informationsgespräch. Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) hat am Mittwochabend gemeinsam mit Klinikumschefin Gabriele Wolter und SVV-Chef Walter Paaschen (CDU) Fraktionäre und Vertreter aller Parteien eingeladen, um über den Stand der laufenden Tarifauseinandersetzung am städtischen Klinikum über einen Pflege-Entlastungsvertrag zu berichten. Die übergroße Mehrheit der Teilnehmer habe kein Interesse an einem Zuspitzen des Streits, etwa durch weitere Streiks, berichten Teilnehmer unisono.

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Bekanntlich geht es um die Gewerkschaftsforderung von Verdi nach mehr Personal, um die vorhandenen Mitarbeiter zu entlasten und alle Aufgaben pflichtgemäß erfüllen zu können. Derzeit sind etwa 20 geplante Stellen nicht besetzt, zudem sollen 60 weitere volle Stellen geschaffen werden. Das geht nur schrittweise, Verdi beharrt aber auf einer sofortigen Umsetzung. Als Konsequenz müssten in diesem Falle 100 Betten gesperrt werden, bis das Personal komplett ist, hat Gabriele Wolter angedroht (MAZ berichtete).

Stadtverordnete sind keine Tarifpartei, warum also dieses Treffen, hatte Linken-Fraktionschef René Kretzschmar zu Beginn gefragt. Scheller beschied ihm, die Stadtverordneten sollten umfassend informiert sein. Sollten beispielsweise Fortschreibungen im Wirtschaftsplan des Klinikums notwendig werden, seien dann alle im Bilde, schließlich entscheiden die Stadtverordneten bei dem komplett kommunalen Unternehmen darüber.

„Es ist keine Alternative, ein Viertel des Klinikums zu schließen. Wir dürfen auch nichts machen, was bei den Patienten Panik und Unruhe erzeugt oder das Vertrauen ins Klinikum schwinden lässt“, sagt SPD-Stadtchef Werner Jumpertz. Auch die Arbeitnehmerseite müsse sich bewegen, beispielsweise die Servicepflegekräfte beim Personalschlüssel wenigstens teilweise anerkennen und nicht nur auf dem Examensabschluss bestehen. Scharfe Kritik übt Jumpertz an Linken-Stadtchef Andreas Kutsche. „Wenn ein freigestellter Betriebsrat im Gewand eines Parteivorsitzenden öffentlich auftritt und in Wahlkampfmodus-Diktion von ,skandalös’ und ,Missständen’ redet, dann ist das Rufschädigung für das Klinikum.“ Jumpertz erinnert Kutsche an die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit von Betriebsrat und Unternehmen. Kutsche war gestern nicht zu erreichen.

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Die CDU-Kreischefin und Bundestagsabgeordnete Dietlind Tiemann sieht Zwänge für alle Seiten. „An oberster Stelle steht das Versorgen der Patienten. Das Klinikum wächst rasant, es gibt viele Mitbewerber auf dem Markt, so dass es unmöglich ist, die Lücken schnell zu schließen.“ Im Gegensatz zu Wolter plädiere sie dafür, in der Stellenplanung die Servicepflegekräfte zu belassen und mitzuzählen, „sie leisten auch hervorragende Arbeit“. Mit den 25 Abgängern der Medizinischen Schule könne man im Oktober das aktuelle Personalloch schließen, gleichwohl müssten die Ausbildungsbestrebungen verstärkt werden. Bürokratie sei abzubauen, „auf die Lizenz, an der Medizinischen Schule Altenpfleger auszubilden, haben wir drei Jahre gewartet.“

Die Tarifkommission solle nun arbeiten, in der zweiten Augusthälfte sei ein neuerliches Treffen mit der Kommunalpolitik geplant, sagt Scheller, der Aufsichtsratsvorsitzender am Klinikum ist.

Von André Wirsing

MAZ

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