Unimedizin bald mit 60 Millionen Defizit?

Laut Unimedizin ist ein Problem, dass moderne medizinische Leistungen oftmals zu gering vergütet werden. Archivfoto: Peter Pulkowski
© Peter Pulkowski

Zum bisher bekannten Defizit der Unimedizin von 40 Millionen kommen wohl weitere hinzu. Hintergrund sollen unter anderem eine "Umsatzsteuerproblematik" und eine Klagewelle sein.

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MAINZ. Es ist der erste Arbeitstag nach der offiziellen Amtseinführung - und als besonders angenehm wird er Dr. Christian Elsner, neuer Kaufmännischer Vorstand der Unimedizin, wahrscheinlich nicht in Erinnerung bleiben. Zusammen mit Aufsichtsratschef Salvatore Barbaro und dem Vorstandsvorsitzenden Prof. Norbert Pfeiffer muss Elsner auf Antrag der CDU im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen zum Defizit. Und die drei haben keine guten Nachrichten im Gepäck: Das ohnehin schon immense Defizit der Unimedizin von 40 Millionen Euro, das bisher für das Jahr 2018 erwartet wurde, wird noch weiter steigen.

Genau sei der Betrag noch nicht zu benennen, sagt Barbaro, 20 Millionen Euro oder mehr, die noch einmal oben drauf kommen seien aber möglich. Hintergrund seien eine bundesweite "Klagewelle der Krankenkassen", die auch auf die Mainzer Unimedizin zurolle sowie mögliche Rückforderungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) und eine "Umsatzsteuerproblematik". Somit bedeuteten die möglicherweise hinzukommenden Summen eine Verschlechterung des Ergebnisses des Gesamtbereichs, nicht aber unbedingt des operativen Geschäfts, betont Pfeiffer. Eine Trendwende sei aber auch noch nicht abzusehen. Bis der endgültige Jahresabschluss für das Jahr 2018 vorliegt, wird es allerdings noch ein wenig dauern. Im Laufe des ersten Quartals werde der Bericht fertiggestellt, erklärt Barbaro. Dann werde er von der Wirtschaftsprüfung unter die Lupe genommen und anschließend auf der Sommersitzung des Aufsichtsrats im Juni oder Juli beraten. Bis dahin sollen aber schon einige Maßnahmen ergriffen werden, um den Kurs des "Tankers" zu verändern, mit dem Pfeiffer die Manövrierfähigkeit der Unimedizin vergleicht.

Das Land habe dabei "Hausaufgaben zu machen", sagt der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium Barbaro, "andere aber auch". Schließlich habe das Land im Rahmen der dualen Finanzierung Forschung und Lehre zu finanzieren und könne die Unimedizin über Investitionen unterstützen. Viele Maßnahmen des Landes wirkten sich daher erst mittel- bis langfristig aus. Das Geld für die Krankenversorgung komme aber von den Krankenkassen - und sei in vielen Fällen nicht ausreichend.

"An der Unimedizin wird zu stark in Silos gedacht"

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Diesen Punkt betont auch Unimedizin-Chef Pfeiffer: In vielen Bereichen gelte leider, je besser die medizinische Versorgung, desto defizitärer, da neue Behandlungsmethoden oftmals lange nicht entsprechend vergütet würden. Zudem müsse die Unimedizin als Oberzentrum viel Ausstattung und Personal für besondere Fälle vorhalten, bekomme aber für Behandlungen nur das gleiche Geld wie kleine Krankenhäuser, die nur einzelne Eingriffe vornehmen. Der Unimedizin schade außerdem, dass bei steigender Fallzahl die Vergütung sinke, weil davon ausgegangen werde, "die Masse macht's". Etwa bei Geburten könne davon aber keine Rede sein: "Das hat schon einen gewissen Grad an Absurdität." Auf die Kritik der CDU in Person von Gerd Schreiner, dass das Land im bundesweiten Vergleich der Unimedizin seit Jahren zu wenig Geld für Forschung und Lehre zur Verfügung stelle, sagt Pfeiffer: "Wenn wir wie der Durchschnitt behandelt würden, wären wir schon zufrieden." Um das "große und noch größer werdende Defizit" zu senken, müsse die Unimedizin selbst sich vor allem nach innen so gut wie möglich aufstellen, betont Pfeiffer. Bei Personalkosten von 427 Millionen Euro komme man dabei um Stelleneinsparungen nicht herum. 100 Vollzeitäquivalenzstellen sollten über Fluktuation abgebaut werden.

Der neue Kaufmännische Vorstand legt den Fokus währenddessen auf die Effizienz. In der Unimedizin werde noch "zu stark in Silos gedacht", sagt Elsner. Betten und auch medizinisches Gerät müssten auf den Stationen wie auch in den Ambulanzen verstärkt interdisziplinär genutzt werden. Ein Pilotprojekt hierzu sei in der Orthopädie bereits erfolgreich durchgeführt worden. Er selbst wolle für Kontinuität sorgen und mindestens zehn Jahre bleiben. Tag eins hat gezeigt, dass es dabei an Arbeit nicht mangeln wird.