Städtische Krankenhäuser:"Das Wohl der Menschen soll noch mehr im Mittelpunkt stehen"

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  • Die Stadt München versucht seit gut 15 Jahren, ihre defizitären Kliniken zu sanieren.
  • Nun hat Oberbürgermeister Reiter angekündigt, die kommunalen Krankenhäuser in eine gemeinnützige GmbH umzuwandeln.
  • Ein wichtiger Punkt, der auch die Gewerkschaften positiver stimmt: die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer sollen erhalten bleiben.
  • Der Zeitplan von Stadt und Klinik ist ehrgeizig: Die sogenannte gGmbH soll schon am 1. Januar 2020 kommen.

Von Heiner Effern

Die Stadt will ihre Krankenhäuser in eine gemeinnützige Gesellschaft überführen. Dafür soll die München Klinik, wie das kommunale Unternehmen seit Oktober 2018 heißt, auf die geplante Auslagerung von Dienstleistungen in schlechter zahlende Töchter verzichten. "Es darf keine Service-Gesellschaften in städtischen Kliniken geben", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf der Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Marienplatz. "Und ich prognostiziere: Es wird auch keine Service-Gesellschaften in städtischen Kliniken geben." Die Stadt werde andere Wege finden müssen, um die Kliniken zukunftssicher zu machen. "Wir werden beispielsweise aus der GmbH eine gemeinnützige GmbH machen, allerdings unter voller Gewährleistung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer-Seite."

Damit kündigt Reiter einen Kurswechsel bei der Sanierung der München Klinik an. Erst im vergangenen Jahr hatten seine SPD wie auch die Mehrheit des Stadtrats der Gründung einer Service-Gesellschaft jeweils für Verpflegung und Logistik zugestimmt. Damit sollte die Klinik nach damaliger Rechnung etwa 4,6 Millionen Euro Personalkosten pro Jahr einsparen. Nun ist aus der Kämmerei zu hören, dass diese Zahl wohl deutlich zu hoch war. Zudem leisten die Gewerkschaften heftigen Widerstand, was besonders für die SPD im Jahr vor der Kommunalwahl zum Problem hätte werden können. Kein Zufall wohl, dass Reiter die Abkehr auf der DGB-Bühne auf dem Marienplatz bekannt gab. Es sei unerlässlich, "dass wir als öffentlicher Arbeitgeber Vorbild sein müssen, sicherstellen, dass es bei der Bezahlung in der Klinik keine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Beschäftigten gibt", sagte der OB.

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Die Zurückstellung der Service-Gesellschaften und die Pläne für eine gemeinnützige Gesellschaft wird Kämmerer Christoph Frey am 14. Mai in den Stadtrat einbringen. Aller Voraussicht nach wird sich dafür eine Mehrheit finden, die Vorlage ist mit dem Regierungspartner CSU abgestimmt. "Wir sind da leidenschaftslos, wenn sich das finanziell die Waage hält", sagte Bürgermeister und CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. "Die SPD hat das Problem mit den Gewerkschaften." Die Vorbereitungen sind offenbar weit fortgeschritten, selbst die Zulässigkeit nach EU-Recht hat die Stadt schon geprüft. Nur das Finanzamt, das die Gemeinnützigkeit anerkennen muss, könnte noch ein Veto einlegen. Allerdings sind deutschlandweit gemeinnützige kommunale Klinikunternehmen keine Seltenheit. Der Zeitplan von Stadt und Klinik ist ehrgeizig: Die sogenannte gGmbH soll schon am 1. Januar 2020 kommen. "Das sind die richtigen Maßnahmen, um die Kliniken weiter zu sanieren", sagte Reiter auf dem Marienplatz.

Auch Klinik-Chef Axel Fischer kann mit dem Kompromiss leben, die Streichung der Service-Gesellschaften durch die Vorteile einer gemeinnützigen Gesellschaft aufzufangen. "Als Geschäftsführer muss ich mir beides wünschen. Mir ist aber klar, dass die Auslagerung von Mitarbeitern in Service-Gesellschaften gerade für ein öffentliches Unternehmen nicht populär ist. Die Gemeinnützigkeit erlaubt uns die Zurückstellung und das freut mich im Sinne der Mitarbeiter." Eine gemeinnützige Gesellschaft bietet steuerliche Vorteile.

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Künftig könnte die München Klinik zudem problemlos hohe Spenden annehmen und auch eine steuerrelevante Quittung dafür ausstellen. Allerdings müssen die Krankenhäuser weiter versuchen, kostendeckend zu arbeiten. Durch Zuwendungen darf kein Verlust in der Bilanz ausgeglichen werden. Die Gemeinnützigkeit könnte aber auch ein Wettbewerbsvorteil im Kampf um Pflegekräfte sein. Ein Unternehmen mit dem Ziel des Gemeinwohls anstatt der Gewinnmaximierung könnte auf dem Arbeitsmarkt attraktiver sein, hofft man in der Stadt und in der Klinik. Diese hat sich bereits ein neues Leitbild gegeben, in dem soziale Werte betont werden. "Die Gemeinnützigkeit passt perfekt zu unserer Neuausrichtung. Das Wohl der Menschen soll noch mehr im Mittelpunkt stehen", sagte Klinik-Chef Fischer.

Die Stadt versucht seit gut 15 Jahren, ihre defizitären Kliniken zu sanieren. 2005 wurden sie in eine Gesellschaft zusammengeführt. Zwei Jahre später scheiterte am Widerstand der Gewerkschaften bereits ein Versuch, Mitarbeiter in Service-Gesellschaften auszugliedern. Es folgten Ärger mit dem Management, ein Hygieneskandal, politische Querelen im Aufsichtsrat und 2013 ein Vorstoß des damaligen Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD), die Kliniken in eine gemeinnützige Gesellschaft umzuwandeln. Allerdings soll damals eine entscheidende Rolle gespielt haben, dass die Stadt auf diese Weise auch die Rechte der Gewerkschaften etwa im Aufsichtsrat stark hätte beschneiden können. Diese wehrten sich erfolgreich.

Erst mit dem Regierungswechsel 2014 kehrte etwas Ruhe in die Sanierung ein. Die Verantwortung wurde vom Gesundheitsreferat in die Kämmerei verlagert. SPD und CSU trieben die Neuordnung gemeinsam und weitgehend geräuschlos voran. Der Weg sei aber auch für die Beschäftigten "ein steiniger", sagte Reiter am Mittwoch. Er betonte deshalb ausdrücklich, dass die Rechte der Mitarbeiter durch eine gemeinnützige Gesellschaft nicht beeinträchtigt würden. Die Chance dazu bestünde nach dem Gesetz, die Stadt werde darauf ausdrücklich verzichten.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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