Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Wenn Computer versagen, fehlen in den Spitälern oft Notfallpläne

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bringt nicht immer mehr Sicherheit: Spital in Sion. (Archivbild)

Ein Patient liegt im Spital, verschiedene Geräte überwachen seine Körperfunktionen. Sie registrieren eine drohende Gefahr, alle Anzeichen deuten auf einen Herzinfarkt. Aber der akustische Alarm des Überwachungsmonitors bleibt stumm. Schuld daran ist ein Programmierfehler. Im Zuge der Implant Files hat das Recherchedesk von Tamedia Tausende Warnhinweise von Medizintechnikfirmen analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass solche Ereignisse keine Einzelfälle sind.

Von 2010 bis Ende 2018 haben Hersteller 60 Warnungen zu Überwachungsmonitoren an die Schweizer Spitäler geschickt. Es geht um Mängel wie falsche Anzeigen auf den Bildschirmen oder Systemabstürze von Patientenmonitoren.

Die meisten Probleme bereiten offenbar akustische Alarme: Die Lautsprecher funktionieren nicht, oder ein Gerät löst keinen Alarm aus, obwohl es sollte. Fünf Produkte mussten bereits zurückgerufen und zehn weitere repariert werden. In den restlichen Fällen war meistens eine Softwarekorrektur oder ein Update notwendig.

Grosses Chaos wegen Notfallknöpfen

Es komme an Schweizer Spitälern selten vor, dass ein lebenswichtiger Alarm ausfällt, und falls doch, seien Intensivpflegende vor Ort, die darin geschult seien, bedrohliche Situationen zu erkennen, sagt Antje Heise von der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin. Trotzdem sieht sie Handlungsbedarf: «Die Spitäler brauchen Notfallpläne für mögliche Stör- und Ausfallszenarien, die allen Mitarbeitern bekannt sind.»

Wie wichtig solche Pläne wären, zeigte sich in der letzten Silvesternacht, als in 400 Schweizer Spitälern und Heimen das Chaos ausbrach. Wegen eines Programmierfehlers funktionierten die Notfallknöpfe nicht mehr. Es sei naiv, zu glauben, dass Programmierfehler nicht passierten, sagte damals Jürgen Holm, Leiter des Departements Medizininformatik der Fachschule Bern. Ausgefeilte Notfallpläne seien für Institutionen im Gesundheitsbereich zentral. Im Falle einer Panne könne man sonst nicht angemessen reagieren.

Der Fall zeige, dass man sich auf Systeme verlasse, die anfällig seien, urteilte auch Susanne Hochuli, Präsidentin der Stiftung für Patientenschutz. Doch es sei nicht finanzierbar, alle anfälligen Systeme doppelt abzusichern.

Ärzte und Spitaltechniker sind häufig überfordert

Nicht immer sind die Firmen schuld, wenn die Geräte auf der Station ausfallen oder Fehler auftreten. So berichtete kürzlich eine Medizintechnikfirma von Überwachungsmonitoren, die immer wieder neu starten, weil die Spitaltechniker sie falsch eingestellt hatten.

Solche Meldungen häufen sich. Für die Techniker werde es zunehmend schwierig, die steigende Zahl von vernetzten Geräten aufeinander abzustimmen, sagt Hardy Müller, Experte für Patientensicherheit. Spitälern mangle es nicht nur an IT-Kompetenz, sondern auch an einem Bewusstsein für die Risiken der neuen Technik.

«Der Druck in Richtung Digitalisierung ist im Gesundheitswesen enorm. Uns bleibt kaum Zeit, uns auf all die Probleme vorzubereiten, die das mit sich bringt.» Nicht nur Techniker, sondern auch Pfleger und Ärzte seien oft überfordert. Sie müssten unter hohem Zeitdruck lernen, wie man etwa einen neuen Monitor bedient.

Hardy Müller ist Mitglied einer Arbeitsgruppe, die sich im Auftrag von Patientenschutzorganisationen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich mit den Risiken der Digitalisierung im Gesundheitswesen befasst. In einer «Empfehlung» fordert die Gruppe die Spitäler auf, Notfallpläne zu entwickeln, mehr Ressourcen in die Krankenhausinformatik zu stecken und Pfleger und Ärzte im Umgang mit neuen Geräten zusätzlich zu schulen.