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Medizinische Versorgung Ammerland-Klinik auf der Überholspur?

Westerstede - Vier Millionen Euro Jahresüberschuss, ein Umsatz von 110 Millionen Euro – erstmals in der Geschichte der Ammerland-Klinik haben die Verantwortlichen des Krankenhauses jetzt die Zahlen des Hospitals öffentlich bekanntgegeben.

Das Haus ist eine 100-prozentige Tochter des Landkreises und steht auf kreiseigenem Gelände – und so stellte Landrat Jörg Bensberg, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, auch zufrieden fest: „Papa ist stolz auf seine Tochter.“ In der Klinik werde exzellente Arbeit geleistet – medizinisch, pflegerisch, aber auch wirtschaftlich. Das wollten die Verantwortlichen mit dem Schritt in die Öffentlichkeit gern den Menschen in der Region vermitteln.

Kliniken im Vergleich

Aus gutem Grund: Vielen Krankenhäusern in Niedersachsen geht es laut einer Studie der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft aus dem Jahr 2018 wirtschaftlich schlecht. An der Umfrage nahmen 128 Krankenhäuser teil, rund 73,6 Prozent aller Kliniken in Niedersachsen. Von diesen konnten lediglich 46,8 Prozent im Jahr 2017 ein positives Jahresergebnis erzielen, die Situation für die restlichen 53,2 Prozent, so die Studie, sei sehr angespannt. Besonders problematisch sei, dass der Anteil der Krankenhäuser mit einem negativen Ergebnis wieder deutlich angestiegen ist.

Schuldenfrei

Anders der Trend in der Ammerland-Klinik: Das Jahresergebnis ist seit Jahrzehnten positiv, fast immer in einem siebenstelligen Bereich, betonte gleich zu Beginn Hauptgeschäftsführer Robert Hoffmeister, der neben Landrat Bensberg, Maria Bruns, Vorsitzende des Verwaltungsrats, und dem medizinischen Geschäftsführer Dr. Matthias Haut die Bilanz vorstellte. Die Klinik ist laut Hoffmeister schuldenfrei, die Eigenkapitalquote liegt bei 61,6 Prozent. Viele Kliniken schimpften auf die Fallpauschalen, die Ammerland-Klinik empfinde sie hingegen als gerecht und käme damit aus.

Mit den positiven Jahresergebnissen „werden die notwendigen Eigenmittel erwirtschaftet, um eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten und zukunftsweisende Investitionen sowohl für eine moderne Geräteausstattung als auch für die Erweiterung und Modernisierung der Gebäudesubstanz zu tätigen“, so Hoffmeister weiter. Bedeutet: Die Klinik erhält beispielsweise in Kürze ein neues MRT und einen neuen Computertomographen (insgesamt eine Investition von 2,2 Millionen Euro). Das Angebot an modernen Ein- und Zweibettzimmern soll erweitert werden, insgesamt ist derzeit ein Plus an 24 Betten geplant, zudem läuft der Bau des zweiten Parkhauses mit mehr als 1300 kostenfreien Parkplätzen.

Roboter-Technik

Doch damit nicht genug: Im Gespräch wurde schnell klar, dass die Klinik noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen ist. Mit Blick auf den demografischen Wandel sollen laut Dr. Matthias Haut entsprechende Angebote entwickelt werden, und auch bei der Digitalisierung wird sich einiges tun. Hier gibt es „Themen im Hinterkopf“, sagte Haut. So werde etwa der Markt im Bereich Robotertechnik beobachtet. „Wir wissen noch nicht, wo die Reise hingeht“, betonte der Mediziner, „aber wir sind offen“. Umso wichtiger sei es, die finanziellen Möglichkeiten zu haben, in Fortschritt investieren zu können.

Robert Hoffmeister ergänzte, dass das Haus derzeit im Bereich der Neurologischen Frühreha (beispielsweise für Schlaganfallpatienten) vorangehe. Ein Arzt sei bereits eingestellt worden, „nun warten wir noch offiziell auf die Anerkennung“, so der Hauptgeschäftsführer.

Für die Klinik sei es wichtig, in diesem Bereich künftig eine sogenannte Anschlussheilung sicherzustellen. Bislang gestalte sich das schwierig. Patienten müssten teils bis nach Mecklenburg-Vorpommern verlegt werden. „Deshalb versuchen wir, das hier zu installieren.“ Zu gegebener Zeit werde der Bereich vorgestellt. Und auch in Sachen Rheumatologie wird es wohl eine Erweiterung geben – allerdings seitens des Bundeswehrkrankenhauses, das seit 2008 mit der Ammerland-Klinik kooperiert. Dr. Matthias Haut umriss, dass das Bundeswehrkrankenhaus „einen Rheumatologen in perspektivischer Aussicht“ habe. Weitere Angaben könne er aber nicht machen.

Bundeswehrkrankenhaus

Die Kooperation mit dem Bundeswehrkrankenhaus ist auf eine enge Absprache zu den einzelnen Angeboten beider Kliniken ausgelegt. So können die Häuser gemeinsam ein breites Spektrum an medizinischer Versorgung abdecken – ein Umstand, der laut der Verantwortlichen sicher zum Erfolg der Ammerland-Klinik beitrage, auch wenn alle Abrechnungen der Häuser strikt getrennt voneinander abgewickelt werden.

Vorteile

„Aber es bringt gewisse Vorteile in der Wirtschaftlichkeit“, führte Robert Hoffmeister aus und verwies als Beispiel auf medizinisches Gerät, das beide Kliniken nutzen. Das Bundeswehrkrankenhaus greife zudem auf einige Leistungen der Ammerland-Klinik zurück, so etwa die Technik oder auch die Küche. Und 510 Betten (375 davon unterhält die Ammerland-Klinik) könnten gemeinsam natürlich wirtschaftlicher vorgehalten werden als weniger Betten. Das schlage sich auch in den Zahlen des Bundeswehrkrankenhauses nieder. Von allen fünf Bundeswehrkrankenhäusern in Deutschland erreiche das in Westerstede eine sehr gute Wirtschaftlichkeit, hieß es. Ebenso wie in der Ammerland-Klinik sei dort zudem die Mitarbeiterzufriedenheit hoch.

Erweiterungspotenzial

Doch noch einmal zurück zu den Klinik-Planungen für die Zukunft. Hier räumte Landrat Jörg Bensberg noch ein, dass derzeit „einiges besprochen wird“. Ende des Jahres könnte eventuell zur weiteren Entwicklung mehr gesagt werden. Auf lange Sicht, so Jörg Bensberg, gebe es vor Ort Erweiterungsmöglichkeiten. „Wir haben ja das Glück, dass wir hier über ein relativ großes Gelände verfügen“, betonte er und verwies auf den Kauf der Hössenschule vor einiger Zeit. „Insoweit ist hier noch einiges an Potenzial.“

Vielleicht für die Einrichtung einer Kinderheilkunde-Abteilung? Zumindest verneinte Landrat Jörg Bensberg auf Nachfrage diese Möglichkeit nicht. „Wenn Sie einen Kinderarzt kennen, der sich niederlassen will – wir bauen gerade“, sagte er. Wie ernst das gemeint war? Das wird sich wohl zeigen. Überhaupt, so führte er jedoch abschließend aus, sei es doch ein gutes Zeichen, dass immer ein Baukran an der Klinik stehe, denn das bedeute, dass es weitergeht.

Anuschka Kramer
Anuschka Kramer Team Nord
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