Wirtschaftlichkeitsgebot und Fallzusammenführung

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Die Rechtsprechung des BSG zum wirtschaftlichen Alternativverhalten und der Fallzusammenführung (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.2017 – B 1 KR 29/16 R –) bereitet den Krankenhäusern im Rahmen der Abrechnungsprüfung einige Probleme. Die Krankenkassen machen von diesem neuen Instrument der Realisierung von Einsparpotentialen verstärkt Gebrauch.

Umso erfreuliche ist es daher, wenn die Sozialgerichte versuchen, diesen Auswüchsen Einhalt zu gebieten.

So hat das LSG Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 25.01.2019 (- L 4 KR 72/17 -)  klargestellt, dass es für die Bewertung des wirtschaftlichen Alternativverhaltens bei der Fallzusammenführung nicht auf die nachträgliche Bewertung des Behandlungsverlaufs ankommen kann, sondern bei der Beurteilung der Möglichkeit einer wirtschaftlicheren Betrachtung auf den Erkenntnisstand abzustellen ist, der sich zum Zeitpunkt der ersten Entlassung ergab. War zum Zeitpunkt der ersten Entlassung die Behandlung an sich abgeschlossen und lag keine weitere Behandlungsbedürftigkeit vor, so dass die Entlassung auch wirtschaftlich angezeigt ist. Ergibt sich die weitere Behandlungsplanung und –notwendigkeit erst aus nachträglichen Befunden (im Streitfall lag ein histopathologischer Befund noch nicht vor) stellt dies die selbständige Abrechenbarkeit des zweiten stationären Aufenthalts nach dem LSG Baden-Württemberg nicht in Frage. Das Gericht führt in diesem Zusammenhang auch aus, dass die Weiterbehandlung des Patienten – obwohl keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit mehr vorlag – bis zum Vorliegen des Befundes und der Möglichkeit der weiteren Therapieplanung auch erhebliche Zusatzkosten verursacht hätte, insbesondere wenn dann keine weitere stationäre Behandlung mehr erfolgt wäre.

In einer weiteren Entscheidung hat das LSG Bayern am 27.02.2019 (- L 4 KR 476/17 -) entschieden, dass unter Berücksichtigung der Frage des wirtschaftlichen Alternativverhaltens eine Fallzusammenführung dann nicht angenommen werden kann, wenn die Behandlung an sich abgeschlossen ist und die nachfolgende Behandlung sich auf eine andere Behandlung bezieht. Im Streitgegenständlichen Behandlungsfall war bei einer fast 80jährige Patienten eine perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Rekanalisation der Arteria femoralis superficialis rechts durchgeführt worden. Für eine weiteren Aufenthalt war eine perkutanen transluminalen Angioplastie am linken Bein geplant, die dann aber aufgrund von Komplikationen früher durchgeführt worden ist. Das LSG Bayern nahm nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens an, dass während der ersten Behandlung des rechten Fußes eine in sich geschlossene Behandlung vorlag und bei der Patientin bzgl. des linken Beines eine abwartende Haltung medizinisch sinnvoll gewesen ist. Folglich nahm das Gericht an, dass durch die Trennung der stationären Aufenthalte keine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes vorlag.

Beide Entscheidungen sind mit Blick auf die Anforderungen der medizinischen Praxis in den Krankenhäusern zu begrüßen. Insbesondere ist die Klarstellung wichtig, dass sich eine Bewertung des Behandlungsverlaufs aus der ex-post-Perspektive verbietet. Auch für die Frage des wirtschaftlichen Alternativverhaltens kann es nur auf die zum Zeitpunkt der Entlassung bekannten Erkenntnisse ankommen. Wesentlich schwieriger ist die Frage zu beurteilen, wann dann nach der Rechtsprechung des BSG eine abgeschlossene Behandlung vorliegt. Ob die hier gewählten Kriterien (keine weitere Therapieplanung wegen eines ausstehenden Befundes / „in sich abgeschlossene Behandlung“ des linken Beines) das BSG überzeugen, welches bisher nur den Fall der Beurlaubung zur Einholung einer Zweitmeinung entschieden hat, bleibt abzuwarten. Die möglichen Bewertungsunsicherheiten, wann eine stationäre Behandlung abgeschlossen ist, birgt auf jeden Fall noch viel Konfliktstoff.

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