Mehr Disziplin im Schweizer Gesundheitswesen: Die Leistungskosten sinken

Die Jahresabschlüsse der Krankenkassen Swica und Concordia für 2018 verstärken den Eindruck, dass bei der Prämienentwicklung eine Entlastung kommt. Concordia zahlt bis zu 610 Fr. je grundversicherte erwachsene Person zurück, weil die Kostenentwicklung überschätzt wurde.

Werner Enz
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Vor einigen Wochen sorgte die Krankenversicherung CSS, die Nummer eins in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, für einiges Aufsehen. Erstmals seit langem waren 2018 die Heil- und Leistungskosten je Patient gesunken. Viele waren von einer weiteren Teuerung im Schweizer Gesundheitssystem von rund 3% ausgegangen.

Der Tarmed-Eingriff wirkt

Der Rückgang fiel bei der CSS-Gruppe mit einem halben Prozent auf 3793 Fr. je Grundversicherten zwar moderat aus, aber immerhin war der Aufwärtstrend gebrochen. Jetzt zeigt sich für Swica und Concordia ein ähnliches Bild. Bei Swica sind die Leistungskosten pro Person um 0,4% auf 3565 Fr. gesunken, was vorab mit dem starken Rückgang des Aufwands im stationären Spitalbereich erklärt wird.

Bei mehreren Krankenkassen sind die Leistungskosten pro Person gesunken. (Bild: Helmut Fohringer / Keystone)

Bei mehreren Krankenkassen sind die Leistungskosten pro Person gesunken. (Bild: Helmut Fohringer / Keystone)

Dieser Rückgang wird von Swica jedoch mit dem Hinweis relativiert, dass es zu Verschiebungen vom stationären in den ambulanten Bereich gekommen sei. Zudem lassen sich offenbar viele Spitäler bei der Erstellung von Rechnungen viel Zeit und reichen diese erst nach dem Jahreswechsel nach. Trotz allem erhärtet sich jetzt der Eindruck, dass Sozialminister Alain Berset mit dem Eingriff in den Ärztetarif Tarmed einen signifikanten Beitrag zur Dämpfung der Kostenentwicklung geleistet hat.

Ausserdem stehen die Krankenversicherungen unter wachsendem gesellschaftlichem Druck, nicht korrekt ausgestellte Rechnungen mit dem Ziel der Stärkung der Solidarität zurückzuweisen. Concordia etwa schreibt dazu, mit Rechnungskontrollen und Leistungsmanagement seien im letzten Jahr 328 Mio. Fr. eingespart worden. Bekanntlich gibt es Schlaumeier, die eine einmalig erbrachte Dienstleistung doppelt verrechnen.

Trotz Börsenverlusten im Plus

Die Krankenversicherung Concordia ihrerseits spricht von einer negativen Teuerung von 2,1% in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, die nicht vorhersehbar gewesen sei. Vorbehältlich der Zustimmung durch das Bundesamt für Gesundheit würden nun, abhängig vom Prämienüberschuss des jeweiligen Kantons, erstmals zwischen 50 und 610 Fr. pro grundversicherte erwachsene Person zurückerstattet. Das dürfte für viele Familien, die unter der schweren Last der Krankenkassenprämien keuchen, eine frohe Botschaft sein. Als nicht profitorientierter Verein will Concordia in Ergänzung zu diesen Prämienrückvergütungen von immerhin 108 Mio. Fr. noch 55 Mio. Fr. aus den üppig geäufneten Reserven zurückzahlen; Concordia ist gerade daran, die zweitgenannte Tranche gutzuschreiben.

Die starke finanzielle Verfassung von Swica und Concordia ist umso bemerkenswerter, als wegen der Dezember-Börsenturbulenzen 2018 auf den angesammelten Kapitalanlagen Verluste entstanden. Concordia weist nicht realisierte Kapitalverluste von 24 Mio. Fr. und Swica solche von 26 Mio. Fr. aus. Dank der Erholung im ersten Quartal ist dieser Einbruch längst wettgemacht, was vorausblickend bei der Prämiengestaltung für 2020 Spielraum eröffnet.

Unter dem Strich bilanzierte Concordia in der Grundversicherung mit einem Gewinn von 157 Mio. Fr. Swica kam auf einen Überschuss von konsolidiert 86,5 Mio. Fr., wobei das Geschäft mit Zusatzversicherungen einbezogen ist. Swica ist die grösste Schweizer Anbieterin von Krankentaggeldern. 27 000 Unternehmen mit 600 000 Arbeitnehmenden sind bei Swica versichert.

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